In der Arena von Antares
wenn dir deine Heimat fortgenommen worden wäre!«
Diese Haltung ließ sich nicht nur damit erklären, daß er mich für einen Kameraden hielt. Der nächste Soldat in der Reihe stützte sich auf einen Ellbogen. Er hatte ein gebrochenes Bein, das geschient worden war.
»Aber was haben wir davon, frage ich dich! Wir kämpfen – aye, und ich bin stolz, daß ich für Canopdrin kämpfen darf. Aber ein bißchen mehr Beute würde ich mir schon wünschen.«
Ich hatte die Männer bereits als Soldaten eingestuft, die von Patriotismus angetrieben wurden und nicht von der Geldgier des Söldners. Im weiteren Verlauf des Gesprächs begriff ich etwas von der Einstellung der canoptischen Soldaten. Sie waren ein wilder Haufen, wie fast in jeder Armee. Sie verpflichteten sich für längere Perioden und rechneten dabei mit schweren Kämpfen, denn sie hatten früher energische Auseinandersetzungen mit einer Nachbarinsel im Nebelmeer gehabt.
Als Canopdrin unbewohnbar wurde, hatten sie die Entscheidung ihres Königs und seiner Pallans begrüßt, in Migla einzufallen. Doch wie überall und immer hatten die Würdenträger das größte Stück vom Kuchen.
Der Mann mit der Bauchwunde – er hieß Naghan der Trinker, denn er war immer durstig – begann wirr zu reden, und ich hatte schon Angst, daß er ein Opfer des Fiebers werden würde. Er versuchte sich plötzlich aufzurichten. Seine Augen waren weit aufgerissen und glänzend. »Ich habe gekämpft, bei Opaz! Ich habe gekämpft!«
Daraufhin richtete sich sein Nachbar auf, schleppte sich zu Naghan und drückte ihn vorsichtig wieder auf sein Lager, eine Hand über sein Gesicht gelegt.
»Sei still, du Onker!« sagte er hastig. »Beim Herrlichen Leem, du wirst es überleben!«
Da wurde mir manches klar. Lem, der Silber-Leem, war das übernatürliche Wesen, das von den Canops angebetet wurde. Sein Abbild war überall zu finden. Der Leemkult hatte die Lehren Migshaanus überrollt. Aber Naghan der Trinker hatte im Delirium den Namen Opaz', der großen Zwillingsgottheit, angerufen, die unsichtbar und allmächtig ist, den Namen jener Gottheit, die in den Religionen Pandahems und Vallias und vieler anderer zivilisierter Völker eine Rolle spielt. Lem, der Silber-Leem, hatte also die Anhänger Opaz' unterdrückt, ehe er Migshaanu verdrängte.
Jedgul, so hieß der Mann, der dem Schwerverletzten beigestanden hatte, sah mich über Naghans Körper hinweg an. »Naghan der Trinker ist ein guter Kamerad, Dom. Du bist Soldat, du willst ihn doch nicht etwa verraten?«
»Keine Sorge«, sagte ich.
Jedgul ließ sich offenbar erleichtert zurücksinken.
»An allem sind die Offiziere schuld«, sagte er mit leiser Stimme. Diese Klage ist in jeder Armee zu vernehmen, so daß ich normalerweise nicht darauf geachtet hätte, doch Jedgul fügte hinzu: »Sie halten sich für ausgesprochen vornehm. Ein einfacher Soldat darf ihre Lem-Tempel nicht einmal betreten. Sie bekommen stets das Beste. Ich wette, deine Offiziere tun im Augenblick dasselbe wie die anderen – sie saufen sich einen an und belästigen Shishis ... Du hast mir noch gar nicht gesagt, aus welchem Regiment du kommst.«
Ich hatte seinen Schild gesehen, auf dem oben ein springender Leem abgebildet war, darunter ein schwarzer Neemu mit den Ziffern elf und eins. Er gehörte also zur ersten Pastang des elften Infanterieregiments. Zu Beginn der Schlacht hatte ich mich über die beteiligten Regimenter des Gegners informiert und suchte mir nun eine Abteilung aus, die von Jedguls Truppe weit entfernt gewesen war.
»Drittes Regiment«, sagte ich beiläufig. »Hikdar Markman hat sich bestimmt zwei Shishis gesichert!«
Jedgul lachte leise vor sich hin. »Aye, Nath«, meinte er – ich hatte mich unter diesem Namen vorgestellt. »Und König Capnon kann heute nacht ungestört in seinem Bette schlafen.«
Als am Feuer Ruhe eingetreten war, rollte ich mich langsam zu Turko hinüber und weckte ihn vorsichtig.
Er war sofort wach.
»Ein Arzt hat sich um dich gekümmert, und ein hübsches Mädchen hat dich versorgt – wir haben Glück gehabt, Turko. Aber jetzt müssen wir hier verschwinden.«
Er musterte mich abschätzend, richtete sich aber auf, und wir schlichen vorsichtig durch die mondhellen Schatten Kregens.
Gegen Ende des folgenden Tages holten wir die Reste der Migla-Armee ein und kehrten mit dem traurigen Haufen in das Berglager zurück. Wir hatten unvorstellbare Verluste zu beklagen. Hamp und Med waren verwundet; doch ihr Mut war ungebrochen,
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