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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Wissenschaftler in meiner Gruppe, der mehr kann als ich, zur Schnecke machen. All das könnte ich tun, wenn ich Professor wäre. Aber jetzt, jetzt, nur als Dozent … als Dozent …, ratterte es in Regazzonis Kopf.
    Dann brach er zusammen.
    Seine Arme schlugen matt auf seinen Schreibtisch, die Schließe seiner Longines-Uhr zerkratzte das schöne Holz. Der Kopf fiel auf die Arme hinab, und Marco Regazzoni heulte in den Ärmel seines Businessanzuges. Er heulte so laut, dass Anita Blohmstein verängstigt in Regazzonis Büro gestürzt kam. Die eine Hand schlug sie vor den offenen Mund, mit der anderen umkrallte sie ihre Halskette aus erbsengroßen Perlen, die sie erst kürzlich von ihrem Geliebten erhalten hatte. Sie zog so stark daran, dass die Kette riss.

14
    Der Raum 101 füllte sich allmählich. Als Erster war Wachtmeister Heinzmann da. Er hatte sich unbändig gefreut, in den Spiegelhof zurückgehen zu dürfen. Dort roch alles nach Polizei. Danach war er süchtig. Er fühlte sich, als könne er wieder frei atmen. Gierig sog er die abgestandene Luft ein mit all ihren Gerüchen von billigem Filterkaffee, Linoleumwachs, Angstschweiß und Waffenöl.
    Stefan Heinzmann trug wieder seine Uniform. Sein Anzug hatte doch ein wenig zu stark unter den Achseln und in der Leistengegend gezogen. Jetzt war ihm wieder wohl. Dass er suspendiert war, war ihm egal. Er redete sich einfach ein, dass er gebraucht würde, nun, wo es immer noch einen Mörder zu suchen gab. Fröhlich blies er in einen Plastikkaffee mit Extrazucker. Der schmeckte ihm besser als je.
    Baumer schlurfte als Nächster herein. Er hatte die Jeans doch mit einer kurzen Hose getauscht. Wozu noch irgendeinen Schein wahren? Bald wäre er eh kein Kommissar mehr. Warum sich bei dieser Hitze unnötig quälen? Nur beim Hemd macht er keine Kompromisse. Er hatte sich ein neues Designerhemd übergestreift, weil das von heute Morgen komplett verschwitzt und klebrig gewesen war. Auch dieses Armani-Hemd war aber bereits unter den Achseln feucht.
    Der Kommissar schaute benebelt drein. Er grüßte Heinzmann nur knapp, ließ sich gleich in einen Stuhl fallen. Alles war so schwer, mühsam. Einen Kindermörder musste man finden. Man hatte einen gehabt. Einer, von dem er vollends überzeugt war, dass er es war. Aber der hatte nicht genügt. Jetzt musste man einen anderen suchen. Aber wozu? Andreas Baumer fühlte sich erledigt, unnütz. Ein Mann, erst 48 Jahre alt, und doch bereits verrostetes Alteisen, bald von Unkraut überwuchert.
    In der Hand hielt der Kommissar einen riesigen Papierbecher voll Kaffee. Den hatte er sich bei einem Kebabstand gekauft, als er hergekommen war. Aber er nahm keinen Schluck daraus, blickte nur verloren. Was sollte er in Zukunft tun? Die Polizei war ihm ebenso Heimat, wie sie es für Heinzmann war. Wenn es einen Fall zu lösen gab, nahm ihn die Ermittlungsarbeit unweigerlich in Beschlag, und er konnte vergessen. Vergessen, dass sie ihn nicht liebte, ihm nicht einmal mehr Antwort gab, dass sie bei diesem anderen war, diesem, diesem …
    Andi Baumer ließ den Kopf fallen, als wäre sein Genick durchtrennt worden. Dann wippte der Kopf noch ein paar Mal hoch und runter, wie ein Gummiball sprang, wenn man ihn auf einen Boden fallen lässt. Schließlich blieb er schlapp hängen. Andreas Baumer musste gegen eine bleierne Mattigkeit ankämpfen. Er hörte nicht einmal mehr Stimmen. Keine Stimme von Mina, keine Stimme von Maja. Wie sollte das nur weitergehen?
    Wenige Minuten später ging die Tür auf und der vife Daniel Schneider trat ein. Er hatte einen richtiggehenden Auftritt. Mit breiten Armen hielt er einem Gast die Tür auf, bat ihn charmant herein. »Bitte sehr, Herr Azoglu, kommen Sie nur herein.«
    Der Vater von Mina war ein wenig nervös, aber insgesamt sehr gefasst, arrogant schon fast. So, wie jemand, der Zeuge einer Straftat war und jetzt selbstbewusst der Presse Auskunft gab.
    Schneider bot ihm einen Stuhl an, legte ihm dabei seine Hand auf den Unterarm, wartete, bis Erin Azoglu ihn anblickte. Der Kommandant schenkte ihm ein herzliches Lächeln.
    Daniel Schneider nahm selbst nicht Platz. Anscheinend würde dies eine kurze Sitzung werden. Was er zu tun hatte, würde der Boss offenbar im Stehen erledigen können. Erst jetzt sah er sich um, wer im Raum war. Heinzmann. Der stand in Uniform angelehnt an eine Wand. In seiner entspannten Haltung und mit seinem Hut erinnerte er ihn an einen indianischen Häuptling mit Kopfschmuck vor einem Drugstore in New

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