In den Armen des Eroberers
hart. »Wer sein Erbe ist.«
»Richard ist es nicht?«
Mit zusammengepreßten Lippen stand Vane auf. »Ich muß jetzt gehen – aber versprich mir, Devil von deinen Schlußfolgerungen zu berichten.«
Honorias Augen sprühten. »Das kann ich dir hoch und heilig versprechen.«
»Gut.« Vane sah sie an. »Falls es dir die Sache erleichtert: Ich möchte wetten, er ist auch schon auf diese Idee gekommen.«
»Du meinst, er weiß es?« Honoria streckte die Hand aus.
»Er weiß es, aber, wie es nun mal seine Art ist, wird er nichts sagen, bevor er den Beweis dafür hat.« Vane ließ Honorias Hand los. »Wenn du gestattest, möchte ich jetzt einem eigenen Gedanken nachgehen – je schneller wir deinem Gatten den gewünschten Beweis liefern, desto schneller haben wir den Mörder unschädlich gemacht.«
Um dies nicht hinauszuzögern, nickte Honoria und ließ ihn gehen. Lange nachdem sich die Tür hinter Vane geschlossen hatte, saß sie noch da und starrte auf die Wand. Sie begriff überhaupt nicht mehr, was los war.
Cynsters – sie folgten eigenen Gesetzen. Mit einem entrüsteten Schnauben stand sie auf und ging nach oben, um sich umzukleiden.
An diesem Abend speiste der Herzog von St. Ives zu Hause. Honoria wartete, bis sie sich in ihre Gemächer zurückzogen, dann zog sie ihr Kleid aus, schlüpfte in ihr Nachtgewand, huschte wie ein eifriges Stubenmädchen ins herzogliche Gemach, ließ ihren Peignoir fallen, trat aus den Pantoffeln und kroch zwischen die Laken.
Devil, mit dem Lösen seiner Krawatte beschäftigt, beobachtete interessiert ihre Vorstellung, doch sie beachtete sein Interesse nicht. Sie lehnte sich halb aufgerichtet zurück ins Kissen und sah ihn an. »Ich habe nachgedacht.«
Devil hielt in der Bewegung inne, dann zerrte er sich die weißleinene Krawatte vom Hals. Er knöpfte seine Weste auf und trat ans Bett. »Worüber?«
»Darüber, wer dir den Tod wünschen könnte.«
Er zog die Weste aus und setzte sich aufs Bett, um die Stiefel abzustreifen. »Bist du zu einem Schluß gekommen?«
»Ja, aber Vane sagte mir, daß mein Schluß nicht der richtige wäre.«
Devil blickte auf. »Vane?«
Honoria erklärte ihm alles. »Ich dachte natürlich, Richard wäre dein Erbe.«
»Ah.« Devil ließ den zweiten Stiefel fallen, stand auf, zog Hemd und Hosen aus und schlüpfte unter die Bettdecke. Honoria rollte zu ihm hinüber, er zog sie an sich. »Ich hätte dir wohl davon berichten sollen.«
Honoria spähte im Dämmerlicht in sein Gesicht; sie war fast sicher, daß er grinste. »Ja, das hättest du tun sollen. Was ist es denn?«
Devil lehnte sich ins Kissen zurück. »Du kennst doch Richards Spitznamen?«
»Scandal?«
Devil nickte. »Es ist eine Abkürzung. Der vollständige Beiname lautet: der Skandal, der keiner war.«
»Er selbst ist ein Skandal?«
»Richard ist mein Bruder, aber nicht der Sohn meiner Mutter.« Honoria blinzelte. »Ah.«
»Die Wahrheit über Richards Geburt ist seit drei Jahrzehnten ein offenes Geheimnis. Maman ist natürlich der Schlüssel dazu.«
Honoria verschränkte die Arme auf seiner Brust und sah ihm ins Gesicht. »Erzähl.«
Devil schlang die Arme um sie. »Als ich drei Jahre alt war, hatte mein Vater eine diplomatische Mission in den Highlands zu erledigen. Es gab Unruhen, und der Hof wollte mit den Säbeln rasseln, aber keine Truppen schicken. Da hielt man es für das Beste, einen Cynster zu schicken. Maman beschloß, meinen Vater nicht zu begleiten. Bei meiner Geburt hatte sie erfahren, daß sie keine weiteren Kinder haben würde, und deshalb hütete sie mich wie ihren Augapfel, was mir überhaupt nicht behagte.
Also reiste mein Vater allein nach Norden. Der Laird, den er …« Er hielt inne, suchte nach dem richtigen Wort.
»Einschüchtern sollte?« half Honoria ihm aus.
Devil nickte. »Dieser Laird, ein Rotschopf, hatte gerade geheiratet – es war eine arrangierte Eheschließung mit einer Schönheit aus dem Tiefland.«
»Schön muß sie wohl gewesen sein«, bemerkte Honoria leise.
Devil warf ihr einen Blick zu. »Wir Cynsters stellen Ansprüche, weißt du.«
Honoria schnaubte und versetzte ihm einen Stoß vor die Brust. »Was geschah?«
»Merkwürdigerweise wissen wir es nicht genau. Wir wissen wohl, daß die Mission meines Vaters ein Erfolg war; binnen vier Wochen war er wieder zu Hause. Richard tauchte zwölf Monate später auf.«
»Zwölf Monate?«
»Seine Mutter starb wenige Monate nach seiner Geburt. Ob sie gestanden oder ob ihr Gatte erraten hatte,
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