Im Zeichen des Zorro
Spross des
Hauses Vega war vielen unterlegen, sowohl was seine Sangeskunst als auch
was seine Fähigkeiten als Musikant anging, und sie fürchteten,
er würde die eben gewonnene Wertschätzung der Senorita sogleich
wieder verlieren.
Wenn die Senorita allerdings
die Gesänge des caballero geringschätzte, so sagte sie zumindest
nichts dergleichen, und auch ihr Verhalten ließ nicht auf Verärgerung
schließen. Es folgte noch etwas Konversation, und kurz bevor die
Stunde der Siesta anbrach, wünschte Don Diego ihnen buenos dias und
rollte in seiner prächtigen Kutsche davon. Von der Kehre in die
Auffahrt aus winkte er noch einmal zurück.
27
DER HAFTBEFEHL
Der Kurier, den Capitán
Ramón mit einem Brief an den Gouverneur nach Norden gesandt hatte,
träumte von ausgelassenen Tagen in San Francisco de Asis, bevor er
wieder in die Garnison in Reina de los Angeles zurückkehren müsste.
Er war dort mit einer gewissen Senorita vertraut, deren Liebreiz sein Herz
erglühen ließ.
Und so ritt er, nachdem er
das Dienstzimmer des Kommandanten verlassen hatte, los wie der Teufel,
wechselte in San Fernando und auf einer Hacienda auf dem Weg die Pferde
und galoppierte eines Abends, gerade bei Sonnenuntergang, in Santa Barbara
ein, um dort noch einmal die Pferde zu wechseln, sich in der Garnison mit
Fleisch, Brot und Wein zu versorgen und dann so schnell wie möglich
weiterzuziehen.
In Santa Barbara wurde jede
Hoffnung, sich im Lächeln der Senorita aus San Francisco de Asis
sonnen zu können, grausam zerschlagen. Denn vor der Pforte der
Garnison hielt eine prachtvolle Kutsche, gegen die jene Don Diegos wie
eine einfache carreta wirken musste, und daneben standen an die zwanzig
Pferde angebunden, und mehr Soldaten, als üblicherweise in Santa
Barbara stationiert waren, liefen lärmend und lachend über die
Landstraße.
Der Gouverneur war in Santa
Barbara.
Seine Exzellenz hatte San
Francisco de Asis einige Tage zuvor verlassen, um sich auf eine
Inspektionsreise zu begeben, die ihn bis nach San Diego de Alcalá
im Süden führen sollte und auf der er seine politische Stellung
zu festigen gedachte, indem er Freunde belohnte und Feinden ihre Strafe
zukommen ließ.
Er war vor einer Stunde in
Santa Barbara eingetroffen und hörte sich gerade den Bericht des
örtlichen comandante an, um danach die Nacht bei einem Freund zu
verbringen. Seinen Kavalleristen musste selbstverständlich in der
Garnison das Quartier bereitet werden, und am nächsten Morgen sollte
die Reise weitergehen.
Hauptmann Ramón hatte
dem Kurier eingeschärft, der Brief sei von äußerster
Wichtigkeit, weshalb er zum Dienstzimmer des Kommandanten eilte, das er
wie ein Mann von Stand betrat.
»Capitán Ramón,
Garnisonskommandant in Reina de los Angeles, schickt mich mit einer
wichtigen Botschaft für Seine Exzellenz«, berichtete er in
Habtachtstellung.
Der Gouverneur murrte und
nahm den Brief an, während der Kommandant dem Kurier bedeutete, sich
zurückzuziehen. Seine Exzellenz las den Brief eilends durch, und als
er geendet hatte, zeigte sich ein ruchloses Leuchten in seinen Augen, und
er zwirbelte den Schnurrbart mit allen Anzeichen lebhafter Befriedigung.
Doch dann las er den Brief ein zweites Mal und runzelte verärgert die
Stirn.
Die Vorstellung, Don Carlos
Pulido noch weiter ins Verderben zu ziehen, behagte ihm, der Gedanke aber,
dass sich Senor Zorro, der ihn so despektierlich behandelt hatte, noch
immer auf freiem Fuß befand, missfiel ihm außerordentlich. Er
stand auf und lief eine Weile im Zimmer auf und ab, dann wandte er sich
unvermittelt dem Kommandanten zu.
»Ich werde bei
Sonnenaufgang nach Süden aufbrechen«, erklärte er. »Meine
Anwesenheit in Reina de los Angeles ist dringend erforderlich. Ihr kümmert
Euch um alles. Sagt dem Kurier, er wird mit
meiner Eskorte zurückkehren. Ich werde jetzt das Haus meines Freundes
aufsuchen.«
Und so machte sich am nächsten
Morgen der Gouverneur, eskortiert von zwanzig ausgesuchten Kavalleristen
und dem Kurier in ihrer Mitte, auf den Weg nach Süden. Er reiste
rasch und fuhr eines Vormittags unangekündigt auf der Plaza von Reina
de los Angeles ein. Es war eben jener Vormittag, an dem Don Diego sich mit
der Gitarre in seiner Kutsche zur Hacienda Pulido aufgemacht hatte.
Der Reiterzug hielt vor der
Taverne an, und den dicken Wirt hätte beinahe der
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