Im Zeichen des Zorro
Liebschaft die Würze verleiht.«
»Doch zu Euch, Senor!
Es könnte jemand hereinkommen und Euch hier sehen! Man könnte
Euch ergreifen!«
»Und verlangt es Euch
denn nicht danach, einen Banditen verhaftet zu wissen? Womöglich würde
es die Geschicke Eures Vaters zum Besseren wenden, könnte er mich
gefangen setzen.
Der Gouverneur ist, wie ich höre,
angesichts meiner Operationen nicht wenig verstimmt.«
»Ihr - Ihr solltet
jetzt lieber gehen«, sagte sie.
»Barmherzigkeit spricht
aus Eurem Herzen. Ihr wisst wohl, dass die Ergreifung meinen Tod bedeuten
würde. Und doch kann ich nicht anders, ich muss das Risiko eingehen
und verweilen.«
Er ließ sich auf der
Bank nieder, und Senorita Lolita rückte, so weit sie konnte, von ihm
ab, dann erhob sie sich.
Doch das hatte Senor Zorro
kommen sehen. Er griff nach einer ihrer Hände und hob, bevor sie noch
seine Absicht erraten konnte, den unteren Rand seiner Maske an, um seine
Lippen auf die rosige Handfläche zu pressen.
»Senor!«, schrie
sie auf und riss die Hand zurück.
»Kühn war es, und
doch kann ein Mann seine Gefühle nicht stets für sich behalten«,
erwiderte er. »Ich darf hoffen, meine Übertretung ist nicht
jenseits jeglicher Vergebung?«
»Geht, Senor, oder ich
werde schreien!«
»Und mich der
Hinrichtung zuführen?«
»Ihr seid nicht mehr
als ein Straßenräuber!«
»Und doch ist mir das
Leben so teuer wie jedem anderen Mann.«
»Ich werde um Hilfe
rufen, Senor! Auf Eure Ergreifung ist eine Belohnung ausgesetzt.«
»So zarte Hände würden
sich nicht an Blutgeld schmutzig machen.«
»Geht!«
»Ach, Senorita, Ihr
seid grausam. Euer Anblick lässt einem Mann das Blut in den Adern
kochen. Jeder Mann würde frohen Herzens gegen Scharen von Feinden in
den Kampf ziehen, auf einen Hauch aus Euren süßen Lippen hin.«
»Senor!«
»Sterben würde ein
Mann für Eure Ehre, Senorita. Welch Anmut, welch unverfälschte
Schönheit.«
»Zum letzten Mal,
Senor! Ich werde schreien — und dann liegt Euer Schicksal in Euren
eigenen Händen!«
»Reicht mir Eure Hand,
nur einmal noch — und ich gehe.«
»Es darf nicht sein!«
»So bleibe ich hier
sitzen, bis sie kommen und mich ergreifen. Ohne Zweifel werde ich nicht
lange zu warten haben. Dieser dicke Sargento Gonzales ist, wie ich hörte,
unterwegs und verfolgt womöglich bereits meine Spur. Er wird mit
Soldaten kommen …«
»Senor, um die Liebe
der Heiligen —«
»Eure Hand.«
Sie wandte sich ab und
reichte sie ihm, und erneut drückte er seine Lippen auf die Handfläche.
Und dann spürte sie, wie jemand sie langsam umdrehte, und ihre Augen
blickten tief in die seinen. Ein Schauer schien sie zu durchlaufen. Sie
bemerkte, dass er ihre Hand nicht losgelassen hatte, und entzog sie ihm.
Dann drehte sie sich um und rannte über den Patio in das Haus.
Mit wild gegen die Brust
pochendem Herzen stand sie hinter den Vorhängen am Fenster und
schaute nach draußen. Senor Zorro trat langsam an den Brunnen und
beugte sich hinab, um zu trinken. Dann setzte er den Sombrero auf, warf
einen letzten Blick auf das Haus und ging von dannen. Sie hörte das
Galoppieren eines Pferdes in der Ferne verklingen.
»Ein Dieb — und
doch ein Mann!«, hauchte sie. »Wäre Don Diego nur halb so
verwegen und kühn!«
8
DON CARLOS SPIELT EIN
SPIEL
Sie wandte sich vom Fenster
ab, dankbar, dass niemand im Haus Senor Zorro gesehen oder von seinem
Besuch erfahren hatte. Den restlichen Tag verbrachte sie auf der Veranda,
die halbe Zeit mit einem Stück Spitze beschäftigt, das sie
stickte, die andere Hälfte blickte sie den staubigen Pfad entlang,
der auf den Camino Real führte.
Dann brach der Abend an, und
unten an den Adobehütten der Indianer wurden große Feuer
entfacht; die Bewohner versammelten sich darum, um zu kochen und zu essen
und von den Ereignissen des Tages zu erzählen. Im Haus war das
Abendmahl bereitet, und die Familie wollte sich gerade zu Tisch setzen,
als es an der Tür klopfte.
Ein Indianer lief los, sie zu
öffnen, und Senor Zorro trat in das Zimmer. Er zog den Sombrero,
verneigte sich, dann hob er den Kopf und sah die sprachlose Dona Catalina
und den erschrockenen Don Carlos an.
»Ich hoffe, Ihr werdet
mir mein Eindringen verzeihen«, sagte er. »Ich bin der, den
man als Senor Zorro kennt. Aber fürchtet Euch nicht, denn ich bin
nicht gekommen, um zu
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