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Implantiert

Implantiert

Titel: Implantiert Kostenlos Bücher Online Lesen
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ausbreitete.

29. November: 189 Pfund, 170 Gramm
    Implantation + 20 Tage
     
    Die dreidimensionale Ultraschalldarstellung war eine wunderbare Erfindung, doch Claus war sie immer ein wenig … falsch vorgekommen. Vielleicht lag das an der goldenen Farbe oder an der Art, wie das kleine Computermodell sich mit Hilfe des Trackballs drehen ließ. Er wusste, dass die Bilder echt waren, doch auf dem Flachbildschirm sah man in ihnen nichts anderes als das, was sie tatsächlich waren: eine Computergrafik. Und wie detailliert eine Computergrafik auch immer sein mochte – an das wirkliche Leben reichte sie nicht heran.
    Das wirkliche Leben, wie es jetzt vor ihm auf dem Labortisch lag. Nicht auf einem Sektionstisch, denn es gab keinen
Sektionstisch, der groß genug gewesen wäre. Die Kreatur fand kaum Platz auf einem gewöhnlichen Tisch. Er, Tim und Jian standen davor und betrachteten den Kadaver, den sie aus Miss Milchshakes Bauch geholt hatten.
    »Leck mich am Arsch«, sagte Tim. »Sehen Sie sich diese Krallen an.«
    Claus sah sich die Krallen an. Und die Zähne. Und die Vorder- und Hinterbeine, die teilweise über den schwarzen Tisch hingen. Bereits zum zehnten Mal warf er einen Blick auf seinen Computer. Noch immer verwirrte ihn das Gewicht. Das wahre Gewicht – nicht die Berechnung von Tim Feely.
    Einhundertneunundachtzig Pfund, einhundertsiebzig Gramm.
    Anderthalb Meter lang von der Nasenspitze bis zum Hinterteil. Kein Schwanz. Ansätze zu einem Fell schoben sich aus der rosafarbenen Haut. Das Tier hatte in den letzten drei Wochen knapp fünfzig Pfund an Gewicht zugelegt.
    Was in Gottes Namen hatte Jian da geschaffen?
    »Sehen Sie sich die Zähne an«, sagte sie.
    »Das tue ich bereits«, sagte Rhumkorrf. »Sehen Sie das nicht?«
    Die Zähne des Stammvaters aller Säugetiere waren lang und spitz und eindeutig zum Töten gemacht. Sie waren dazu gedacht, große Fleischfetzen aus einem Körper zu reißen und sie am Stück zu verschlingen. Ein Mund voller Reißzähne, ohne einen einzigen Schneide- oder Backenzahn.
    Vorsichtig hob Tim die Hand und fuhr mit seinen Fingern über den dicken Kopf des Tieres. »Dieses untere Zahnbein – es ist riesig.«
    Der schwere Kieferknochen war am Gelenkansatz mindestens sechzig Zentimeter breit, wodurch der Kopf eine
wuchtige, dreieckige Form bekam, die zur Nase hin spitz zulief. Muskeln wölbten sich entlang der Außenseite des Kiefers.
    Claus war auf das alles nicht vorbereitet. Dreizehn Tage zuvor hatte Danté weitere Autopsien verboten, und seither hatten sie keinen Fötus mehr außerhalb des Mutterleibs gesehen. Vor dreizehn Tagen, vor 103 Pfund.
    »Timothy«, sagte Claus. »Beginnen Sie unverzüglich mit der Autopsie von Miss Milchshake. Wir müssen wissen, warum sie gestorben ist. Gehen Sie.«
    Tim rannte zur Leiter und stieg hinab.
    Vorsichtig untersuchte Claus den Schädel. Er war sechzig Zentimeter breit und sechzig Zentimeter lang. Die vorderen fünfunddreißig Zentimeter bestanden nur aus Kiefer und Zähnen. Noch immer besaß die Kreatur eine relativ große Schädeldecke. Das Verhältnis zwischen dem Gewicht des Gehirns und der übrigen Körpermasse entsprach etwa dem eines Wolfs.
    Nicht nur der Schädel schockierte ihn. Die Vorderbeine waren noch immer länger als die Hinterbeine; die Kreatur würde sich also halb aufgerichtet fortbewegen. Jeder ihrer dicken, muskulösen Finger endete in einer fünfzehn Zentimeter langen Kralle. Einer scharfen, spitzen Kralle, die derjenigen einer Raubkatze glich.
    »Jetzt sehen Sie es«, sagte Jian. »Doktor Rhumkorrf, bitte. «
    »Sie halten den Mund«, sagte er leise. Es würde keine weitere Insubordination von Jian oder Timothy geben – daran würde er die beiden von Zeit zu Zeit erinnern. »Wahrscheinlich wird die Kreatur bis zur Geburt noch weitere physiologische Veränderungen durchmachen. Was ich allerdings nicht verstehe, ist diese Wölbung an ihrem Hinterkopf.« Ein
sechzig Zentimeter langer, dünner, aber kräftiger Knorpel erhob sich aus dem Hinterkopf des Fötus. Vorsichtig hob Rhumkorrf den Knorpel an. Haut, die noch im Entstehen begriffen war, wuchs den Rücken der Kreatur hinab.
    »Es sieht fast so aus wie das ein wenig veränderte Rückensegel eines Dimetrodons«, sagte Claus. »Ich weiß nicht, warum sie den Code so angelegt haben, dass so etwas entstehen konnte, Jian. Ich bitte Sie, Sie müssen sich doch an so etwas Ungewöhnliches erinnern. Was hat es damit auf sich?«
    Jian betrachtete die knorpelige Wölbung und sah dann

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