In der Gruft der Moenche
passierte nichts, dann tauchten zwei vermummte Gestalten auf. Mit Spitzhacke und Schaufel gruben sie die Erde auf. Ãffneten den Sarg.
Sie sahen einen Mann mit schwarzem Anzug im Sarg liegen. Eher klein und unglaublich dürr. Leichenblass geschminkt. Seine schwarzen Haare waren mit Gel streng zurückgekämmt. An seinem Kinn hing wie angeklebt ein spitzer Ziegenbart. Plötzlich riss er die Augen auf.
Kitty kreischte. Ihr war es, als würde Branco Nagurski nur sie anschauen und sagen: » Kindchen, Kindchen, was tust du da blo�« Dass der Film keinen Ton hatte, machte ihn für Kitty noch viel gruseliger.
Mit eckigen Bewegungen stieg Doktor Jezebel aus dem Grab. Klopfte sich die Erde vom Jackett und klemmte sich ein Brillenglas ins rechte Auge. Ein Monokel. Seine Augen blitzten irre.
» Das also ist Branco Nagurski«, sagte Victor ein bisschen zu laut. Eine Gänsehaut lief über seinen Rücken. Der Typ war auch im richtigen Leben verrückt gewesen, da war er sich ganz sicher.
» Ich kann verstehen, warum die Menschen seine Filme sehen wollten«, gab Adam zu. » Echt schaurig, wie der aussieht.« Er drehte sich zu Schorsch um. » Hast du eigentlich keine Angst?«
Schorsch schüttelte den Kopf. » Nein. Der tut doch bloà so.«
Adam nickte und wandte sich wieder dem Film zu. Im Laufe der nächsten Stunde verschleppte die Bande von Doktor Jezebel einen Bankdirektor. Jezebel hypnotisierte ihn und der Mann raubte für den verrückten Doktor seine eigene Bank aus. Später stürmte die Polizei das halb verfallene Hotel, in dem Jezebel sich eingenistet hatte, und der Doktor starb in einem Kugelhagel. Die Polizisten wälzten ihn auf den Rücken, das Monokel fiel auf die StraÃe. Der Polizeichef trat genüsslich auf das Glas, bis es zersplitterte, dann fuhr er zufrieden davon. Die Worte: The End erschienen.
Victor wollte gerade einen Kommentar abgeben, da wurde noch einmal das Gesicht des toten Doktor Jezebel gezeigt. Der angebliche Leichnam öffnete langsam beide Augen und starrte triumphierend in den Zuschauerraum. Sein wirres Gehirn arbeitete bereits an den nächsten Verbrechen.
» ScheuÃlich!«, fand Kitty und setzte sich auf. » Dass die Leute dafür Geld bezahlt habenâ¦Â«
» Ich fandâs cool«, prahlte Victor. » Wenn man nicht darüber nachdenkt, wer da die Hauptrolle gespielt hat.«
Adam sagte nichts. Eine Frage war in seinem Kopf aufgeblitzt. Eine wichtige Frage. Ganz kurz nur. Doch bevor er sie hatte stellen können, war sie wieder in den Tiefen seines Hirns verschwunden gewesen.
Dann jedoch fiel sie ihm wieder ein. » Sag mal, Schorsch, wo hast du eigentlich den Film gefunden?«
Schorsch stand auf. » Der lag im Regal von Zimmer 313. Da sind noch mehr Filme. Soll ichâs euch zeigen?«
Nächtliche Begegnung mit Eismann
Um Punkt Mitternacht wurde Adam von einem gleichmäÃigen Piepsen geweckt. Sein Handy. » Victor!«, flüsterte er mit gepresster Stimme. » Es ist so weit!«
Victor knipste die Nachttischlampe an. Er lag vollständig bekleidet auf seiner Decke. Nur die Schuhe lagen auf dem Boden. Sie hatten abgesprochen, wieder barfuà zu gehen. » Kein Auge habe ich zugemacht«, meckerte Victor. » Mit Doktor Jezebel direkt unter mir!« Er gab der Filmrolle einen Stups mit dem Fuà und sie rutschte noch weiter unters Bett.
Adam öffnete die Tür und schlüpfte in den Gang. Mit Bedauern dachte er an Kitty. Sie hatte sich schlichtweg geweigert, einen Fuà in Zimmer 313 zu setzen. Nicht mal den Nordflügel im dritten Stock wollte sie betreten. Sie war so feinfühlig. Hatte immer wieder betont, der Raum sei böse oder so. Das spüre sie am ganzen Körper.
Adam fröstelte bei dem Gedanken an ihre Worte. Wahrscheinlich schlief sie nach den Anstrengungen des Tages wie ein Stein, während Victor und er durch das totenstille Haus streunten. Und wahrscheinlich war es wirklich ein groÃer Fehler, eine Tür aufzustoÃen, hinter der sich allem Anschein nach vor über achtzig Jahren eine Tragödie abgespielt hatte. Was für ein Anblick erwartete sie in diesem Raum? Das Skelett eines Jungen, der sich im Hotel verirrt hatte? Adam schüttelte sich und ging weiter.
An der Treppe wartete schon Schorsch auf sie. Im Schein des Vollmonds, der durch die groÃen Fenster hereinfiel, wirkte sein Gesicht noch blasser. Sicher war es auch die
Weitere Kostenlose Bücher