Im Zeichen des Zorro
die Frau war, die er liebte, nein, er war auch
nicht der Mann, der es zugelassen hätte, dass man einen von ihm
befreiten Gefangenen ein weiteres Mal einsperrte. Ein solcher Vorfall, da
war er sich sicher, würde nur ein schlechtes Licht auf seine Fähigkeiten
und seine Tollkühnheit werfen.
Meile um Meile ritt er, die
Senorita an sich gedrückt, und beide sprachen sie kein Wort. Senor
Zorro wusste, dass er die, die ihn verfolgten, hinter sich gelassen hatte,
doch längst nicht so weit, wie eigentlich nötig war.
Jetzt trieb er sein Pferd zu
größerer Anstrengung, und sie flogen die staubige Landstraße
entlang, vorbei an Haciendas, auf denen die plötzlich aufgeschreckten
Hunde bellten, vorbei an den Hütten der Indianer, in denen das Dröhnen
von Hufen auf der harten Straße dunkelhäutige Männer und
Frauen von ihren Schlafstellen taumeln und an die Türen laufen ließ.
Einmal sprengte er durch eine
Schafherde, die dem Markt in Reina de los Angeles zustrebte, ließ
die Schafe links und rechts der Straße auseinanderstieben und die
Hirten ihnen fluchend nachsetzen. Die Hirten scharten die Herde wieder um
sich, gerade zur rechten Zeit, um sie von den Soldaten ein weiteres Mal
zerstreuen zu lassen.
Weiter und weiter ritt das
Paar, bis man endlich, weit vorne, die Missionsstation von San Gabriel im
Mondschein aufblitzen sehen konnte. An einer Weggabelung nahm der
maskierte Reiter den Pfad, der nach rechts führte, zur Hacienda von
Fray Felipe.
Senor Zorro war ein guter
Menschenkenner, und in dieser Nacht musste er sich auf sein Urteil
verlassen. Es war ihm klar, dass die Senorita entweder bei anderen Frauen
oder aber bei einem Franziskaner mit seiner Kutte
in Obhut gegeben werden musste, denn Senor Zorro war fest entschlossen,
den guten Ruf seiner Dame zu schützen. Und so setzte er all seinen
Glauben in den alten Fray Felipe.
Inzwischen galoppierte das
Pferd über weicheren Grund und kam daher nicht mehr so schnell voran.
Zorro hegte nur geringe Hoffnungen, dass die Soldaten in die Straße
nach San Gabriel einbiegen würden, sobald sie die Gabelung
erreichten. Wäre der Mond nicht so hell, hätten sie es
vielleicht getan, denn dann wäre nicht hin und wieder ein Blick auf
den Mann möglich gewesen, den sie verfolgten. Er war jetzt weniger
als eine Meile von der Hacienda Fray Felipes entfernt, und noch einmal gab
er seinem Pferd die Sporen, in einem letzten Versuch, mehr Vorsprung zu
gewinnen.
»Mir wird nur wenig
Zeit bleiben, Senorita«, erklärte er, als er sich über sie
beugte und ihr ins Ohr sprach. »Alles kann davon abhängen, ob
ich einen Menschen richtig eingeschätzt habe. Ich verlange nicht
mehr, als dass Ihr mir vertraut.«
»Ihr wisst, dass ich
das tue, Senor.«
»Und Ihr müsst dem
Menschen vertrauen, zu dem ich Euch bringe, Senorita, Ihr müsst in
allem, was mit diesem Abenteuer zu tun hat, gut auf ihn hören. Der
Mann ist ein fray.«
»Dann wird alles gut
sein, Senor«, erwiderte sie und schmiegte sich fest an ihn.
»Wenn die Heiligen uns
gewogen sind, werden wir uns schon bald wiedersehen, Senorita. Ich werde
die Stunden zählen, und eine jede wird mir scheinen wie ein ganzes
Menschenalter. Ich bin mir sicher, vor uns liegen glücklichere Tage.«
»Das gebe der Himmel«,
hauchte das Mädchen.
»Wo Liebe ist, da darf
auch gehofft werden, Senorita.«
»So ist meine Hoffnung
unermesslich, Senor.«
»Wie die meine«,
sagte er.
Das Pferd in Fray Felipes
Auffahrt lenkend, sprengte er auf das Haus zu. Er hatte vor, gerade so
lange anzuhalten, wie nötig war, um das Mädchen zu übergeben,
in der Hoffnung, Fray Felipe würde ihr seinen Schutz gewähren.
Er aber würde sofort weiterreiten und dabei beträchtlichen Lärm
machen, um die Soldaten so auf sich zu lenken. Er wollte sie glauben
machen, dass er nur eine Abkürzung über Fray Felipes Felder zur
anderen Straße genommen und am Haus gar nicht gehalten hatte.
Er zügelte das Pferd an
den Stufen zur Veranda, sprang zu Boden und hob die Senorita aus dem
Sattel, um mit ihr zur Tür zu eilen. Er trommelte mit der Faust
dagegen und betete zum Himmel, Fray Felipe möge mit einem leichten
Schlaf gesegnet sein, aus dem er schnell zu wecken war. Aus der Ferne ertönte
ein tiefes Dröhnen, das, wie er nur zu gut wusste, von den
Pferdehufen seiner Verfolger stammte.
Es schien Senor Zorro eine
Ewigkeit zu vergehen,
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