In Den Armen Des Normannen
eifrig zu lesen. Sie versuchte, seine Aufmerksamkeit abzulenken, indem sie im Feuer stocherte und dann vor seinen Augen ihr Haar bürstete, doch er sah nicht auf. Sie ging nervös hin und her, dann nahm sie all ihren Mut zusammen. »Mein Lord, was wird denn meine Strafe sein?«, fragte sie schließlich.
Er sah ihr in die Augen. »Mein Bett ist schon so viele Nächte kalt, Lillyth. Heute Abend werdet Ihr es mir wärmen, cherie.« Dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Buch. Schweigen senkte sich über den Raum.
Lillyth zog sich in ihren Teil des Zimmers zurück und beschäftigte sich mit dem Hemd, das sie für ihn nähte. Langsam und nachdenklich waren ihre Stiche. Die Arbeit wirkte so beruhigend auf sie, dass ihr Selbstvertrauen zurückkehrte und sie wusste, dass er alles schaffen würde, womit er prahlte.
Sie ging zu ihm, noch ehe die Stunde vorüber war. »Ihr hattet jetzt die Zeit, die wir vereinbart haben«, meinte sie. »Lasst mich hören, was Ihr gelernt habt.«
Er griente sie schelmisch an, dann begann er, die erste Seite in perfekter angelsächsischer Sprache vorzulesen. Als er sich dem Ende der Seite näherte, blickte er triumphierend auf und sah, dass ihr Gesicht voller Bestürzung war, voller Abscheu für das, was vor ihr lag. In ihrem Blick lag eine solche Furcht, dass er innehielt, sich räusperte und sagte: »Das letzte Stück hier kann ich nicht verstehen. Wollt Ihr es nicht für mich übersetzen, Lady?«
Tränen hingen an ihren Wimpern. »Danke«, antwortete sie leise.
»Lust ist für einen Mann wie ein Pferd, das schwierig zu reiten und zu kontrollieren ist, Lillyth. Gute Nacht.«
Nach einer Weile begann sie sich zu entspannen und schlief endlich ein, doch Guy war ungewöhnlich ruhelos. Er warf sich in dem großen Bett unruhig hin und her, sehnte sich danach, dass Lillyth neben ihm lag. Schließlich schlüpfte er leise aus dem Bett und ging zu ihr hinüber. Er betrachtete sie, wie sie schlafend in ihrem Bett lag, dann kniete er neben dem Bett nieder und nahm eine Strähne ihres Haares in die Hand. Das seidige Haar erregte ihn noch mehr, und er sehnte sich danach, ihre Haut zu streicheln. Noch nie zuvor hatte er so sehr nach einer Frau verlangt. Sein Verlangen überwältigte ihn beinahe. Er sehnte sich danach, zu ihr ins Bett zu schlüpfen und jede sanfte Rundung ihres Körpers zu streicheln. Er wollte seine Lippen auf die ihren pressen und tief in sie eindringen. Er wollte seiner Leidenschaft, die er schon viel zu lange unter Kontrolle gehalten hatte, freien Lauf lassen, wollte ihre Reaktion auf ihn sehen. Er kämpfte gegen sein wildes Verlangen an und ließ sie friedlich weiterschlafen, doch das war der größte Schmerz, den er je ertragen hatte. Der Sieger war vollkommen besiegt.
9
Auch am nächsten Tag regnete es noch, und der Reiter, den Guy zu William geschickt hatte, kehrte zurück. Guy sah voller Anerkennung zu, wie der Ritter sich zuerst um das Wohlergehen seines Pferdes kümmerte und es nicht einfach einem Stalljungen übergab. Der Ritter griente. »William hat die Festung von Dover eingenommen, nachdem er sie nur acht Tage lang belagert hatte. Er war sehr erfreut über Eure Botschaften und schickt Euch dies hier.« Er reichte Guy ein versiegeltes Paket.
»Kommt mit in die Halle, und nehmt eine Erfrischung zu Euch«, forderte Guy ihn auf. »Erzählt mir von der Situation in Dover.«
»Nun, die Menschen dort hassen uns Normannen, aber sie haben William maulend akzeptiert.« Er lachte. »Was hatten sie auch für eine andere Wahl? Er hat bereits den Spitznamen William der Eroberer bekommen. Ich glaube nicht, dass er Schwierigkeiten haben wird, London einzunehmen, und wenn er erst einmal zum König gekrönt worden ist, wird hoffentlich ein großer Teil des Hasses und der Ablehnung uns gegenüber verschwinden.«
»William kann man leicht hassen, aber man könnte ihn niemals verabscheuen. Ich denke, diese Angelsachsen werden niemals zu Normannen werden, mein Freund. Wir alle werden uns verändern und zu Engländern werden müssen. Das schaffen wir vielleicht erst in der nächsten Generation. Angelsachsen sind ungehorsam wie der Teufel, hier geht alles nach ihren Sitten oder nach dem Aberglauben«, behauptete Guy
»Bei meinen Reisen habe ich schon herausgefunden, dass England voller eigenartiger Menschen ist, aber das ist einer der Reize von diesem Land.« Sie lachten beide.
Guy goss ihnen Wein ein, dann öffnete er das versiegelte Paket und sah sich den Inhalt an. Er
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