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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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liebe dich!“, rief sie in das Tosen des Windes hinein.
    Doch Thore hatte sich umgewendet und war davongegangen, ohne auf ihre Worte zu achten.
    ***
    Er lief mit weit ausholenden Schritten am Meer entlang und bemerkte in seinem Zorn nicht einmal, dass die Wellen ihm über die Füße schlugen und seine Schuhe durchweichten. Sie hatte ihn also angelogen, diese falsche Schlange. Was für ein jämmerlicher Dummkopf war er doch gewesen. Nackt und verführerisch hatte sie vor seinen Augen ihre Druidenzeremonie vollzogen, und er hatte nicht gewagt, sie zu berühren, denn er hatte geglaubt, ihr damit die Seherkraft zu rauben. Wie musste sie da heimlich über ihn gelacht haben, diese hinterhältige Lügnerin.
    Und doch behauptete sie, ihn zu lieben. Er blieb kurz vor dem Wikingerlager stehen, beschattete die Augen und tat, als müsse er den Horizont des Meeres absuchen. In Wirklichkeit versuchte er, das Durcheinander in seinem Inneren zu bewältigen.
    Sie hatte ihn listig getäuscht. Aber sie war die süßeste Verführerin, die zärtlichste Geliebte, die ein Mann sich nur wünschen konnte. Sie war widerspenstig und herrisch, weigerte sich stur, seine Frau zu werden und ihm in seine Heimat zu folgen. Aber sie hatte sein Leben gerettet.
    Er stöhnte tief auf, denn der Zwiespalt schien umso größer zu werden, je länger er darüber nachgrübelte. Er misstraute ihr, und zugleich hing er an ihr, er war zornig auf sie, und dennoch spürte er, dass eine geheimnisvolle Kraft ihn zu ihr hinzog, gegen die es kaum ein Mittel gab.
    Wütend stieß er mit dem Fuß in ein Häuflein Muscheln und bespritzte sich die halblangen Hosen mit Meerwasser.
    Bei Odin, er würde sich nicht von dieser Druidin auf der Nase herumtanzen lassen. Niemals würde er ihretwegen hier im Land der Franken bleiben – sie hatte ihm nach Norwegen zu folgen. Rodena sollte ihm ganz und gar gehören, Tag und Nacht um ihn sein und mit ihm in seinem Haus leben. Er würde ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Mit ihr würde die Dunkelheit schwinden, und die langen Wintertage würden ihre Schrecken verlieren. Rodena war das Licht, das er in sein dunkles Haus tragen wollte, und es würde so hell strahlen, dass er keine einzige Kerze mehr anzünden musste.
    Weshalb stellte sie sich so an? In Norwegen gab es Dutzende von Frauen, die sie um eine solche Heirat beneiden würden, denn er war reich und mächtig.
    Er stand unbeweglich, starrte aufs Meer, der Wind zauste an seinem Haar. Tief sog er die feuchte Seeluft in seine Lungen, sie tat ihm wohl, denn es war der Geruch seiner Heimat. Sein Entschluss war gefasst: Er würde nicht nachgeben, Härte zeigen und sich vorerst von ihr fernhalten. Zugleich aber musste er dafür sorgen, dass sie keine neuen Dummheiten machte und sie gut im Auge behalten. Sie würde ihm in seine Heimat folgen – ganz gleich, ob sie wollte oder nicht. Wenn sie einmal in Norwegen war, würde sie schon einsehen, dass sie kein schlechtes Los getroffen hatte, denn er würde sie mit all seiner Liebe umgeben und alles tun, was in seiner Macht stand, um sie glücklich zu machen.
    Er stapfte ins Lager und fand Ubbe im Kreis seiner Kameraden, man war eifrig dabei, sich die Beute auszumalen, die in der Normandie auf sie wartete. Der rauhbeinige Ubbe war einer der wenigen Männer, denen er blind vertraute, denn sie kannten sich seit ihrer Kindheit.
    Thore fasste den Freund bei der Schulter und zog ihn beiseite.
    „Lauf und bring die Druidin zurück“, gebot er ihm. „Sie ist dort hinunter und kann noch nicht weit gekommen sein.“
    Ubbe zog unwillig die Brauen zusammen, denn der Auftrag kam ihm lächerlich genug vor. „Weshalb läufst du nicht selbst?“, murrte er. „Ist sie meine oder deine Sklavin?“
    „Bist du mein Freund oder nicht?“
    Thores Miene war missmutig, fast drohend, und Ubbe begriff, dass sein Anführer in einem scheußlichen Zwiespalt steckte. Seufzend erhob er sich, verkniff sich ein Grinsen und meinte gutmütig: „Natürlich bin ich dein Freund. Kämpfe für dich, sterbe für dich und fange dir auch deine Druidin wieder ein!“
    Thore schwieg verbissen, sah ihm eine Weile nach und überlegte, was er tun würde, wenn Ubbe Rodena nicht mehr fand. Doch er beruhigte sich mit dem Gedanken, dass sie gewiss nicht wirklich die Absicht gehabt hatte davonzulaufen. Ohne Zweifel hielt sie sich irgendwo in der Nähe auf, und Ubbe würde sie schon erwischen.
    Er schüttelte die Sorgen ab und besann sich auf seine Rolle als Anführer, der sich

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