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Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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ihr auch der Blick verstellt war. Plötzlich peitschte ein schallendes Geräusch durch die Luft, das wie eine Ohrfeige klang. Der folgende Wortwechsel zwischen den beiden wurde daraufhin sehr heftig. Dann drehte sich der unbekannte Herr ganz abrupt um und ging eilends zum Fluss hinunter. Christien nahm sein Pferd am Zügel und folgte ihm unverzüglich.
    Reines Nerven waren zum Zerreißen angespannt. Sie schlüpfte aus ihrem Versteck und lief zur nächsten Straßenecke, dann schlich sie langsam und vorsichtig den beiden hinterher.
    Die Männer gingen mit grimmiger Entschlossenheit vor ihr her, bis sie den von Bäumen umstandenen Klostergarten hinter der Kathedrale von St. Anthony erreicht hatten. Mit übertriebener Höflichkeit wollte jeder dem anderen den Vortritt durch das Gartentor lassen. Christien schien sich durchgesetzt zu haben, denn er ging hinter dem anderen Herrn durch das eiserne Türchen, einen langen Koffer unterm Arm tragend, den er zuvor von seinem Sattel losgeknüpft hatte. Sie begaben sich in die Mitte der Gartenanlage, wo sich zwei Fußwege kreuzten, sodass die von Sträuchern umgebenen Beete in gleichmäßige Quadrate aufgeteilt wurden.
    Reine verließ die Rue Royale und huschte die Allee zwischen den hohen Mauern der Kathedrale und dem angrenzenden Regierungspalast entlang. Sie fand ein gutes Versteck und einen geeigneten Beobachtungsposten hinter einem Myrtenstrauch, der in einer dunklen Ecke des Klostergartens wuchs. Die überhängenden Zweige mit den wachsigen Blättern boten guten Schutz, ohne dass ihr dabei die Sicht auf den in dunklem Schatten gelegenen Keuzweg versperrt gewesen wäre.
    Zunächst redeten die beiden Männer noch miteinander, dann zogen sie ihre Gehröcke aus und nahmen ihre Hüte ab. Sie lockerten die Krawatten und legten sie beiseite. Es wurde noch das eine oder andere harsche Wort gewechselt, doch Reines Herz klopfte so wild, und ihr Blut rauschte vor Aufregung in ihren Ohren, sodass sie von dem Gesagten nichts vernehmen konnte. Christien kniete neben dem Koffer, den er auf dem Boden abgelegt hatte und öffnete den Deckel. Als er wieder aufstand, hatte er in jeder Hand einen blitzenden Degen.
    Reine holte tief Luft, als sie mit einem Male verstand, was hier vor sich ging. Ein Duell, das waren die Vorbereitungen für ein Duell. Allerdings war dies ganz offensichtlich kein zivilisiertes Treffen mit höflichem Wortwechsel, ernannten Sekundanten und ein oder zwei Ärzten, falls es zu schlimmen Verletzungen kommen sollte. Dies hier musste eines der verrufenen Zweikampfurteile sein, wofür insbesondere die Bruderschaft der maitre d'armes berüchtigt war.
    Theodore hatte immer mit höchster Empörung gegen diese illegalen Treffen gewettert. Er befand sie in hohem Maße ungerecht, denn Geschick und Können lagen, seiner Meinung nach, meist auf der Seite der Fechtmeister. Sie waren außerdem eines Herrn von Stand nicht würdig, da diese Fechtmeister in der Regel keine Achtung vor den dazugehörenden Formalitäten und Ritualen zeigten. Man konnte sie nicht als Duelle im eigentlichen Sinn ansehen, sie waren vielmehr erniedrigende Bestrafungen, die im Geheimen von Männern verhängt wurden, die dies als nötig ansahen. Reine hatte sich schon oft bei dem Gedanken ertappt, dass aus Theodores Beschimpfungen vielleicht die pure Angst sprach. Wahrscheinlich war er selbst mit so einer Zweikampfherausforderung bedroht worden, denn was sonst hätte ihn dazu veranlassen können, mit solchen Tiraden zu reagieren?
    Christien ließ seinem Gegner die Wahl der Waffen. Dieser inspizierte die Länge eines Degens und hielt die Klinge ins gedämpfte Licht, das von der Laterne in der hinteren Ecke des Gartens ausging. Seine Zufriedenheit über den Zustand der Schneide ausdrückend, brachte er sich in Position. Sie standen sich gegenüber, tauschten einen kurzen Gruß mit dem Degen aus und kreuzten die Klingen. Es ging los.
    Zunächst agierten beide vorsichtig und machten kaum einen Ausfallsschritt. Jeder lotete die Fähigkeiten des anderen aus. Sie bewegten sich abwechselnd vor und zurück, vom Dunkeln der nächtlichen Baumschatten vor ins fahle Licht der Wegkreuzung und wieder zurück. Manchmal erhöhte sich jedoch die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen, und es wurde tödlich ernst. Immer wieder blitzte der blanke Stahl der Degen im nächtlichen Laternenschein auf, was die Szenerie noch unheimlicher werden ließ. Wechselseitig unternahmen sie Vorstöße, attackierten den Gegenüber, zogen sich dann

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