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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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müssen. Andernorts glaubte man, Xu sei gewählt worden, weil er ein Mann der Mitte war – als Versöhner und Konsensstifter wurde er im Ausland bezeichnet. In Wirklichkeit war er ein Mann ohne große Überzeugungen, und daher umso besser befähigt, die eines anderen zu übernehmen, wenn dieser andere – in diesem Fall Zhang – sich vorher umsah und dann entschied, welchen Weg das Politbüro einschlagen sollte.
    Natürlich war Xu nicht nur eine Marionette. Das war das Problem mit den Menschen. So nützlich sie in mancher Hinsicht sein konnten, so hielten sie in bestimmten Punkten an der Überzeugung fest, auch selbst denken zu können. Und selbst die dümmsten von ihnen hatten auch tatsächlich Ideen, die allerdings in den seltensten Fällen rational oder hilfreich waren. Xu hatte Zhang schon bei mehr als einer Gelegenheit in große Verlegenheit gestürzt, denn da Xu der Vorsitzende des Politbüros war, befand er sich im Besitz der Macht – wenn auch nicht des Verstandes, richtigen Gebrauch davon zu machen. Aber in 60 Prozent der Fälle, vielleicht sogar in etwas mehr, war er lediglich Zhangs Sprachrohr. Somit stand es Zhang größtenteils frei, seinen Einfluss als graue Eminenz geltend zu machen und die Politik zu bestimmen. Das tat er, ohne dass es außerhalb des Politbüros jemand mitbekam, und selbst im Politbüro war es nicht in vollem Umfang bekannt, da so viele seiner Treffen mit Xu auf privater Ebene erfolgten und Zhang meistens nicht einmal mit Fang darüber sprach.
    Sein alter Freund war ein Chamäleon, dachte Fang nicht zum ersten Mal. Aber wenn er auch insofern Bescheidenheit zeigte, als er nicht danach strebte, derart im Rampenlicht zu stehen, wie es seinem Einfluss entsprochen hätte, machte er diesen Vorzug durch seinen Stolz wieder zunichte. Dabei war er sich, was die Sache noch schlimmer machte, dieses Fehlers offenbar nicht einmal bewusst. Fang sah auf die Uhr und verabschiedete sich. Mit ein wenig Glück kam er, nachdem er Ming seine Notizen diktiert hatte, noch zu einer halbwegs menschlichen Zeit nach Hause. Das wäre etwas ganz Neues.

28
KOLLISIONSKURSE
    »Diese Dreckskerle«, bemerkte Vizepräsident Jackson bei einem Schluck Kaffee.
    »Willkommen in der herrlichen Welt des Regierens, Robby«, sagte Ryan. Im Oval Office war es 7.45 Uhr. Cathy und die Kinder waren früh aufgebrochen und der Tag begann. »Wir haben ja schon immer so etwas vermutet, aber das hier ist der Beweis, wenn du es so nennen willst. Der Krieg mit Japan und dieses kleine Problem, das wir mit dem Iran hatten, nahm seinen Ausgang in Peking – oder genauer: dieser Zhang, der hier anscheinend für Xu aktiv wurde, hat beides angeregt und unterstützt.«
    »Er mag ja ein hinterhältiger Mistkerl sein, aber besonders viel Verstand hat er meines Erachtens nicht«, sagte Jackson nach kurzem Überlegen. Doch dann dachte er noch einmal gründlicher darüber nach. »Aber vielleicht tue ich ihm da etwas unrecht. Von seinem Standpunkt aus betrachtet war das Ganze sehr raffiniert eingefädelt: einfach jemand anderen vorzuschieben. Ohne selbst irgendwelche Risiken einzugehen, ist es ihm gelungen, von den Risiken anderer zu profitieren. Das kann man durchaus als recht effizient bezeichnen.«
    »Die Frage ist, was hat er als Nächstes vor?«
    »Wenn ich mir das hier so ansehe und dann noch höre, was Rutledge aus Peking berichtet, würde ich sagen, wir müssen diese Chinesen unbedingt ernst nehmen.« Jackson reckte den Kopf noch weiter vor. »Jack, wir müssen noch mehr Leute über diese Geschichte in Kenntnis setzen.«
    »Mary Pat dreht vollends durch, wenn ich das auch nur andeute.«
    »Tja, Jack, das ist das alte Problem mit Geheimdienstinformationen. Wenn man sie an zu viele Leute weitergibt, riskiert man, sie zu kompromittieren, und dann nutzen sie einem nichts mehr – und wenn man sie sich gar nicht zunutze macht, kann man eigentlich ganz darauf verzichten. Wo also die Grenze ziehen?« Das war ein rhetorische Frage. »Wenn man falsch liegt, liegt man in puncto Sicherheit falsch – allerdings, in puncto Sicherheit der Nation, nicht der Quelle.«
    »Hinter diesem Blatt Papier hier steht ein lebendiger Mensch wie du und ich, Rob!«, rief der Präsident seinem Freund in Erinnerung.
    »Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst. Aber in unserem Land leben zweihundertfünfzig Millionen Menschen, Jack, und wir haben auf sie einen Eid geschworen, nicht auf irgendeinen Chinesen in Peking. Was aus diesem Papier hervorgeht, ist, dass der

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