In deinen Armen (German Edition)
Papiertaschentuchfetzen wirbelten durch die Luft. Sie legte sich wieder hin, doch sie konnte nicht schlafen. Heiße Wut pulsierte in ihren Adern und ihr Herz schlug, als hätte sie gerade an einem Marathon teilgenommen. Selbst das Rauschen des Meeres beruhigte sie nicht. Sobald sie die Augen schloss, hatte sie Johns Gesicht vor Augen. Eigentlich ein attraktiver Mann. Groß und schlank. Vielleicht etwas blass. Dunkle Haare und dunkle, wachsame Augen. Und auch eine dunkle Seele, wie sie erst nach und nach herausbekommen hatte. Was war in John gefahren, dass er plötzlich diesen Sinneswandel hatte? Die Frage beschäftigte sie mehr und mehr. Man lebte nicht mit jemandem jahrelang zusammen, ohne zu erkennen, wie er wirklich tickte. Irgendetwas musste passiert sein, wovon er erneut profitieren wollte. So war es zuvor immer gewesen. Die ersten Male hatte sie es nicht schlimm gefunden. Sie war verliebt gewesen und natürlich hatte sie ihrem Partner auch beruflich weiter geholfen. Dann hatte sich jedoch folgendes Schema etabliert: John begann eine Affäre, sie lebten sich auseinander, Emma kletterte eine Karrierestufe nach oben, John bat um Verzeihung, Emma ließ sich darauf ein, sie lebten wieder zusammen, Emma legte ein gutes Wort für ihn ein, brachte ihn ebenso voran und dann begann John wieder fremdzugehen. Dieses Mal nicht!
Leise stand Emma auf und fuhr ihren Laptop hoch. Die Technik klang überlaut in dem stillen Haus, doch nichts regte sich.
In ihrem Posteingang fand Emma schließlich die E-Mail, die Johns merkwürdiges Verhalten erklärte. Der Betreff lautete schlicht Einladung . Und die kam vom britischen Milliardär William Hansom, der für sein neuestes Shuttle-Projekt die besten Programmierer weltweit anheuerte. Unter anderem sie.
Oh! Mein! Gott! Ein dämliches Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als hätte sie soeben den Jackpot gewonnen. Das war ihr Ticket zurück in die Heimat, zurück nach Europa. Mit ihrem Look passte sie eh viel besser zu den Briten als zu den Amerikanern. Sie wäre wieder näher bei ihren Eltern. Kein Ozean würde sie trennen, nur ein bisschen Wasser. Sie musste nicht lange überlegen. Sie fühlte intuitiv, was sie zu tun hatte und schnell tippte sie: »Hey William, natürlich nehme ich deine Einladung an. Ich bin gerade in Europa und könnte am Montag bei dir vorbeikommen. CU, Emma.«
Senden!
Ungeduldig wartete Emma, bis die Nachricht verschickt wurde. Nur eine Minute später kam ein »Danke!« von einem offensichtlich schlaflosen William Hansom. Wahnsinn! Nun könnte sie den Weltraum erobern!
Emma schaltete den Laptop aus und ging erneut auf den Balkon. Das Universum funkelte sie an und beglückwünschte sie in dieser Nacht zu ihrer Entscheidung. Emma freute sich auf ihre Zukunft ohne John. Jetzt war sie erst recht aufgekratzt und an Schlaf war nicht zu denken. Wenn sie nur irgendwie ihre Gedanken ordnen könnte!
Emma tapste ins Bad und hielt ihr Gesicht eine ganze Weile unter kaltes Wasser. Dann stellte sie den Hahn ab und setzte sich an den Beckenrand. Sie war erschöpft, aber sobald sie die Augen schloss, wirbelten ihre Gedanken wieder chaotisch durcheinander.
Eine Bewegung aus den Augenwinkeln ließ Emma aufschrecken. »Mario? Sorry, ich wollte dich nicht wecken.« Langsam löste sie sich und suchte nach einem Handtuch zum Abtrocknen ihrer Hände. »Ich bin gleich fertig.«
Sie drehte sich einmal um ihre eigene Achse und ihre Augen blieben an Mario hängen. Seine Boxershorts saß etwas tiefer und eine feine Haarlinie verschwand in ihnen vom Bauchnabel abwärts. Mit vor der Brust verschränkten Armen stand er lässig im Türrahmen. Seine Haare waren zerzaust und Emmas Finger brannten, weil sie ihn zu gerne berührt hätte. Und er grinste verschlafen.
»Schickes Nachthemd, Sweetheart.«
Emma zupfte an ihrem Flatterhemdchen und errötete leicht. Sie sah furchtbar aus, doch der Scherz zauberte ihr ein kleines, entspanntes Lächeln auf die blassen Lippen und Mario war erleichtert. Was trieb sie im Bad? Erst lief gefühlt stundenlang das Wasser. Die dann folgende Stille und die Tatsache, dass er nicht hörte, wie sie ihre Tür geschlossen hatte, hatten ihn noch mehr beunruhigt. Es war zwei Uhr nachts und so müde, wie Emma am Abend ausgesehen hatte, hätte sie komatös und problemlos bis in den nächsten Tag hinein schlafen sollen. Was war also los?
»Du kannst wohl vor Aufregung nicht schlafen, weil du weißt, dass ich neben dir bin, was?« Mario trat näher und hielt
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