Im Wirbel der Gefuehle
eigenen Garten?«
Christien schaute sich um und bemerkte die verschiedenen Kleingärten, in denen Bohnen, Kürbisse und Okras wuchsen, aufgelockert von bunten Blumenbeeten.
Monsieur Cassard nickte zustimmend: »Und ein oder zwei Schweine ebenfalls. Das bereichert ihren Speiseplan; außerdem bleiben sie so gesünder und zufriedener, wie mein Vater zu sagen pflegte. Ich folge mit Freude seinen Vorgaben, auch wenn ...«
»Ja? «
»Nun, mein ... es ist so, dass unser Aufseher der Ansicht ist, dass dies eine unnötige Anstrengung für die Bediensteten sei und man deren Arbeitskraft sinnvoller und gewinnbringender einsetzen kann. Es könnte sein, dass er versuchen wird, Sie dahingehend zu überzeugen. Ich hoffe, Sie lassen alles so, wie es ist.«
»Ich sehe keine Veranlassung, daran etwas zu ändern«, beeilte sich Christien, ihm zu entgegnen.
»Da bin ich erleichtert, denn ich bin ein Anhänger der französischen Plantagenbewirtschaftung, die eine flexiblere Arbeitszeiteinteilung erlaubt. Der Aufseher hingegen ist als Americain naturgemäß weniger tolerant, wie schon sein Vater, der diese Position vor ihm innehatte. Meine eigene Einstellung in dieser Sache habe ich von meinem Schwiegervater übernommen, der vor mir Eigentümer von River’s Edge war. Das Landgut war einst die Mitgift meiner Frau.«
»Eine wunderschöne dazu.«
»Das war sie«, pflichtete Cassard ihm bei. »Nicht, dass er sie vermisst hätte. Er besaß noch drei weitere Anwesen entlang des Flusses, doch er hing nicht sehr an ihnen, sondern kaufte und verkaufte die Ländereien nach Belieben.«
»Also eher ein Unternehmer als ein Landwirt.«
»Leider ja, denn alles musste sich immer auszahlen. Er wollte in jeder Hinsicht den maximalen Nutzen erzielen und forderte deshalb auch den größtmöglichsten Einsatz. Er war ein absoluter Patriarch, der alles unter Kontrolle haben wollte, jedes seiner Kinder genauso wie jeden einzelnen Arbeiter. Gesellschaftlicher Umgang war nicht gerade seine Stärke, und er war alles andere als jovial. An die französische Lebensart konnte er sich nie wirklich gewöhnen, obwohl er schon vor Jahrzehnten aus Virginia zu uns kam, kurz nachdem Louisiana von Frankreich an die Amerikaner übergeben wurde.«
Cassards Bemerkungen schienen Christien reichlich verbittert zu sein, wo er doch sonst eher ein umgänglicher Charakter war. Er wunderte sich, was dieser Mann wohl schon durchgemacht hatte, doch weitere Nachfragen wären zu diesem Zeitpunkt nicht ziemlich gewesen.
Der Baustil von River’s Edge ging zweifellos auf den ursprünglichen Besitzer zurück, sinnierte Christien vor sich hin, während er auf den Komplex des Haupthauses zurückblickte, dessen strahlendes Weiß durch die Bäume schimmerte. Nach außen klar als georgianische Fassade erkennbar, war die Villa innen durch lange Korridore geprägt, von denen die einzelnen Zimmer abgingen, und zwar im Erdgeschoss genauso wie im ersten Stock. Dabei hatte man den Bauplan an die klimatischen Verhältnisse hier im Süden angepasst und mehr Schwingtüren als Fenster eingesetzt, damit die Luft gut zirkulieren konnte. Außerdem hatte man an das Haus auch eine Veranda und einen durchlaufend überdachten Balkon im ersten Stock angebaut, sodass die Außenwände von den subtropischen Regengüssen geschützt wurden. Auf diese Weise bekamen die Zimmer alle einen zweiten Zugang über die vorgelagerte Galerie, sodass man ganz nach französischer Mode in jedes auch von außen eintreten konnte, was aber eher ein zufälliger Nebeneffekt war.
»Mir war nicht bewusst, dass Ihre Frau ursprünglich eine Amerikanerin ist«, fuhr Christien nach einer Weile fort.
Maurice Cassard lächelte zärtlich. »Meine Nora spricht in unserer Familie jetzt schon so lange Französisch, dass sie fast vergessen hat, dass es nicht ihre Muttersprache ist.«
»Ihre Tochter ist wohl ganz ihr Ebenbild.«
»Wie kommen Sie darauf? « Cassard schaute ihn interessiert an.
»Sie ist in ihrer Art sehr direkt, ohne etwas für Koketterien übrigzuhaben, wenn ich das so sagen darf.«
»Da haben Sie schon recht, doch das geht auf ihre Großmutter zurück, die Mutter meiner Frau. Diese Dame war eine Irin mit einem sehr ausgeprägten und willensstarken Charakter. Meine Nora, fürchte ich, ist da schon etwas zarter besaitet.«
Christien schaute ihn flüchtig an, doch Reines Vater blickte starr über die vor ihm liegenden Zuckerrohrfelder, mit einem so unglücklichen Gesichtsausdruck, der unzweifelhaft deutlich machte,
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