Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
auf Brustharnische und schwere Bewaffnung verzichtet hatten, wirkten sie überaus bedrohlich in ihrer Entschlossenheit.
„Er ist es tatsächlich“, bestätigte Valandra leise. „Dieser Kerl weiß einfach nicht, wann er aufgeben soll.“
„Wer ist das?“
Valandra versteifte sich unwillkürlich, als sie Ranulfs tiefe, melodiöse Stimme dicht hinter sich vernahm. Anscheinend hatte er nur wenige Augenblicke im Waschhäuschen ausgeharrt und war ihr dann auf die Brustwehr gefolgt.
Nun trat er neben sie und blickte den Ankömmlingen neugierig entgegen.
Wie vertraut mir sein geliebtes Gesicht plötzlich ist , dachte Valandra und spürte, wie eine sanfte Wärme ihr Herz umfing. Sie sog seinen Anblick tief in sich auf. Weder ihr Körper noch ihre Seele hatten sich von seinem leidenschaftlichen Angriff auf ihre Sinne erholt. Ihr war, als könnte sie noch immer seine Arme um sich spüren. Als verwöhnten seine kräftigen, sehnigen Finger noch immer ihre Brüste und als glitte sein fordernder Mund über ihre bebende Haut...
Valandra! Um Himmels willen, reiß dich zusammen , schalt sie sich, während ein zarter Rosaschimmer ihre Wangen überzog. Dies ist beileibe nicht der richtige Zeitpunkt, um über solche Dinge nachzudenken. Nimm dir ein Beispiel an Ranulf. Er wirkt so kühl und beherrscht wie immer.
Valandra zwang sich, ihre Gefühle ebenfalls zu verschließen und die Geschehnisse im Waschhäuschen zu verdrängen.
Sie betrachtete Ranulf verstohlen und fühlte tiefe Erleichterung darüber, dass er an ihrer Seite stand. Zumindest musste sie sich heute nicht allein mit ihrem machthungrigen Nachbarn auseinander setzen.
„Das ist McGregor!“, antwortete sie schließlich und erkannte voller Stolz, dass ihre Stimme fest und ruhig klang.
„Aye, dieser alte Bastard“, mischte sich Owen ein. „Er ist hier, um sich Walkmoor Castle unter den Nagel zu reißen.“
„Die Lords aus der Nachbarschaft sind überzeugt, mein Vater sei in Ägypten gefallen, und nun buhlen sie um die Gunst des Königs, auf dass er ihnen Walkmoor mit all seinen Besitzungen zuspreche“, erklärte Valandra. „McGregor ist der schlimmste von allen. Er will sich nicht damit zufrieden geben, auf die Entscheidung des Königs zu warten, sondern versucht mit aller Gewalt einzufordern, was seiner Meinung nach längst ihm gehört.“ Valandra schüttelte den Kopf. „Vor einigen Monaten war ich so dumm, ihm unsere Gastfreundschaft anzubieten. Als Dank versuchte er dann eines Nachts, Eleanora zu entführen, um durch eine erzwungene Heirat in den Besitz meines Heimes zu gelangen.“
„Ich verstehe.“ Ranulfs Augen hefteten sich auf den Anführer, und bitterer Groll erwachte in seiner Brust. Diesem Hundesohn hatte er es also zu verdanken, dass er gezwungen war, hier auszuharren und die Qualen der Hölle zu ertragen.
Owen knackte mit den Fingern, eine Unart, die er immer dann vollführte, wenn er sich auf einen Kampf einstellte. „Dieser Bastard ist so hartnäckig wie ein Wildschwein und ebenso unberechenbar. Sollen wir ihn mit einer Salve Pfeile begrüßen? Die Bogenschützen stehen bereit.“
„Nein, im Gegenteil“, verkündete Ranulf ruhig. „Wir werden ihm die Burgtore öffnen.“
Als Valandra aufbegehren wollte, hob er beruhigend die Hand. Ein flüchtiges Lächeln umspielte seine Lippen.
„Vertraut mir! Wir werden den Kerl zuerst in Sicherheit wiegen, um ihm dann mit voller Härte zu verdeutlichen, dass Walkmoor Castle für ihn unerreichbar bleibt. Haltet ihn einige Minuten hin, damit er keinen Verdacht schöpft. Auf mein Zeichen hin könnt ihr ihn einlassen.“
Mit diesen Worten verschwand er und ließ Valandra und Owen allein zurück.
„Haltet Ihr das für klug?“, erkundigte sich Owen mürrisch. „Wenn Ihr mich fragt, sollten wir den Kerl mit dem Anblick unserer Übermacht in die Flucht schlagen. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dem Kerl erneut Einlass in die Burg zu gewähren.“
Offensichtlich war Ranulf anderer Meinung. Valandra beobachtete besorgt, wie er seine Männer von ihren Posten abzog. Was hatte er vor? Wollte er bei McGregor den Eindruck erwecken, leichtes Spiel zu haben? Wollte er gar einen Kampf innerhalb der Burgmauern heraufbeschwören?
Valandra erschauderte beim bloßen Gedanken an ein mögliches Blutvergießen. Dennoch erklärte sie Owen: „Ich bin sicher, Lord Ranulf weiß, was er tut.“ McGregor war nun auf Rufweite herangeritten und löste sich von seinem Reitertrupp, um dicht vor dem Tor seinen Hengst
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