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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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gekommen bist?« fragte Kanazuchi.
    »Zwei Jahre.«
    »Hier waren Männer, die mit Sprengstoff gearbeitet haben. Chinesen. Hast du sie gekannt?«
    Der Mann nickte.
    »Sie haben für die Eisenbahn gearbeitet. Du auch?«
    Der Mann nickte wieder.
    »Wo sind sie jetzt?«
    »Weg.«
    »Sie haben hier etwas gebaut, eine unterirdische Kammer, unter der Kirche dort. Weißt du, wo diese Kammer ist?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. Er wußte es wirklich nicht.
    »Ist der Reverend der Mann, für den sie das alles gebaut haben?«
    Der Mann nickte wieder. »Alles ist für den Reverend.«
    »Wo ist der Reverend jetzt?«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Sag mir, wo er ist, oder ich bringe dich um.«
    Wieder schüttelte der Mann den Kopf, und eine reptilhafte Kälte schlich sich in seine Augen.
    »Du bist keiner von uns …«, sagte er.
    Er wollte schreien, aber Kanazuchi drückte zu, bevor ein Laut aus seiner Kehle dringen konnte, und zerquetschte ihm die Luftröhre. Der Mann sackte zusammen wie eine zerbrochene Marionette. Kanazuchi schleifte den Toten zur Wand, leerte eine der Gewehrkisten, stopfte die Leiche hinein und bedeckte die Kiste wieder mit einer Plane.
    Vorn regte sich nichts; die Wache hatte ihn nicht gesehen oder gehört. Er ging zur Hintertür zurück, wie er gekommen war, und verließ das Lagerhaus.
     
    Mit seinem kleinen Koffer auf dem Schoß saß Dante vor der Bürotür und wartete, wie Frederick es ihm befohlen hatte. Die Männer, mit denen er hergereist war, kümmerten sich anderswo im Hause um ihren verwundeten Kameraden; der Mann war von einer verirrten Kugel getroffen worden, während die letzten der Bürgerwehr gefallen waren. Danach waren sie fast zwei Stunden lang hart geradeaus geritten, bis sie in The New City angekommen waren. Dante schwirrte immer noch der Kopf von allem, was er seit ihrer Ankunft gesehen und gehört hatte.
    Durch Gardinen konnte er auf die Main Street hinausschauen; mit ihrer sauberen, weißen Schlichtheit erinnerte sie ihn so sehr an das Zuhause, das er sich immer gewünscht hatte, daß er hoffte, nie wieder von hier fortgehen zu müssen. Fast hatte er den Traum, daß ein so freundlicher, hübscher Ort überhaupt existieren konnte, schon aufgegeben. Aber das hier war das Haus der Hoffnung, nicht wahr?
    Er roch, daß im Hause Kuchen gebacken wurde, Apfel und Kirschtorte, seine Lieblingskuchen, und er fragte sich, ob er wohl Vanilleeis dazu bekommen würde. Ja, wahrscheinlich. Er fragte sich auch, wann sie ihm eine der ungewöhnlich attraktiven Frauen geben würden, die er auf der Straße gesehen hatte. Die Stimmen in seinem Kopf hatten noch nie so glücklich geklungen:
    Wir wollen alles essen, alles, alles.
    Zornige Stimmen aus dem Büro rissen ihn aus seinen Träumereien. Der Mann, den sie Reverend nannten, schrie Frederick an; es ging um ein Buch, das Frederick mitgebracht hatte.
    »Nutzlos! Das ist nutzlos!«
    Das Buch, das sie mitgebracht hatten, kam durch die Tür geflogen; sein Rücken brach, als es an die gegenüberliegende Wand prallte.
    »Wie konnten Sie so blind sein? Wie kann ich nun mein Werk ohne das echte Buch vollenden? Was denken Sie, was ich statt dessen benutzen soll?«
    Dante konnte Fredericks Antwort nicht verstehen; aber seine Stimme klang sachlicher.
    »Ach, wirklich? Eine Spur aus Brotkrumen haben Sie hinterlassen, was? Und wie können Sie so verflucht sicher sein, daß diese Leute das echte Buch mitbringen?« fragte der Reverend. »Wie können Sie sicher sein, daß sie Ihnen auch nur folgen werden?«
    Wieder eine geschmeidige Antwort von Frederick.
    »NEIN!« kreischte der Reverend. »Keinen Penny bekommen Sie, bis das Buch in meiner Hand ist!«
    Frederick antwortete erneut in seinem beschwichtigenden Ton, und nach einer Weile schwoll der Zorn des Reverends ab, und seine Stimme beruhigte sich, bis er mit normaler Lautstärke sprach. Dante war erleichtert; es gefiel ihm nicht, daß jemand so wütend auf Frederick sein konnte: Seine neue Welt fühlte sich dann so spröde an wie ein hartgekochtes Ei.
    Einige Augenblicke später öffnete sich die Tür; Frederick winkte ihn lächelnd herein. Dante betrat das Büro.
    Reverend Day stand vor seinem Schreibtisch; auch er lächelte, und sein Zorn war verraucht; er streckte die Arme aus, um Dante willkommen zu heißen.
    Frederick führte ihn durch das Zimmer, nahm Dante bei den Händen, rollte seinen linken Ärmel hoch und zeigte dem Reverend das Brandzeichen; dieser nickte freundlich und beifällig.
    »Warum zeigen

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