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Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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anderer Stämme aus der Gegend um den Mississippi und den Arkansas River zusammengetrieben. Schließlich wurden sie zusammen mit den Cherokee auf einem langen Marsch in das Indianerreservat gebracht, man nannte das auch den Zug der Tränen. Da meine Mutter mit einem Weißen verheiratet war, wäre sie vielleicht verschont worden, jedoch sicherlich nicht ihre Familie. Deshalb sind sie alle in die Sümpfe geflohen.«
    »Sie sind dem langen Marsch also entkommen?«
    Die Frage kam von Reine. Christien war froh darüber, dass sich ihm eine Gelegenheit bot, sich ihr zuzuwenden. »Aber was hat es ihnen gebracht. Sie haben sich außer Reichweite im Hinterland der Sümpfe niedergelassen, die sich entlang des Flusses erstrecken, die man nach dem Duc du Maine benannt hat. Doch das hat sie wahrscheinlich umgebracht.«
    »Waren Sie bei ihnen?«
    In Reines Augen schien ein Anflug von Sympathie aufzuleuchten, doch es konnte auch eine Täuschung sein, die durch die Schattenspiele des großen, sich bewegenden Fächers über ihnen entstanden war. Er beugte seinen Kopf vor. »Ja, ich war bei ihnen, ich bin mit ihnen zusammen in die Sümpfe gezogen, als ich ungefähr ein Jahr älter war als Ihr Bruder.«
    »Aber Sie sind nicht geblieben?«
    »Ich konnte nicht. Fast alle, bis auf eine Handvoll, haben nicht überlebt, sie starben an Fieber, Schlangenbissen, Blutvergiftung und an einigen anderen Sachen, die ich bei Tisch lieber unerwähnt lasse. Die Bilder der Sterbenden waren in sein Gedächtnis eingebrannt.
    »Wie konnten Sie dann den Gefahren entkommen?«
    Das klang eher wie eine Anklage als eine Frage, aber vielleicht kam es ihm auch nur so vor. »Ich wurde weggeschickt, damit die Linie der Großen Sonne in Louisiana nicht ausstirbt. Meine Mutter, die Schwester des letzten Mannes, der offiziell ausgewählt wurde, um den Umhang der Großen Sonne zu tragen, war die letzte noch lebende Frau dieser Blutlinie und übertrug deshalb mir die Verantwortung, die Tradition zu bewahren. Sie hatte nach altem Natchez Brauch dazu das Recht und die Pflicht, denn auch, wenn der Titel
    Große Sonne immer von einem Mann getragen wird, so wird er jedoch über die weibliche Linie vererbt.«
    Er wurde allein in die weite Welt hinausgeschickt, von seiner Familie und seinen Wurzeln weggerissen. Er hatte nie wieder etwas von ihnen gehört, außer dass sie irgendwann verstarben. Er dachte daran, dass vielleicht einige wenige von den Angehörigen seiner Mutter sich im Indianerreservat niedergelassen haben könnten, doch er hatte keine Ahnung, ob sie noch lebten. Soviel er wusste, war er wahrscheinlich der Letzte seiner Art, der letzte Natchez aus dem Clan der glorreichen Großen Sonne.
    »Das ist eine außergewöhnliche Geschichte«, bemerkte Monsieur Cassard.
    Paul Cassard nickte zustimmend und starrte Christien mit unverhohlener Neugier an. »Das finde ich auch. Haben Sie womöglich sogar einen Natchez Namen?«
    Christien nickte. »Du würdest ihn als faucon nuit übersetzen.«
    »Nachtfalke. Wie anschaulich und bildhaft. Haben Sie den selbst ausgewählt?«
    »Keinesfalls.« Er blickte sie der Reihe nach an, ohne die Miene zu verziehen. »Sie würden es mir nicht glauben.«
    Paul Cassard kniff die Augen zusammen, während er sich zu konzentrieren versuchte. »Wissen Sie, es scheint mir so, als ob ich den Namen schon einmal gehört hätte ...«
    Noch bevor sein Sohn den Gedanken zu Ende bringen konnte, ging Monsieur Cassard dazwischen. »Nun mal langsam, mein Lieber. Das ist sicher nur, weil wir nie gedacht hätten, jemanden zu treffen, der so ist wie du.«
    Dieser französische Monsieur hätte wohl nie ge-dacht, dass er einmal einen wie ihn unter seinem Dach beherbergen würde oder ihn sogar als möglichen Schwiegersohn akzeptieren müsste, dachte Christien. Es wäre sicherlich interessant gewesen, zu wissen, ob Cassard so schnell auf seinen Vorschlag eingegangen wäre, wenn er von seiner Abstammung gewusst hätte — wohl kaum.
    »Ich bin sicher, dass ich Sie schon irgendwo einmal gesehen habe«, beharrte Madame Cassard mit klagender Stimme. An ihrem Gesichtsausdruck konnte man kaum ablesen, ob sie irgendetwas von dem gehört und verstanden hatte, was in den letzten Minuten hier bei Tische gesprochen wurde.
    Reine blickte verschlossen vor sich hin. Sie versuchte, zu verbergen, dass sie damit beschäftigt war, ihre Gedanken zu ordnen, denn die Aussicht einen Abkömmling der Natchez zu heiraten, der zudem eine Art Stammeshäuptling war, dessen Angehörige aber

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