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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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vom Baum zu klettern.
    »Brauchst du Hilfe?«
    Sie sah ihn über die Schulter hinweg an. Wenn sie jetzt fiele, würde sie ihn zerquetschen. »Bitte. Das ist nicht das erste Mal, dass ich auf einen Baum klettere.«
    »Tut mir leid, dass ich überhaupt geboren wurde.«
    Gütiger Himmel, dachte sie. Hielt er sie etwa für völlig unfähig? Als sie den Boden erreichte, drehte sie sich mit in die Hüften gestemmten Händen zu ihm um. »Woher wusstest du, wo ich bin?«
    Er sah sie an, als wäre sie komplett verblödet. »Hallo? Ich habe schließlich Augen im Kopf. Du kommst immer hierher, und ich wohne auf der anderen Seite vom Kanal. Ich kann dich sehen.«
    »Oh.« Und sie hatte die ganze Zeit gedacht, er beachte sie nicht.
    Annie Laurie ging voran zum Strand, während Jim ihr mit der Kassette folgte. Als sie aus dem Schutz der Bäume traten, war der Wind deutlich stärker und zwang sie, sich beim Gehen dagegenzustemmen.
    Die Wellen auf dem Sund schlugen hoch, so dass sich der Bug von Jims Boot heftig hob und senkte. Sie stand am Strand und sah aufs Wasser hinaus, dann wieder zum Boot. Wenn die See hier schon so rau war, würde es auf dem Kanal zehnmal schlimmer werden. Vielleicht wären sie ja doch sicherer, wenn sie sich auf einen Baum setzten.
    »Komm«, rief Jim, watete ins Wasser und schwang die Kassette ins Boot, ehe er einstieg und den Motor anließ. Während er sich seine Schwimmweste überstreifte, bedeutete er ihr, dasselbe zu machen, doch Annie Laurie konnte sich nicht bewegen.
Mit einem Mal konnte sie nur noch daran denken, dass sie noch nie bei Sturm in einem Boot gewesen war. Ganz im Gegensatz zu ihrer Tante Doll.
    »Rausfahren muss man, zurückkommen nicht unbedingt«, sagte ihr Großonkel Dave immer, wenn er von den alten Zeiten bei der Küstenrettungsstation Chicamacomico erzählte. Und es stimmte bis heute. Aber wenn man nie hinausfuhr, brauchte man sich vielleicht keine Gedanken darum zu machen, nicht wieder zurückzukehren.
    Jim war aus dem Boot geklettert und watete durchs Wasser. Er blieb vor ihr stehen und blickte sie aus seinen braunen Augen an, was sie nur noch nervöser machte. »Was ist los?«
    Er sah nicht im Mindesten verängstigt aus. Vielleicht ein wenig ärgerlich, mehr jedoch nicht. Sie wollte nicht, dass er wusste, wie groß ihre Angst war. »Die See sieht ziemlich rau aus«, sagte sie, sorgsam darauf bedacht, so beiläufig zu klingen wie ihr Vater, wenn er mit einem seiner Chartergäste sprach.
    »Ich weiß. Deshalb nehmen wir den Weg hinten rum.«
    »Hinten rum?«
    »Nahe am Ufer da hinten.« Er deutete vage in Richtung Insel. »Das Wasser ist hoch genug, um durch die seichten Stellen zu fahren. Also, komm jetzt.«
    Er kannte einen zweiten Weg? Wie kam es, dass er ihn kannte, sie aber nicht? Natürlich hatte er schon immer hier gelebt, sie aber war erst vor acht Jahren hergezogen. Das bedeutete, er hatte einen Vorsprung von fünf Jahren, aber das war in Ordnung. Sie ging jede Wette ein, dass es eine Menge Dinge gab, über die sie besser Bescheid wusste als er.
    Im Boot warf er ihr die Schwimmweste zu, und sie stellte fest, dass es ihre eigene aus der Amapola war. »Danke«, sagte sie, streifte sie über und setzte sich hin.
    Kaum hatte Jim das Boot aus der kleinen Bucht gelenkt, wurde die See rauer, und Annie Laurie hielt sich fest. Inzwischen
hatte feiner Regen eingesetzt und blies ihnen ins Gesicht. Wenn sie die Augen zusammenkniff, sahen die Wellen wie kleine graue Berge aus. Von Zeit zu Zeit kam eine Bö auf und drückte sie seitwärts, doch Jim brachte sie augenblicklich wieder auf Kurs, so dass das kleine Boot unermüdlich die kleinen Wellenberge überwand und heimwärts fuhr.

47
    Während der Polizist zu seinem Wagen zurückging, blieb Cassandra sitzen und umklammerte das Steuer. Was kam jetzt? Würden sie sich so lange aus ihren Autos heraus anstarren, bis einer nachgab und den Blick abwandte? Nein, das ging nicht, denn der Regen wurde wieder stärker, so dass sie lediglich die verschwommenen Umrisse des Streifenwagens und das Orange und Weiß der Barrikade erkennen konnte, die errichtet worden war, um die Zufahrt zur Brücke zu blockieren. Sie musste sich etwas einfallen lassen. Sie war ihrem Ziel viel zu nahe, um noch kehrtzumachen.
    Die ganze Fahrt über hatte sie sich auszumalen versucht, was um alles in der Welt Annie Laurie veranlasst haben könnte, bei so einem Wetter hinauszufahren. War etwas mit ihrer Mutter vorgefallen? Etwas, das sie aus der Bahn geworfen hatte? May

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