In den Klauen des Löwen
halbdunklen Hütte. Dann tat Robert Sander das Fürchterlichste, das überhaupt möglich war.
Er lachte schallend.
Über das Gesicht Malangas fiel eine eiserne Maske.
Er ließ Robert Sander auslachen, ohne ihn zu unterbrechen. Er stand stumm, hochaufgerichtet vor ihm und ertrug diese Schmach, die sich tiefer in sein Herz brannte als alle bisherigen Demütigungen.
Robert schien zu spüren, daß sein Lachen für Malanga grausamer war als Schläge ins Gesicht. Abrupt brach er ab und sah Malanga mit verkniffenen Lippen an.
»Warum lachen Sie, Sir?« fragte Malanga heiser. Sein Gesicht war so versteinert, daß die Worte aus seinem Mund kamen, ohne daß sich die Lippen bewegten. Robert Sander zog das Kinn an.
»Haben Sie schon mit Corinna darüber gesprochen?« fragte er zurück.
»Nein.«
»Und Sie glauben, daß Corinna einverstanden wäre, wenn sie es wüßte?«
»Ich sehne es herbei.«
»Zwischen Sehnsucht und Erfüllung liegt oft ein ganzes Meer, und wer kein Boot hat oder schlecht schwimmen kann, kommt nie hinüber.« Robert Sander wandte sich um. Gisela hatte sich an die Hüttenwand gedrückt; für sie waren die Worte Malangas nur eine Wiederholung der Anträge Budumbas. Sie wußte, zu welchen Grausamkeiten diese verschmähten Liebhaber fähig waren. Die Hinrichtung des weißen Farmers auf der Sumpfinsel, dieser Beweis von Budumbas Macht, würde sich wiederholen, das ahnte sie. Nur würde es noch grausamer werden. Neben den primitiven Haß Budumbas war nun der intellektuelle Haß Malangas getreten.
»Warum fragen Sie uns, Malanga?« sagte Gisela mit zitternder Stimme. »Es ist Ihre und Corinnas Sache. Nehmen Sie es Robert nicht übel, daß er lachte … er wollte Sie nicht beleidigen.«
»Was heißt beleidigen?« Robert Sander steckte die Hände in die Taschen seiner ausgeblichenen, an vielen Stellen zerfetzten Hose. »Sie sind Arzt, wie Sie eben sagten. Sie sind also ein intelligenter Mensch. Können Sie – wenn Sie sich in meine Lage versetzen – nicht verstehen, daß ich Ihren Antrag als absurd betrachte?«
»Nein«, antwortete Malanga kurz.
»Ihre Krieger haben unsere Farm niedergebrannt, sie haben meine Eltern und unsere treuen Arbeiter bestialisch hingeschlachtet, sie haben uns einen Haß auf alles Schwarze eingebrannt, der durch nichts mehr zu löschen ist … Und da kommen Sie und wollen Corinna heiraten!«
»Als diese Greuel geschahen, war ich noch nicht in Uganda.« Malangas Stimme war abgehackt und merkwürdig hohl. »Es wäre nie geschehen. Aber nun bin ich hier, und ich werde die Verantwortlichen für diese Taten bestrafen.«
»Davon werden meine Eltern nicht wieder lebendig.«
»Mehr als diese Sühne kann ich Ihnen nicht anbieten.«
»Doch!« Durch den Körper Roberts lief ein Zittern. Er dachte an die schrecklichen Stunden in Kitumba, als die Bantus, die man für ein friedliches Volk gehalten hatte, heranzogen, plötzlich in breiter Front die Farm überschwemmten, mit Buschmessern, Speeren, Revolvern und einigen Gewehren ein Gemetzel unter den Arbeitern anrichteten, die Häuser in Brand setzten und dann schreiend das Herrenhaus umstellten, in das sich die Sanders geflüchtet hatten. Er sah wieder die Minuten vor sich, als die Bantus das Haus stürmten, Gisela wegschleppten, ihn, Robert, mit sechs Männern festhielten und er zusehen mußte, wie man seine Mutter mit einem Buschmesser aufschlitzte und seinen Vater als Zielscheibe der langen Speere an die Zimmerwand stellte.
»Ich weiß, daß ich keine Chance zum Überleben habe«, sagte Robert Sander langsam. »Warum man uns über Hunderte von Kilometern mitschleppt, ist mir ein Rätsel. Vielleicht hofft Budumba, durch mich als Geisel meine Schwester zu bekommen. Er müßte wissen, daß es vergeblich ist. Gisela und ich sind uns einig: Keiner wird um des anderen willen nachgeben. Und nun kommen Sie auch noch und wollen Corinna haben. Ist das nicht zum Lachen? Ein Lachen, das in der Kehle gefriert?«
Malanga betrachtete Gisela Sander, und zum erstenmal seit Minuten zeigte sein Gesicht eine Regung. Es verzog sich zu einem schwachen Lächeln.
»Sie können ruhig sein, Miß Sander«, sagte er. »Budumba wird Sie nicht mehr belästigen. Ich gebe Ihnen mein Wort.«
»Und was haben Sie sonst noch mit uns vor, Doktor?«
»Ich möchte, daß Sie meine Gäste sind.«
»Ach! Ein gefälligeres Wort als Gefangene, nicht wahr?«
»Sie werden mich in die Mondberge begleiten. Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, einen Auftrag meinem Volke
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