Imperator 02 - König der Sklaven
gezwungen würden, ehe Julius bereit war. Seine eigenen Späher wussten, dass ihrer aller Leben davon abhing, dass sie nicht entdeckt wurden. Julius hatte die schnellsten und kräftigsten Männer auf meilenweite Erkundungszüge geschickt, um nach frischen Spuren des Feindes Ausschau zu halten, während sich die Hauptstreitmacht der Wölfe im Dickicht des Waldes verborgen hielt. Es war eine nervenaufreibende Zeit. Ohne Feuer und ohne die Möglichkeit, im weiteren Umkreis zu jagen, verbrachten sie kalte und feuchte Nächte, und die schwache Sonne, die tagsüber durch die Bäume brach, vermochte sie kaum aufzuwärmen.
Nach vier Tagen der Untätigkeit war Julius kurz davor, die Männer ins offene Gelände marschieren zu lassen und die Konsequenzen zu tragen. Bis auf drei waren alle Späher durch die äußere Postenkette zurückgekehrt und verzehrten gemeinsam mit den anderen trübsinnig schweigend eine kalte Mahlzeit.
Gereizt wartete Julius auf die letzten drei Männer. Sie waren im richtigen Gebiet, das wusste er, seit sie fünf Meilen östlich auf eine niedergemetzelte römische Zenturie gestoßen waren, die man ihrer Waffen und Rüstungen beraubt hatte, nachdem sie in ihrem abgelegenen Fort überrascht worden war. Die Leichname hatten erbärmlich ausgesehen, und kein Wort von Julius hätte die Entschlossenheit der Männer mehr anstacheln können.
Die Späher kehrten zusammen zurück und kamen in dem üblichen langsamen Trab, in dem sie viele Meilen ohne Pause zurücklegen konnten, durch das nasse Laub gelaufen. Sie ließen den kalten Eintopf, der auf sie wartete, links liegen und kamen direkt auf Julius zu. Die Männer waren müde, aber gleichzeitig sichtbar erregt. Sie waren vier Tage unterwegs gewesen, und Julius wusste sofort, dass sie den Feind endlich gefunden hatten.
»Wo sind sie?«, fragte er und stand schnell auf.
»Dreißig Meilen in Richtung Westen«, erwiderte einer, der es kaum erwarten konnte, die Nachricht zu überbringen. »Ein befestigtes Lager. Es sieht aus, als wollten sie sich dort gegen die Legionen verteidigen, die aus Oricum anrücken. Sie haben sich an einer schmalen Stelle zwischen zwei steilen Hängen verschanzt.« Er hielt inne, um Atem zu holen, und einer der anderen berichtete weiter.
»Die Hänge und das Gebiet nach Westen haben sie mit spitzen Pfählen gesichert. Sie hatten eine Kette von Spähern und Wachen aufgestellt, deshalb konnten wir nicht sehr nahe heran, aber die Befestigungen sahen stabil genug aus, um Kavallerie aufzuhalten. Wir haben Bogenschützen üben sehen, und ich glaube, wir haben auch Mithridates selbst gesehen. Da war ein großer Mann, der seinen Einheiten Befehle gab. Er sah aus, als wäre er der Feldherr.«
»Wie viele waren es?«, fragte Julius knapp, denn das interessierte ihn mehr als alle anderen.
Die Späher schauten sich gegenseitig an, dann ergriff wieder der erste das Wort.
»Wir denken, ungefähr zehntausend, grob geschätzt. Keiner von uns ist nahe genug herangekommen, um ganz sicher zu sein, aber das ganze Tal zwischen den Hügeln ist mit Lederzelten übersät. Wir sind von ungefähr acht bis zehn Mann je Zelt ausgegangen …« Die anderen beiden nickten und sahen Julius gespannt an. Julius versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, obwohl er enttäuscht war. Kein Wunder, dass sich Mithridates sicher genug fühlte, sich den Legionären zu stellen, die auf ihn zumarschierten. Das letzte Mal hatte der Senat nur Sulla entsandt, um gegen einen kleineren Aufstand vorzugehen. Wenn sie dieses Mal wieder nur eine Legion schickten, konnte Mithridates sie durchaus besiegen und damit ein weiteres Jahr Zeit gewinnen, ehe der Senat davon erfuhr und jeden verfügbaren Mann aus den anderen Gebieten zusammenzog. Selbst dann würden sie es vielleicht nicht wagen, die restlichen römischen Gebiete ohne Schutz zu lassen. Aber gewiss würden sie doch nicht das Risiko eingehen wollen, Griechenland zu verlieren? Jede von den Römern gehaltene Stadt, die sich hinter hohen Mauern gegen den König verschanzt hatte, könnte zerstört werden, ehe der Senat endlich eine vernichtende Streitmacht zusammengestellt hatte. Die Flüsse würden sich rot färben, ehe der letzte Römer im Land des Mithridates tot war, und wenn es ihm gelang, die Städte zu vereinen, konnte das auf einen langen Krieg hinauslaufen.
Julius ließ die Späher wegtreten, damit sie sich etwas zu essen holen und ihre wohlverdiente Ruhe genießen konnten. Viel Zeit würde dafür sowieso nicht bleiben, das
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