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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Arbeitern Brot und Sicherheit gab.
    Auf einem Kahn waren Kirugu, seine Frauen, Budumba und Gisela Sander auf die Gefangeneninsel gekommen. Sie standen seitlich, flankiert von federgeschmückten Kriegern. Über der Insel und den Hunderten von Menschen lag eine bedrückende Stille. Nur die Fackeln prasselten. Es war, als wagte niemand, richtig durchzuatmen.
    Robert Sander, der sich als Lagerleiter vordrängte und sich bei Budumba beschweren wollte, daß man seit zwei Stunden herumstand ohne Erklärung, wurde von dem Kompanieführer der Bwambas zurückgestoßen.
    »Ruhe!« sagte der ›Oberleutnant‹ grob. »Zurück! Hier gibt es keine Erklärungen!«
    Budumba trat auf den freien Platz und stellte sich neben den gefesselten Farmer. Er hatte wieder seine Zauberertracht an: die Federn, die Leopardenjacke, die klingenden Glöckchen und rasselnden Glasperlen. Die Fackel in seiner Hand beschien zuckend sein rotbemaltes Gesicht.
    »Dieser weiße Mann hier«, sagte er und legte seine andere Hand auf dem Kopf des Farmers, »hat sieben unserer Krieger getötet. Er hat sie erschossen, erschlagen, den letzten sogar erwürgt. Er tat es, obgleich wir ihm sagten: Dir geschieht nichts! Du sollst nur mitkommen. Er glaubte uns nicht … er mordete.« Budumba sah kurz hinüber zu Gisela Sander, die neben Kirugu stand, der auf den Boden stierte. »Die Götter – ich habe sie gefragt – sind böse!« schrie Budumba hell. »Sie werden uns bestrafen, weil wir zu schwach sind, zu ängstlich, zu unterwürfig, denn dieses Land ist unser, von der Erschaffung der Welt an! Versöhnen wir die Götter, indem wir stark sind, so, wie sie uns sehen wollen!« Sein Arm fuhr zurück und zeigte in die Dunkelheit nach Süden, dort, wo die Mondberge nun von der Nacht verschlungen waren. Aber jeder Bantu wußte, wohin Budumba zeigte. »Dort sitzen sie jetzt und sehen auf uns herab!« schrie er. »Sie erwarten uns!« Er hob die Fackel und schwenkte sie über seinen Kopf! »Ihr Götter … wir gehorchen!«
    Budumba winkte. Aus der Dunkelheit trat ein riesiger Bantu mit bloßem Oberkörper. In der Hand hielt er eine große, blitzende Machete, jenes leicht gebogene, breite, rasiermesserscharfe Buschmesser, mit dem man sich einen Weg durch Urwald und Steppe schlagen kann.
    Langsam ging er auf Budumba und den weißen Farmer zu und blieb hinter dem Weißen stehen.
    »Das ist unmöglich«, flüsterte Robert Sander heiser. Er hatte den Arm um Ingeborgs Schulter gelegt und preßte sie plötzlich an sich. »Mein Gott … sieh weg … sieh nicht hin … dreh dich um …«
    Auch Gisela Sander reagierte. Sie wollte vorstürzen, aber Budumba war schneller, fing sie auf und drängte sie in die Dunkelheit zurück. Dort faßten sie zwei Krieger und hielten sie fest.
    Dann ging alles schnell.
    Der riesige Bantu holte aus, die Scheide seiner Machete blitzte im Fackelschein, es knirschte laut, als er die Halswirbel des Farmers durchtrennte und den Kopf mit einem gewaltigen Hieb abschlug. Der enthauptete Körper fiel nach vorn, das Blut spritzte auf den Boden … es war ein grauenhafter Anblick, den niemand vergessen würde, der es miterlebte.
    Unter den weißen Gefangenen war lähmende Stille. Nur eine einzige Stimme erhob sich und klang über alle Köpfe hinweg.
    »Gott gebe dir Frieden!« sagte Pater Fritz. »Herr, nehme ihn auf in deinen Himmel. Amen!«
    Und vierhundert trockene, vor Entsetzen verkrampfte Kehlen antworteten in dumpfem Chor: »Amen!«
    Budumba war zufrieden. Er ließ den Körper wegtragen. Er hatte seine unbegrenzte Macht demonstriert. Das Entsetzen in Giselas Augen erfreute ihn. Eines Tages wird sie reif sein wie eine Frucht, die vom Baum fällt, dachte er. Und sie wird in meine Arme fallen. Dann besitze ich alles, was ein Mensch besitzen kann: Macht, ein Volk und eine weiße Frau.
    Auf der Gefangeneninsel fand in dieser Nacht niemand Schlaf. In den Hütten lag man nebeneinander, das Bild des geköpften Farmers immer vor Augen.
    Was bedeutete das? Hatte die Regierung Verhandlungen abgelehnt? Begann jetzt das Abschlachten? Wer war an der Reihe? Wurde man einzeln umgebracht oder in Gruppen?
    Pater Fritz hatte viel zu tun in dieser Nacht. Er ging von Hütte zu Hütte und tröstete die Frauen, so gut er es mit Worten vermochte. Er kam auch zu Robert Sander, der Ingeborg Kraemer zu sich geholt hatte. Zum erstenmal hatte sie vergessen, aus dem Gesehenen eine Story zu machen.
    »Ich habe es mir überlegt«, sagte Pater Fritz. »Ich komme nicht mit. Ich bleibe

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