in China
mit den anderen auf den Weg in den Volkspark. Sie lief neben Iris her und erkundigte sich, wie ihr die Reise gefiele.
Mit überströmender Begeisterung machte Iris ihrem Herzen Luft. »Ach, es ist einfach fantastisch«, rief sie und wandte sich Mrs. Pollifax zu. Dabei wäre sie fast über einen Stein gestürzt. »Ich habe Miß Bai nach ihrem Vornamen gefragt. Ich habe ihn mir irgendwo aufgeschrieben. Übersetzt bedeutet ihr Name ›Holunderduft‹. Ist das nicht wunderschön?«
»Ja, ganz zauberhaft«, gab Mrs. Pollifax zu. »Aber Sie sollten lieber auf die Löcher im Bürgersteig achten, Iris.«
»Wird gemacht. Sagen Sie, was ist denn bloß mit diesem Peter Fox los?« erkundigte sie sich.
»Ich habe beim Abendessen neben ihm gesessen. So ein mürrischer Mensch ist mir noch nie begegnet. Na ja, Stanley war genauso, bevor er seinen Frühstückskaffee getrunken hatte. Der Bursche ist wie eine kalte Dusche, ein richtiger Spielverderber.«
»Wenn man ihn erst mal in Ruhe läßt, taut er ja vielleicht noch auf«, meinte Mrs. Pollifax hoffnungsvoll. »Seine Großmutter hat ihm diese Reise geschenkt. Sie ist in China geboren und kann die Reise selbst nicht mehr machen. Ich bin sicher, daß er viel lieber in Gesellschaft seiner Freunde mit dem Rucksack auf dem Buckel irgendwohin getrampt wäre.«
»Falls er überhaupt Freunde hat«, schränkte Iris ein. »Ich kann ihm natürlich nachfühlen, wie es in ihm aussieht; aber wenn mir jemand etwas schenkte - was auch immer - würde ich bestimmt nicht so verdrossen durch die Gegend latschen. Und schon gar nicht, wenn ich gratis nach China reisen dürfte - Donnerwetter!«
Das entlockte Mrs. Pollifax ein Lächeln. Ganz besonders die Worte wenn mir jemand etwas schenkte - was auch immer. Iris wäre viel zu sehr damit beschäftigt, selbst Geschenke auszuteilen, als daß sie dazu käme, welche entgegenzunehmen. Wahrscheinlich
umschwärmten die Schmarotzer sie wie die Bienen eine Blume. Jammerschade, dachte sie und sagte mutwillig: »George Westrum ist ein netter Mensch, finden Sie nicht auch?«
Iris stimmte ihr aus vollem Herzen zu. »Ja, das ist er. Und ich glaube«, sie senkte die Stimme,
»er war beim FBI. Ist das nicht faszinierend?«
»Beim FBI?« wiederholte Mrs. Pollifax hellwach. »Das ist wirklich interessant.«
Iris nickte. »Jetzt fehlt uns nur noch jemand vom CIA.«
»Ja, das fehlt gerade noch«, murmelte Mrs. Pollifax, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Sicher gräßliche Leute.«
»Ach, es sind sicher auch nette Leute darunter«, meinte Iris versöhnlich. Sie lächelte strahlend. Dann wies sie aufgeregt nach vorn. »Sehen Sie, das muß der Park sein. Wir sind da! Aber warum drängeln sich die anderen denn alle am Eingang?«
»Weil es Eintritt kostet«, rief ihr Malcolm über die Straße hinweg zu. »Da sitzen wir nun. Hat irgend jemand Geld, mit dem man hier bezahlen kann?«
»Ja, ich«, verkündete Iris und trat zu der Gruppe. »Ich habe doch am Flughafen von Kanton diese weißen Jadetassen oder vielmehr Becher gekauft, wissen Sie noch?« Von Chinesen umringt, die sie neugierig beobachteten, wühlte sie in ihrer Tasche, holte ein paar zerknüllte Scheine und ein paar Münzen heraus und reichte sie dem Mann an der Kasse. Er nahm ein paar Fen, strahlte sie an und gab allen Eintrittskarten.
Als sie den Park betraten, sagte Joe Forbes andächtig: »Das ist jetzt sicher das echte typische China.«
Mrs. Pollifax neigte auch zu dieser Ansicht. Es führten Wege nach links und rechts, doch sie ging geradeaus, fühlte sich von einer Menschenmenge magisch angezogen, deren brüllendes Gelächter schon von fern zu hören war. Mrs. Pollifax mischte sich unter diese Menschen, stellte sich auf die Zehenspitzen, um über ihre Köpfe hinwegsehen zu können, und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie entdeckte, daß die Chinesen um einen Fernsehapparat herumstanden, ein bescheidenes, ganz normales Gerät, das irgendwo im Freien angeschlossen war. Ein Trickfilm geisterte über den Bildschirm. Mrs. Pollifax sah sich nicht den Film, sondern die Gesichter der Menschen an, auf denen sich unschuldige Erregung und kindliche Freude widerspiegelten.
Die Untertitel waren chinesisch. Mrs. Pollifax lächelte gerührt, weil die Leute solche Freude an dem Filmchen hatten. Sie wandte sich einer kleineren rasch anwachsenden Gruppe weiter links zu. Da entdeckte sie Malcolm, der unter einem Baum saß und zeichnete. Ein Stückchen weiter versuchte George Westrum, sich einer jungen
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