Im Zeichen des Zorro
ein. »So eine gute Gelegenheit kannst du nicht einfach
verwerfen. Denk darüber nach, meine Tochter. Sei in liebenswerterer
Stimmung, wenn Don Diego das nächste Mal kommt!«
Dann lief er, unter dem
Vorwand, mit einem der Diener sprechen zu wollen, auf den Patio. In
Wahrheit war es ihm nur daran gelegen, diesen Ort zu verlassen. Don Carlos
hatte in seiner Jugend seinen Mut oft genug unter Beweis gestellt,
inzwischen war auch Weisheit hinzugekommen, und er war daher nicht so
dumm, sich in einen Streit unter Frauen einzumischen.
Bald war die Stunde der
Siesta gekommen, und Senorita Lolita trat in den Patio und ließ sich
auf einer kleinen Bank nahe des Brunnens nieder. Ihr Vater döste auf
der Veranda, ihre Mutter in ihrem Zimmer, und das Personal war im ganzen
Haus verteilt und schlief ebenso. Aber Senorita Lolita konnte nicht
einschlafen, zu viel ging ihr im Kopf herum.
Sie wusste natürlich um
die Umstände ihres Vaters, denn es war einige Zeit her, seit er sie
hatte verbergen können, und natürlich wollte sie ihn wieder in
Rang und Stellung sehen. Ebenso wusste sie, dass, sollte sie Don Diego
Vega heiraten, ihr Vater rehabilitiert wäre. Denn ein Vega würde
nicht zulassen, dass die Verwandten seiner Frau in anderen als den besten
Umständen lebten.
Sie ließ vor ihrem
geistigen Auge das Bild von Don Diegos schönem Gesicht aufsteigen und
fragte sich, wie es wohl aussähe, wenn es vor Liebe und Leidenschaft
glühte. Es war eine Schande, dass der Mann so schwunglos war, sagte
sie sich. Aber einen Mann zu heiraten, der vorschlug, einen Indianerdiener
zu schicken, um ihr an seiner statt ein nächtliches Ständchen zu
bringen!
Das Plätschern des
Wassers im Brunnen lullte sie in den Schlaf, und sie kuschelte sich auf
einer Seite der Bank zusammen, die Wange auf eine zierliche Hand
geschmiegt, das schwarze Haar zu Boden strömend.
Plötzlich wurde sie von
einer Berührung an ihrem Arm geweckt, sie fuhr hoch und hätte
sogleich aufgeschrien, hätte sich da nicht eine Hand auf ihre Lippen
gepresst, um eben dies zu verhindern.
Vor ihr stand ein Mann,
dessen Leib in einen langen Mantel gehüllt und dessen Gesicht von
einer schwarzen Maske verdeckt war, sodass sie von seinen Zügen
nichts erkennen konnte als seine funkelnden Augen. Sie hatte
Beschreibungen von Senor Zorro, dem Gesetzlosen, gehört, und ihr Herz
hätte beinahe ausgesetzt, so sehr fürchtete sie sich.
»Seid still, und es
wird Euch nichts geschehen, Senorita«, flüsterte der Mann mit
heiserer Stimme.
»Ihr — Ihr seid
…«, fragte sie tonlos.
Er trat zurück, nahm den
Sombrero ab und verneigte sich tief vor ihr.
»Ihr habt es erraten,
meine bezaubernde Senorita«, sagte er. »Man kennt mich als
Senor Zorro, den Fluch von Capistrano.«
»Und - Ihr seid hier
…«
»Ihr habt von mir
nichts zu fürchten, niemand auf dieser Hacienda, Senorita. Ich
bestrafe die Ungerechten, und zu denen zählt Euer Vater nicht. Ich
bewundere ihn zutiefst. Weit mehr steht mir der Sinn danach, die zu
bestrafen, die ihm Böses tun, als ihm auch nur ein Haar zu krümmen.«
»Ich - ich danke Euch,
Senor.«
»Ich bin erschöpft,
und die Hacienda ist ein ausgezeichneter Ort, um zu rasten«, sagte
er. »Ich wusste, dass es die Zeit der Siesta ist, und vermutete
daher, jedermann schlafend anzutreffen. Es ist eine Schande, Euch aus dem
Schlaf zu reißen, Senorita, aber ich musste einfach sprechen. Eure
Schönheit ist so überwältigend, dass die Zunge eines Mannes
nicht anders kann, als Euren Lobpreis zu singen.«
Senorita Lolita besaß
die Anmut, zu erröten.
»Würde meine Schönheit
nur andere Männer solchermaßen berühren«, seufzte
sie.
»Tut sie das denn
nicht? Kann es sein, dass es Senorita Lolita an Verehrern mangelt? Das ist
nicht möglich!«
»Und doch ist es so,
Senor. Wenige nur sind beherzt genug, danach zu trachten, sich mit der
Familie der Pulido zu vereinen, da diese nicht in der Gunst der
Herrschenden steht. Es gibt da einen … Verehrer«, fuhr sie
fort. »Doch der scheint nicht gerade viel Esprit in seine Werbung zu
legen.«
»Ha! Ein Liebender ohne
Lust — und das in Eurer Gegenwart? Was fehlt dem Kerl? Ist er krank?«
»Er ist so wohlhabend,
dass er wohl annimmt, er brauche nicht mehr als einem Mädchen einen
Antrag zu machen, und schon hat er ihre Zustimmung.«
»Welch ein Tor! Die
Werbung ist es, die einer
Weitere Kostenlose Bücher