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Immer wieder Dezember: Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (German Edition)

Immer wieder Dezember: Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (German Edition)

Titel: Immer wieder Dezember: Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schädlich
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Entscheidung vorliegt.«
    Er brachte mich vor das Haus. Ich stieg zu dem Freund ins Auto, und wir fuhren zurück nach West-Berlin.
    An jenem Tag im Juli 1985 rief ich den Onkel noch an. Er brauchte nicht zu fragen, wie es war, ich erzählte ihm alles, auch dass der Mann gesagt hatte, ich müsste die Staatsbürgerschaft der BRD aufgeben.
    Der Onkel sagte: »Überleg es dir.«
    Einige Wochen später hatten der Onkel und ich uns wieder verabredet. Friedrichstraße. Ich stand am Schalter wie immer. Hinter mir eine Schlange von Leuten. Der Beamte nahm einen schwarzen Hörer ans Ohr. Mir bedeutete er, aus der Reihe zu treten. Der Beamte fertigte die anderen ab, sie zogen an mir vorüber. Ich stand lange da, den Blicken der Reisenden in die DDR ausgesetzt, als sei ich eine Aussätzige. Es dauerte, bis ein Grenzbeamter mit meinem Pass auf mich zukam.
    »Was fällt Ihnen ein, sich hier sehen zu lassen?« Alles drehte sich um.
    »Aber ich …«
    »Sie haben nicht einmal das Recht, hier zu stehen.«
    Das Stimmengemurmel der Wartenden verstummte.
    »Verlassen Sie sofort das Gebiet der DDR.«
    Mir schnürte es die Kehle zu. Ich nahm den Pass, den mir der Uniformierte entgegenhielt. Taumelte zurück zur U-Bahn, fuhr nach Hause, rief den Onkel an, der nicht da war, der sicher auf mich wartete, der sich sorgen musste, weil ich nicht kam. Ich rührte mich nicht vom Telefon fort. Dachte, sobald er nach Hause käme, werde er anrufen, fragen, warum ich nicht gekommen sei zur verabredeten Zeit.
    Der Onkel rief nicht an. Ich erreichte ihn erst spät. Er war weniger aufgebracht, als ich erwartet hatte, eher nüchtern sagte er: »Diese Idioten.«
    Spät in der Nacht rief ich die Mutter an. Ich sagte ihr, dass ich heute den Onkel besuchen wollte, dass sie mich nicht hätten einreisen lassen, dass sie mich angeschrien hätten. Ich weinte, weil ich wusste, dass das Einreiseverbot von jetzt ab auch für mich für immer gelten würde. Sie konnte sich das nicht erklären.
    »Hast du eine Erklärung?« fragte die Mutter.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich in Pankow war.«
    Die Mutter nahm sich den nächsten Flug nach Berlin.
    »Als das Wort Pankow fiel, war ich höchst alarmiert. Pankow, das hieß Stasi«, erzählt die Mutter.
    Der Vater kam.
    »Du standst unter Schock, sicherlich auch aufgrund unserer absoluten Beunruhigung. Du warst in eine Sache hineingeraten, die du nicht übersehen konntest, und wir sagten, sag, woran du dich erinnerst. Alles«, erzählt der Vater.
    Ich erzählte von dem Brief, von der Antwort, dem Mann, dem Haus. Ich erzählte, was ich gesagt hatte. Den Onkel erwähnte ich nicht. Möglich, dass ich ihn in der Aufregung einfach vergessen hatte, möglich, dass ich dachte, warum ihn mit reinreißen, ich hatte doch Schneiderin werden wollen. Möglich, dass ich ihn nicht erwähnte, weil er gesagt hatte »Behalt es erst einmal für dich, musst nicht gleich mit den Eltern darüber reden«.
    Ich war seiner Stimme gefolgt. So war er, dieser Wolf, der sich Schäfer nannte und sich als Hirte dachte.
    »Der aber zur Tür hineingeht, der ist der Hirte der Schafe. Dem tut der Türhüter auf, und die Schafe hören seine Stimme, und er ruft seine Schafe und führt sie aus. Und wenn er seine Schafe hat ausgelassen, geht er vor ihnen hin, und die Schafe folgen ihm nach, denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber folgen sie nicht, sondern fliehen ihn, denn sie kennen die fremde Stimme nicht.«
    Ich floh ihn nicht. Ich ging ihm auf den Leim. Eine einfache Redewendung, die eine Assoziation hervorruft. Und auch sie stimmt. Früher wurden Vögel mit Leimruten gefangen. Die Vogelfänger rieben die Äste mit einer klebrigen Flüssigkeit ein. Mit Hilfe eines Lockvogels wiegten sie die anderen Vögel in Sicherheit. Wenn Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar sich auf den Ast setzten, klebten sie fest.
    Ich war noch einmal davongekommen. Nicht auszudenken, wenn sie mich gekriegt hätten. Die Tochter von Hans Joachim Schädlich kehrt in die DDR zurück! Ich sehe die Schlagzeile. Was wäre das für ein Verrat gewesen. Schon damals, in der kleinen Küche in der Manitiusstraße, in der wir saßen, der Vater, die Mutter und ich, und bis in die Nacht redeten, war ich heilfroh, dass ich in letzter Minute richtig überlegt hatte. Dass ich gesagt hatte, ich würde die Staatsbürgerschaft der Bundesrepublik nie aufgeben, nie in die DDR zurückkehren.
    Und was beschlossen wir? Ich schrieb einen Brief an den

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