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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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nachdenklich und drückte seine Nase an der Glastür platt. „Ein ziemlich schauderhafter Anblick“, murmelte er, kramte einen schmalen, flachen Block aus der Brusttasche an seinem Kittel und notierte sich etwas. Dabei kaute er unentwegt auf seiner Unterlippe herum. Schon eigenartig, welch menschliche Gebären die Blutsauger benutzen, wo ich sie unwissenderweise immer für steife, kalte Untote gehalten hatte.
„Komm!“ Der Kerl mit Haiss´ Stimme zog mich am Oberarm sanft hinter sich her den schmalen Flur entlang und auf einen Raum zu, aus dem ein herrlicher Duft kam. Mein Magen schlingerte heftig. Vor Hunger war mir schon kotzübel. Der Raum entpuppte sich als Küche, mit eleganter, schneeweißer Einbauküche auf der einen Seite. Den Rest beanspruchte ein riesiger, runder Tisch für sich, um den im exakt gleichen Abstand, dunkelblaue Stühle angeordnet waren. Auf dem Herd köchelte die Gemüsesuppe von der Oma, die daneben stand, in einen ebenfalls dunkelblauen Kittel gehüllt. Sie lächelte, obwohl ich sie kurz zuvor ziemlich unhöflich angefahren hatte. „Setz dich, Kindchen!“, befahl sie bestimmt aber freundlich. Der Typ bugsierte mich auf einen Stuhl in direkter Nähe des Herdes. Jetzt ärgerte ich mich darüber, dass ich geplant hatte, die Suppe zu verschmähen. Sie roch göttlich! Sobald der tiefe Teller mir der Leckerei vor mir auf dem Tisch stand, ergriff ich den Löffel und schaufelte mir das heiße Zeug ohne Rücksicht auf den Verlust meiner Geschmacksknospen in den Rachen. Vergessen war der schauderhafte Anblick von eben. Ich würde mich garantiert so weit wie möglich von allen Fenster in der Klinik fern halten! Das Essen verschwand so schnell in meinem Mund, dass ich mich verbrannte. War ja klar! Der Typ lachte schallend, als ich zum Waschbecken hechtete und meine Zunge unter den laufenden Kaltwasserstrahl hielt. Die Oma schüttelte missbilligend den Kopf.
„Es ist genug da!“, murrte sie. „Außer dir und mir isst das sowieso niemand, also schling nicht so!“
„Es riecht auch nicht besonders appetitlich!“, gab der Kerl von sich. Kochlöffelschwingend stampfte die Oma auf ihn zu. „Frecher Bengel!“, schimpfte sie und hämmerte ihn den Holzlöffel mit voller Wucht auf den Kopf. Der Typ lachte nur noch lauter. Grummelnd schlurfte die alte Frau davon. „Iss dich ja richtig satt, Kleines!“, meckerte sie vom Flur und schloss die Tür von außen. Schlagartig erlosch sein Lachen. „Tut es sehr weh?“, wollte er wissen. Dass er plötzlich direkt neben mir stand, machte mich mehr als nur ein bisschen nervös.
„Nee“, meinte ich nur, stellte das Wasser ab und vergrößerte den Abstand zwischen uns, indem ich mich zurück an den Tisch setzte. Vom amüsierten Glitzern in seinen Augen war nichts mehr zu sehen. Er hatte sich ebenfalls wieder gesetzt und faltete seine Hände auf der Tischplatte.
„Verry“, sagte er nur. In diesen fünf Buchstaben schwebten die unterschiedlichsten Emotionen. Er streckte den Arm über die Tischplatte und legte die Hand mit der Innenseite nach oben darauf. Wollte er jetzt etwa Händchen halten, oder was? „Ich war zu weit weg, um die genaueren Umstände des Vorfalls wahrnehmen zu können. Was ist passiert?“
„Das geht dich überhaupt nichts an“, blaffte ich nur und starrte wütend auf meine Oberschenkel. Spontan war mir der Appetit vergangen.
„Ich fühle deinen Schmerz! Und ich habe gespürt, dass du die Kontrolle verloren hast!“, bemerkte er ruhig und schloss die Finger zur Faust. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand strich er über seine Schlagader. „Du bist in meinem Blut, Verry. Selbst jetzt fühle ich deine Verwirrung, die Angst!“
„ICH HABE KEINE ANGST!“, schnauzte ich und sprang auf. „Und wer zum Teufel bist du überhaupt, dass du glaubst, so eine Scheiße von dir geben zu dürfen?“ Er riss überrascht diese verwirrenden Augen auf und deutete mit einem fragenden Blick auf seine Brust. „Eh … ?“
„Ja … eh!“, äffte ich ihn nach.
„Erik Haiss?“
„Ja … klar!“, schnaufte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Erik sieht ganz anders aus!“
„Ach?“ Ehrliches Interesse blitzte in seinen hellen Augen auf und er verschränkte die Hände unter dem Kinn. „Wie denn?“ Ich wurde rot wie eine Tomate, was mich nur noch wütender machte. „Anders eben!“
„Ich bin ganz Ohr!“ Er grinste breit und entblößte makellose Zähne. „Durchschnitt halt. Meine Güte!“, murrte ich und plumpste zurück auf den Stuhl,

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