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Im Winter der Löwen

Titel: Im Winter der Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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Geschenk und sagt, er werde es nachreichen, aber dazu kommt es nicht mehr, weil er auf der Heimfahrt nach Helsinki mit einem Motorradfahrer kollidiert. Die Zeitungsausschnitte in einem Schuhkarton in einem Schrank in ihrer Wohnung. Ihre Mutter weint nicht bei der Beerdigung, der Motorradfahrer ist nur leicht verletzt, und der Anwalt sagt:
    »Wir bleiben dran.«
    Sie nickt.
    »Glauben Sie mir, ich bleibe dran. Es ist mir wichtig. Ich stehe in ständigem Kontakt mit den anderen Nebenklägern.«
    Sie nickt.
    Vor einigen Monaten hat sie ihn aufgesucht, weil er der einzige Anwalt gewesen ist, den sie kannte, und weil er damals, vor langer Zeit, der Einzige war, der ihren Eltern die Trennung erschweren wollte. Er hat sie nicht wiedererkannt und still hinter dem Schreibtisch gesessen, während sie ihm erzählt hat, was passiert ist.
    »Wir bleiben dran, wir halten Kontakt mit den Nebenklägern, und wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werden wir gut vorbereitet sein«, sagt er.
    »Das ist gut«, sagt sie.
    »Ja …«, sagt er.
    Sie greift nach ihrer Tasche, öffnet sie und nimmt die Dose mit den Keksen heraus, die sie gebacken hat.
    »Oh«, sagt er, als sie ihm die Dose reicht.
    »Selbst gebacken«, sagt sie. »Mit Ahornsirup.«
    »Ich … ganz herzlichen Dank.«
    »Weil Weihnachten noch nicht so lange zurückliegt«, sagt sie.
51
    Auf seinem Schreibtisch lag eine aktualisierte Liste von Päivi Holmquist, als er zurückkehrte. Elf neue Namen. Insgesamt zwanzig. Das müsste in Bezug auf Flugzeug­ abstürze und Zugunglücke lückenlos sein, was die vergangenen zehn Jahre betrifft, hinzu kommt der Unfall in der Geisterbahn in Salo , schrieb Päivi.
    Er betrachtete die Liste, las die Namen. Dachte an Joakim Lagerblom und an Josefiina und an Gespräche, die nicht geführt werden konnten.
    Er rief die Redaktion von Hämäläinen an und ließ sich mit Tuula Palonen verbinden. Sie sagte, dass sie wenig Zeit habe und verstand die Frage nicht, die er stellte.
    »Es geht um die Puppen, die in der Talkshow ausgestellt wurden«, wiederholte er.
    »Ja …«
    »Es wurde genau gesagt, welche Todesart … zugrunde lag. Verstehen Sie?«
    »Nicht ganz.«
    »Es ging ja in dem Gespräch darum zu zeigen, wie der Puppenbauer, also Mäkelä, exakt bestimmte Todesarten nachgebildet hat, und in diesem Zusammenhang wurde benannt, welchen Filmtod die Puppen starben. Flugzeugabsturz, Zugunglück, Unfall bei einem Brand in einer Geisterbahn.«
    »Ja … ich erinnere mich.«
    »Was ich jetzt wissen möchte, ist Folgendes: Hatten Sie vielleicht Reaktionen, Leserbriefe oder Ähnliches, von Zuschauern, die Kritik geübt haben?«
    »Vermutlich. Aber nichts Besonderes. Wir bekommen nach jeder Sendung Briefe und Mails, Kritik und Lob. Viel mehr Lob übrigens.«
    »Was ich meine, ist etwas, das sofort auffiel, vielleicht ein Text mit drohendem Unterton, ein Text, der einen oder mehrere der Beteiligten persönlich angreifen wollte …«
    »Nein. Bestimmt nicht.«
    »Oder etwas, das direkt Bezug nahm auf reale Flugzeugabstürze, Zugunglücke oder auf einen tatsächlichen Brand in einer Geisterbahn … Menschen, die das wirklich erlebt haben und sich vielleicht … die die Art und Weise des Gesprächs als zu flapsig empfanden … verstehen Sie?«
    Tuula Palonen schwieg eine Weile.
    »Ich verstehe«, sagte sie dann. »Aber nein, ich glaube nicht, dass wir so etwas hatten. Reaktionen, die aus der Reihe fallen, sind selten und werden mir eigentlich immer gezeigt.«
    »Ja.«
    »Aber ich werde mich nochmal erkundigen«, sagte sie.
    »Ich danke Ihnen.«
    Joentaa verabschiedete sich und betrachtete wieder die Liste, die Päivi Holmquist erstellt hatte. Sie hatte auch die Namen der drei Kinder ermittelt, die bei dem Brand in einer Geisterbahn ums Leben gekommen waren. Sieben, neun und zwölf Jahre alt. Im September 1993.
    Er starrte die Namen an und fasste einen Entschluss. Er kopierte die Liste, führte zwei Stunden lang Telefonate und konfrontierte Heinonen und Grönholm bei der Besprechung um 16 Uhr mit einem Richtungswechsel innerhalb der Ermittlung.
    Grönholm betrachtete stirnrunzelnd Päivi Holmquists Zettel, und Heinonen fragte, ob das mit Sundström abgestimmt sei.
    »Mehr oder weniger«, sagte Joentaa.
    Heinonen nickte.
    »Elf dieser Menschen haben in Südfinnland gelebt, die übernehmen wir. Die anderen habe ich an Kollegen in den entsprechenden Städten delegiert. Sie waren sehr kooperativ.«
    »Landesweite Ermittlung«, sagte Grönholm. »Alle wollen den

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