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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zehn Tagen Ruhe, dann sollte der Zug weitergehen in die Mondberge. Einige Kampftruppen waren ständig unterwegs und lenkten die Regierungstruppen ab, ein anderer Teil des Stammes zog kampflos weiter nördlich an der kongolesischen Grenze entlang den Mondbergen zu. Er bestand hauptsächlich aus Frauen und Kindern und einer Kompanie Soldaten, wie Kirugu und Budumba ihre Streitmacht ganz modern nannten und auch einteilten. Sie hatten Leutnants und Hauptleute ernannt, es gab einen Major und einen Oberst; Budumba nannte sich schlicht General, Kirugu war der König. Alle militärischen Operationen bereiteten sie auf einer Karte vor, die Budumba noch als Taxichauffeur in Nairobi gekauft hatte. Mit Rotstift hatte er ein Gebiet ummalt, das von den Ruwenzori-Bergen bis zum Albert-See reichte: Das neue, selbständige Reich der Bwambas!
    »Wir haben über zweihundert Verwundete«, sagte Kwame Kirugu böse und sah seinen Vetter Budumba an, der im Schmuck des Zauberers, bizarr und bunt bemalt, behängt mit Ketten aus Glasperlen und Zähnen von Leoparden und Löwen, neben ihm auf einem erbeuteten Campingstuhl saß. »Du hast versprochen, sie zu heilen! Was ist daraus geworden? Sie haben Fieber, stöhnen vor Schmerzen und müssen von den anderen getragen werden. Es wird nicht mehr lange dauern, und dein Zauber hat keine Wirkung mehr. Es wird Zeit, daß Malanga bald zu uns kommt. Er ist ein richtiger Arzt. Er allein kann uns noch helfen!«
    Nabu Budumba schwieg. Er war ein finsterer Mann, der immer mit halbgeschlossenen Lidern herumging und mit einem geschnitzten Stock jeden aus dem Weg prügelte, der ihm begegnete. In Nairobi, in den Slums am Rande der Stadt, hatte er den Plan geboren, aus den Bwamba-Bantus, denen er entstammte, einen eigenen Staat zu machen. Nach langen Palavern hatte er seinen Vetter Kirugu überredet, sich zum König ausrufen zu lassen und dem Stamm das neue Königreich in den Mondbergen zu versprechen. »Die Götter selbst auf dem weißen Dach der Welt haben uns den Befehl gegeben!« hatte Budumba bei der Proklamation Kirugus zum König Kwame I. ausgerufen, und die Bantus hatten mit den Stirnen auf der Erde gelegen. »Wir sind das älteste Volk der Erde, wir haben ein Recht, selbständig zu sein wie andere Völker. Was wir auch tun, Brüder … die Götter auf dem Dach der Welt stehen neben uns und helfen uns!«
    Das hörte sich so lange gut an, wie die Bantus ungehindert durch das Land ziehen konnten. Als die Pflanzer sich wehrten, als Männer wie Sander und Harris sich verbissen verteidigten, als vor allem die ersten Regierungstruppen mit automatischen Waffen in den Kampf eingriffen, waren die Götter der Mondberge plötzlich weit. Es gab Tote und viele Verwundete, und es gab vor allem kein Zurück mehr. Budumba sagte es dem Stamm ganz klar:
    »Wir müssen weiterkämpfen, Brüder! Die Regierungssoldaten kennen keine Gnade. Jeder, der sich ergibt, wird an Bäumen aufgehängt und wie ein Schwein zerhackt. Es gibt kein Erbarmen mehr! Wir müssen siegen, auch wenn wir dafür bluten müssen.«
    Um alle Zweifler zu überzeugen, daß die Götter bei ihnen waren, ließ Budumba seine Zaubertricks los, die er in Nairobi für drei Pfund im Laden gekauft hatte. Er zauberte Kaninchen aus einem Zylinder und holte aus einem dünnen Röhrchen hundert seidene, bunte Fähnchen.
    Die Bantus jubelten und glaubten an die Liebe der Götter.
    Anders Kwame Kirugu. Er hatte bald erkannt, in welches Abenteuer er sich da eingelassen hatte. Auch für ihn gab es kein Zurück, aber er suchte verzweifelt nach einem Ausweg, diesem Wahnsinn, in den ihn sein Vetter getrieben hatte, wieder zu entkommen. Seine ganze Hoffnung war Julius Malanga, der große, gelehrte Doktor, der Sohn seines Bruders. Malanga kam aus der Welt des Fortschritts, sein Wort würde Geltung haben, er war klüger als der ganze Stamm zusammen. Malanga … das war für Kirugu wie ein Zauberwort, ein Gegenzauber zu Budumba, dessen Macht erlosch, wenn Malanga gekommen war.
    »Warum hilfst du nicht den Verwundeten?« fragte Kirugu jetzt.
    »Wie?« Budumba hob den federgeschmückten Kopf. »Wir haben keine Medikamente.«
    »Du hast den Kriegern versprochen, deine Worte würden die Wunden schließen!«
    »Kwame! Du weißt genau, daß das unmöglich ist.«
    »Aber sie glauben es! Sie fordern es von dir! Was willst du ihnen sagen? Die Götter haben mich verlassen? Sie werden dich erschlagen, Nabu!« Kirugu beugte sich über die Karte, in der sein Reich eingezeichnet war. Ein

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