In den Armen des Spions
erkundete.
Wieder erwiderte er den Kuss nicht, aber er reagierte -das konnte sie fühlen. Sie konnte fast den Kampf in ihm spüren, wie er um Beherrschung rang und darum, den Zentimeter Abstand zwischen ihnen zu wahren, sie nicht in die Arme zu schließen und sie nicht zurückzuküssen.
Es war ein Gefecht, das er gewann - zur Hölle mit ihm!
Als ihr schwindelig zu werden begann, war sie gezwungen, sich von ihm zu lösen.
Gareth musste tief Luft holen, als ihre Lippen nicht länger seine berührten, er legte seinen Instinkten eiserne Fesseln an und wankte fast, so kräftezehrend war das.
Er zog die Brauen zusammen und schaute sie forschend an.
»Wofür war das?«
Sie kniff die Augen zusammen, und in den moosgrünen Schlitzen glitzerten goldene Funken.
»Das war, um Sie zum Schweigen zu bringen. Und mir für gestern Abend zu danken.«
Damit wirbelte sie herum und verschwand verärgert mit raschelnden Röcken zur Kajütentreppe.
Gareth verfolgte, wie sie über die steilen Stufen nach unten verschwand.
Sie ließ ihn mit ihrem Geschmack auf seinen Lippen stehen.
Und restlos verwirrt - er konnte sich keinen Reim auf sie machen.
11 . Oktober 1822
Morgens
ln meiner Kabine an Bord von Kapitän Ayabads Schoner
Liebes Tagebuch,
ich fürchte , dass ich in Bezug auf Gareth Hamilton in der Gefahr schwebe, jegliches Anstandsgefühl zu verlieren. Ich habe ihn wieder geküsst, am helllichten Tag am Schiffsheck, wo jeder uns hätte beobachten können. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das jemand getan hat, aber ich war derart aufgebracht, dass ich weggegangen bin, ohne mich zu vergewissern.
Meine Verstimmung war natürlich allein seine Schuld. Er hat zugegeben, dass er zu Beginn unserer Reise in mir vor allem seinen Schützling gesehen hat - eine Bürde, die er tragen muss. Zweifellos durch seine Ehre verpflichtet. Ha! Ich weigere mich, in einem solchen Lichte betrachtet zu werden - dass er mir gegenüber so gönnerhaft eingestellt ist. Nach den jüngsten Ereignissen jedoch sieht es ganz so aus, als passe er seine Sichtweise an. Das soll mir recht sein. Da er wohl tatsächlich der eine Mann für mich ist, ist es unverzichtbar, dass er in mir die Dame erkennt, mit der er den Rest seines Lebens verbringen will.
Was zu großen Teilen der Grund ist, weswegen ich ihn erneut geküsst habe - um dabei behilflich zu sein, seine Sichtweise zu ändern. Das kann ich nicht bereuen. Mein nächster Schritt wird ganz klar sein müssen, ihn dazu zu bringen, dass er mich zurückküsst. Einen Augenblick lang hatte ich gehofft, er würde es tun, aber er braucht offenkundig noch mehr Ermutigung, um diese Linie zu überschreiten.
Mein Entschluss ist gefallen, ihm weiter zuzusetzen - da er sich so vielversprechend entwickelt, bin ich nicht gewillt, ihn gehen zu lassen. Mit jedem Tag, der verstreicht, wächst in mir die Überzeugung, dass er es ist. Alles, was ich an ihm beobachte, ist lobenswert und anziehend ... nun, bis auf seine Neigung, über alles zu bestimmen. Und seine fortgesetzte Zurückhaltung, um nicht zu sagen Sturheit, mit der er es sich verbietet, auf mich zu reagieren. Ich weiß, dass er gegenüber der Anziehung zwischen uns alles andere als immun ist.
Leider hat sich gestern keine neue Gelegenheit ergeben, meine Sache voranzutreiben. Nachdem ich jenen zweiten Kuss gestohlen hatte, war ich der Ansicht, es nicht noch einmal versuchen zu dürfen - am Ende sieht er mich noch als Frauenzimmer mit lockerer Moral. Heute wird sich schwerlich eine weitere Chance bieten, aber Kapitän Ayabad hat gesagt, dass wir morgen Suakin anlaufen werden. Dort werden wir einen Tag verbringen, an Land, wodurch sich gewiss neue Möglichkeiten auftun werden.
Wir werden sehen.
E.
Am nächsten Morgen glitt der Schoner in ruhigem Fahrwasser in die Bucht, in deren Schutz die alte Hafenstadt Suakin auf einer Insel lag, die durch einen schmalen Damm mit dem Festland verbunden war. Die Insel bildete den Mittelpunkt der geschäftigen Stadt. So weit Emily sehen konnte, bedeckten Gebäude die gesamte Insel bis ans Wasser.
Ihr Schiff fuhr in einem Bogen zu einem Anlegeplatz. Dabei kamen sie an allen möglichen Schiffstypen vorbei, aber abgesehen von ein paar Lastkähnen auf der einen Seite war keines größer als ein Schoner.
Kapitän Ayabad stellte sich zu ihr, Gareth, Dorcas und Watson an den Bug.
»Wir müssen Wasser und Vorräte an Bord holen, was den meisten Teil des Tages in Anspruch nehmen wird, aber ich bin darauf erpicht, am
Weitere Kostenlose Bücher