Immer für dich da (German Edition)
ihr Antibiotika. Leider passiert dies viel zu vielen Frauen, vor allem jungen. Es handelt sich um ein entzündliches Karzinom, das sehr aggressiv ist und oft tödlich endet. Als es bei Kate diagnostiziert wurde, war es bereits zu spät.«
Jetzt war es im Publikum totenstill.
Tully blickte auf und sah ihre Zuschauer durch einen Tränenschleier hindurch an. »Dr. Hilary Carleton ist hierhergekommen, um uns etwas über diese Form des Brustkrebses zu erzählen und Ihnen die Symptome zu schildern: Hautausschlag, heiße Stellen, Verfärbungen, Pickelchen oder auch Schlupfwarzen, um nur ein paar zu nennen. Sie wird uns eindrücklich zeigen, dass wir nicht nur nach Knoten suchen müssen. Dr. Carleton hat uns eine Frau mitgebracht – Merrilee Comber aus Des Moines in Iowa –, die zuerst eine kleine schuppige Stelle an ihrer linken Brustwarze bemerkte …«
Dann nahm die Show wie üblich ihren Lauf, getragen von Tullys Persönlichkeit. Sie interviewte Gäste, zeigte Bilder und ermahnte ihre weiblichen Zuschauer, nicht nur jährlich zur Mammographie zu gehen, sondern auch auf jede Veränderung ihrer Brüste zu achten. Als sie am Ende der Sendung in die Kamera schaute, sagte sie nicht wie üblich: »Darüber sprechen wir morgen«, sondern: »Katie, du bist die beste Freundin und die beste Mutter, die ich kenne. Nur Mrs M. ist genauso gut wie du.« Dann lächelte sie ins Publikum und sagte nur noch: »Dies war für eine Weile meine letzte Sendung. Ich nehme mir eine Auszeit, um mit Katie zusammen zu sein. Genau wie Sie alle es auch tun würden.«
Sie hörte Rufe der Überraschung, doch diesmal ertönten sie hinter der Bühne.
»Denn schließlich ist dies hier nur eine Show. Das wahre Leben jedoch findet mit Familie und Freunden statt, und wie mir ein alter Freund vor einer Weile sagte, habe auch ich eine Familie. Und die braucht mich jetzt.« Sie entfernte ihr Mikrophon vom Revers, legte es auf den Boden und verließ die Bühne.
In Kates letzter Nacht im Krankenhaus überredete Tully Johnny, mit den Kindern nach Hause zu fahren, und nahm seinen Platz ein. Sie schob das zweite Bett direkt an Katies. »Ich habe dir eine Aufnahme meiner letzten Sendung mitgebracht.«
»Du meinst wohl, die müsste ich vor meinem Tod noch unbedingt gesehen haben.«
»Haha.« Tully schob die DVD in den Apparat, drückte auf »Start« und stieg dann zu Katie ins Bett. Dann lagen sie wie zwei Teenager auf einer Pyjamaparty da und sahen sich gemeinsam die Sendung an.
Als sie zu Ende war, drehte Kate sich zu Tully um. »Ich freue mich, dass du mich immer noch benutzt, um deine Einschaltquoten zu steigern.«
»Ich wollte dir etwas zeigen, das ergreifend und eindrucksvoll war. Und wichtig.«
»Das glaubst du doch von allem, was du tust.«
»Stimmt gar nicht.«
»Tolle Antwort.«
»Du würdest gutes Fernsehen nicht mal erkennen, wenn es dir in den Hintern bisse.«
Kate lächelte, doch es war nur ein müder Abglanz ihres früheren Lächelns. Mit ihrem kahlen Kopf und den umschatteten Augen wirkte sie unglaublich jung und verletzlich.
»Wirst du müde?«, fragte Tully und setzte sich auf. »Vielleicht sollten wir schlafen gehen.«
»Mir ist aufgefallen, dass du dich vor laufender Kamera entschuldigt hast. Auf deine Weise natürlich.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Das heißt, ohne zuzugeben, dass du ein Miststück warst, und ohne auch nur die Worte auszusprechen. Das heißt, es tut dir wirklich leid.«
»Tja, was soll ich sagen, du hast Morphium genommen. Wahrscheinlich hast du mich auch fliegen sehen.«
Kate lachte, doch dann bekam sie einen Hustenanfall.
»Ist alles in Ordnung?«
»Wohl kaum.« Kate griff nach dem Plastikbecher auf ihrem Nachttisch. Tully steckte ihr den Strohhalm in den Mund.
»Ich habe mit dem Tagebuch angefangen.«
»Großartig.«
»Aber du musst mir helfen, mich zu erinnern«, fuhr sie fort und stellte den Becher zurück. »So viel in meinem Leben ist gemeinsam mit dir passiert.«
»Fast unser ganzes Leben. Mein Gott, Katie, wir waren solche Babys, als wir uns kennenlernten.«
»Wir sind immer noch jung«, meinte Katie sanft.
Tully hörte ihr an, dass sie genauso traurig war wie sie. Doch jetzt wollte sie auf keinen Fall daran denken, wie jung sie beide noch waren. Jahrelang hatten sie sich damit aufgezogen, dass sie alt würden. »Wie viel hast du schon geschrieben?«
»Etwa zehn Seiten.« Als Tully darauf nichts antwortete, blickte Kate sie an. »Willst du es nicht lesen?«
»Ich möchte nicht
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