Im Zeichen des Zorro
bevor der alte fray endlich die Tür aufwarf
und, eine Kerze in der Hand, in ihrem Rahmen stand. Der Bandit trat hastig
ein und schloss die Tür hinter sich, damit kein Licht nach außen
dringen konnte. Fray Felipe hatte einen erstaunten Schritt nach hinten
gemacht, als er den maskierten Mann und die Senorita in seiner Begleitung
gesehen hatte.
»Fray, ich bin Senor
Zorro«, erklärte der Gesetzlose geschwind und mit gesenkter
Stimme. »Ihr seid womöglich der Ansicht, Ihr stündet
aufgrund gewisser Vorkommnisse ein wenig in meiner Schuld?«
»Dafür, dass Ihr
diejenigen, die mich tyrannisierten und misshandelten, ihrer Strafe zuführtet,
caballero, stehe ich tief in Eurer Schuld, wenn es auch meinen
Ordensregeln widerspricht, Gewalt, gleich welcher Art, gutzuheißen«,
erwiderte Fray Felipe.
»Ich war mir sicher,
Euren Charakter nicht falsch eingeschätzt zu haben«, fuhr Senor
Zorro fort. »Bei dieser Senorita handelt es sich um Lolita, die
einzige Tochter von Don Carlos Pulido.«
»Ha!«
»Don Carlos ist, wie
Ihr wisst, ein Freund der frailes und ist Unterdrückung und
Verfolgung nicht weniger ausgesetzt als diese. Heute hat der Gouverneur
Reina de los Angeles aufgesucht, Don Carlos verhaften und unter einer
Anklage, die, wie ich zufällig weiß, kein wahres Wort enthält,
in den cárcel werfen lassen. Ebenso ließ er Dona Catalina und
diese junge Dame einkerkern, und zwar in ein und derselben Zelle mit
Trunkenbolden und leichtlebigen Weibern. Mithilfe einiger guter Freunde
konnte ich sie befreien.«
»Mögen die
Heiligen Euch für diese gute Tat segnen, Senor!«, rief Fray
Felipe aus.
»Wir werden von
Soldaten verfolgt, fray. Natürlich wäre es nicht schicklich,
wenn die Senorita noch weiter ganz alleine mit mir reiten würde.
Nehmt sie auf und verbergt sie, fray — es sei denn, Ihr fürchtet,
solches Vorgehen könnte Euch in zu große Schwierigkeiten
bringen.«
»Senor!«,
polterte Fray Felipe.
»Wenn die Soldaten sie
ergreifen, werden sie sie zurück in den cárcel bringen, und
wahrscheinlich würde man sie misshandeln. Passt also auf sie auf,
beschützt sie, und jede Verpflichtung, die Ihr mir gegenüber
empfindet, wird mehr als beglichen sein.«
»Und Ihr, Senor?«
»Ich werde
weiterreiten, damit die Soldaten mich verfolgen, anstatt hier am Haus
anzuhalten. Ich werde später mit Euch Kontakt aufnehmen, Fray. Wir
sind uns also einig?«
»Wir sind uns einig«,
erwiderte Fray Felipe feierlich. »Lasst mich Euch die Hand drücken,
Senor.«
Dieser Händedruck war
kurz, aber wie ein Schwur. Dann wirbelte Senor Zorro herum in Richtung Tür.
»Blast die Kerze aus«,
wies er an. »Man darf kein Licht sehen, wenn ich die Tür öffne.«
Im nächsten Augenblick
war Fray Felipe der Aufforderung gefolgt, und sie waren in Dunkelheit gehüllt.
Senorita Lolita spürte einen Moment lang, wie sich Senor Zorros
Lippen auf die ihren pressten, und sie wusste, dass er den Rand der Maske
gehoben hatte, um die Liebkosung zu ermöglichen. Und dann spürte
sie einen der starken Arme Fray Felipes sie umfassen.
»Seid guten Mutes,
Tochter«, sagte der fray. »Wie es scheint, hat Senor Zorro so
viele Leben wie eine Katze, und irgendetwas sagt mir, dass er nicht
geboren wurde, um von den Soldaten Seiner Exzellenz erschlagen zu werden.«
Darüber musste der
Bandit leise lachen, dann öffnete er die Tür und stürzte
hindurch, schloss sie sachte hinter sich und war schon verschwunden.
Große Eukalyptusbäume
hüllten die Front des Hauses in tiefe Dunkelheit, und Senor Zorros
Pferd stand inmitten ihrer Schatten. Als er auf das Tier zulief, bemerkte
er, dass die Soldaten über die Auffahrt galoppierten — sie
waren also bereits weitaus näher, als er erwartet hatte.
Schnell rannte er auf sein
Pferd zu, doch er stolperte so unglücklich über einen Stein,
dass er stürzte. Erschrocken bäumte sich sein Pferd auf und wich
ein halbes Dutzend Schritt zurück, hinein in den hellen Schein des
Mondes.
Der erste seiner Verfolger
schrie, als er das Pferd sah und stürzte darauf zu. Senor Zorro
schnellte hoch, griff sich die Zügel, die am Boden lagen, und schwang
sich in den Sattel.
Aber sie waren schon bei ihm,
hatten ihn umzingelt; Klingen blitzten im Mondlicht. Er hörte die
heisere Stimme Sargento Gonzales' seinen Männern Befehle erteilen.
»Greift ihn lebend,
wenn ihr könnt!
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