Im Zeichen des Schicksals
rückwärtigen drei große quadratische Fenster, die den Blick auf einen weitläufigen Garten freigaben. Ich musterte die Menschen an den Tischen, die wir passierten. Zwei Mütter im mittleren Alter, zwei müde wirkende Väter, drei Kinder mit Malbüchern, ein Baby in einem roten Buggy, ein Teenagerpärchen, das sich einen Schoko-Milchshake teilte, und eine Frau von Ende zwanzig, die ein juristisches Fachbuch wälzte: keine gelben Augen.
Während wir in der von Josh ausgewählten Sitznische Platz nahmen, schaute ich mich erneut um und fasste die Leute an der Theke ins Auge. Dort waren fünf Männer. Zwei untersetzte Typen, die sich unterhielten, beide mit komischen Schnurrbärten, zwei andere, die über ihren schmutzigen langärmligen Pullis leuchtend orangefarbene Bauarbeiterwesten trugen, und dann noch ein Typ in einer schwarzen Lederjacke am Ende der Theke. Der Winkel machte es mir unmöglich, sein Gesicht zu sehen, aber trotz all dem Schwarz war deutlich zu erkennen, dass er einen muskulösen Körperbau hatte.
»Celine?«
»Hm?«
»Was starrst du so?« Josh sah mich wieder mit gerunzelter Stirn an.
»Ach, nichts, ich halte nur Ausschau nach Melissa«, antwortete ich rasch. »Sie arbeitet doch hier, nicht?«
»Ja. Wahrscheinlich ist sie drüben am anderen Ende der Theke. Sie wird uns sicher gleich entdecken.« Er schob die beiden Speisekarten beiseite, die zwischen Salz- und Pfefferstreuer klemmten, dann waren seine Finger auf meinem Ärmel und hoben demonstrativ den Stoff an.
»Du weißt, dass du da einen Riss hast.«
Instinktiv wollte ich die Hand ganz schnell wegziehen. Reiß dich zusammen, Celine! Er will dir schon nicht wehtun! Ich zählte bis drei, dann nahm ich den Arm langsam weg.
»Es muss passiert sein, als …« Ich brach ab, aber es war zu spät. Wir dachten beide an den Unfall, und die Schuldgefühle waren deutlich in seinen Augen zu sehen. »Tut nichts zur Sache, es ist nur ein Pullover.«
»In deinem Zimmer ist neue Kleidung. Willst du zurückfahren und dich umziehen?«
Die Anziehsachen, natürlich! Die hatte ich vollkommen vergessen. »Nein, es ist nur ein kleiner Riss. Außerdem wollte ich sowieso mit dir über die Kleidung reden: Ich kann sie wirklich nicht annehmen.«
Josh verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum nicht?«
Was meinte er mit warum ? Ich konnte ihn nicht einen ganzen Schrank voll Klamotten kaufen lassen, nur weil er vielleicht einen Pullover ruiniert hatte.
»Ich kann mir meine eigenen Sachen kaufen.«
Er wirkte überrascht. »Sie gefallen dir nicht, stimmt’s? Verdammt, ich wusste, ich hätte dich zum Aussuchen mitnehmen sollen, aber ich wollte dir die Anstrengung ersparen.«
Sollte das ein Witz sein? Die Kleidung war weich und wunderbar, und es war alles neu! Ich hatte noch nie etwas besessen, das nicht zuvor jemand anderes getragen hatte! Wie hätte sie mir denn nicht gefallen können?
»Die Sachen sind wunderschön, ich kann sie nur einfach nicht annehmen. Sie sind viel zu teuer, also gib sie bitte zurück …«
»Geht nicht«, warf er mit einem selbstgefälligen Blick ein. Ein weiteres Wort, das ich auf meine Josh-Liste setzen konnte: selbstgefällig.
»Was meinst du damit – das geht nicht?«
»Kein Umtausch.« Er zuckte die Achseln und wandte den Blick ab. Das war so was von gelogen!
Ich verschränkte die Arme und ahmte seine Haltung nach. »Dann gib sie jemand anderem.«
»Nein«, sagte er schlicht.
Nervig . Das war noch ein gutes Wort. Er konnte so stur sein, wie er wollte, ich würde nicht zulassen, dass er mir einen Schrank voll Kleidung schenkte!
»Na schön, dann geb ich dir das Geld dafür.« Falls meine Ersparnisse dazu reichten, was ich bezweifelte. Welch ein Gedanke. Jahre um Jahre des Arbeitens und Sparens, und ich konnte mir diese Sachen nicht einmal selbst kaufen. Nicht, dass ich sie brauchte.
Josh beugte sich vor, und seine Miene wurde sanft. »Celine, ich nehme dein Geld nicht. Jetzt hör auf, so stur zu sein, und nimm ein kleines Geschenk von einem Kerl an, der dir viel, viel mehr schuldet.«
Na großartig! Wenn er auf die rechthaberische Tour weitergemacht hätte, wäre es leicht gewesen, ihm Kontra zu geben. Aber jetzt, mit diesem traurigen Ausdruck im Gesicht? Er versuchte damit ja nur, seine Schuldgefühle zu verringern. Und was sollte ich jetzt machen? Es war schließlich meine Schuld, dass er überhaupt Gewissensbisse hatte. Wenn er sich dadurch besser fühlte, dass er mir Sachen schenkte, musste ich sie annehmen.
Weitere Kostenlose Bücher