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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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sein Heil schon längst nicht mehr in der Religion.«
    Heinzmann nickte.
    Kein Motiv, musste auch Schneider anerkennen.
    Erin Azoglu blickte auf. Sollen sie spekulieren. Er fühlte sich sicher, diese Ungläubigen konnten denken und machen, was sie wollten.
    »Also, wer war’s, Baumi?«, wollte Heinzmann wissen.
    Der Kommissar nahm einen weiteren Schluck Wasser. »Der Vater war’s. Erin Azoglu.«
    Schneider flippte aus. »Verdammt noch mal, Baumer! Wir haben doch gesehen, dass Azoglu nicht …«
    Der Kommissar fiel ihm ins Wort und herrschte ihn an. »Nein, haben wir nicht.«
    Der junge Chef zuckte zusammen, brauchte einen Moment um zu reagieren.
    Der Kommissar war schneller. »Azoglu ist bei Weitem nicht entlastet. Ich glaube immer noch, dass er es war. Er hat es nur noch nicht zugegeben – noch nicht.«
    »Glauben, glauben«, rief Schneider. »Ist das alles, was Sie gegen ihn hervorbringen können.«
    Heinzmann nahm den verdächtigen Türken scharf ins Visier. Der saß immer noch wie unbeteiligt da, aber sein Mund war nun verkniffen, seine Augen stechend.
    Baumer sah, wie Heinzmann blickte, und fragte ihn: »Was denkst du, Stefan? War er’s oder war er’s nicht?«
    Heinzmann war gewohnt, rasche Entscheidungen zu treffen. Der Drogendealer, den Rötheli geschnappt hatte, war für ihn kein Kandidat. Der alte Kinderschänder, den er kaum gesehen hatte, noch weniger. Heinzmann spürte daher nur kurz in seinem Bauch. »Er war’s«, sagte er und machte eine Geste hin zum Türken.
    Azoglus Mund wurde zum Strich, sein Gesicht zur Fratze.
    »Geht das schon wieder los«, raufte Schneider sich die Haare.
    »Schnauze«, herrschte Baumer seinen Chef an.
    Der unerfahrene Daniel Schneider stand kurz vor der Explosion.
    »Er war es«, knarrte Baumer.
    Der Chef der Kriminalpolizei schlug seine Hände an die Seiten seiner Oberschenkel, verdrehte die Augen, schüttelte den Kopf. Offenbar hatte er es mit geistig Verwirrten zu tun, die nichts dazulernen wollten. Für ihn war Erin Azoglu weniger verdächtig, als es der alte Kinderschänder war. Hatte sein Superkommissar mit dem Extra-Bauchgefühl den etwa vergessen? Dieser Steiner war doch bereits einmal verurteilt worden, weil er sich an einem Kind vergangen hatte. Oder der Drögeler, den Rötheli festgenommen hatte. Für ihn hatten beide eindeutig offensichtlichere Motive Mina zu töten, als sie der Vater hatte. Der hatte nämlich keines.
    Schneider hob beide Arme, schnaufte tief aus, ließ sie wieder an seine Seiten platschen. Sein Kommissar war zu nichts zu gebrauchen. Irgendetwas trübte seinen Scharfsinn, belastete seine Gefühlswelt. Das war offensichtlich. Trotzdem versuchte er es nochmals mit Vernunft. »Mein lieber Herr Baumer«, sagte er mit einem großen Schuss Ironie in der Stimme, »haben Sie denn irgendwelche Beweise gegen Azoglu?«
    Erin Azoglu war nun angespannt. Zwar wusste er, dass er nichts zu befürchten hatte. Alles, was man gegen ihn vorbringen konnte, waren Vermutungen, Verdächtigungen, selbstgebastelte Gerüchte. Man hatte ihn vorführen wollen. Das war zum Glück misslungen. Aber doch galt es hier ernst. Beweise konnte man fälschen, wusste er nur zu gut von den korrupten Behörden in dem tristen Landstrich, wo er geboren war. Vielleicht würden diese Basler Bullen ihm hier ebenso etwas andrehen. Gespannt, auch schon beunruhigt, wartete er darauf, was Baumer sagen würde.
    Der Kommissar hielt den fragenden Blick von Schneider nicht aus. Er schaute zu Boden, weil er seine Gedanken sammeln musste, um sie in eine sinnvolle Reihe zu bringen. Dann begann er zu erklären, warum er glaubte, dass Erin Azoglu der Mörder von Mina war. Er sagte: »Wir haben einen Test gemacht mit Azoglu.«
    »Welchen?«, fragte der Chef der Kriminalpolizei mit echtem Interesse.
    »Wir wollten wissen, wie fundamentalistisch Azoglu ist.«
    Schneider schaute krumm.
    Baumer sagte: »Wir boten ihm Crèmeschnitten an.«
    »Was ist damit?«
    »Azoglu lehnte ab, davon zu essen. Es hätte Gelatine von Schweinen darin sein können.«
    Azoglu sprach das erste Mal. »Ich habe Religionsfreiheit.«
    Schneider ignorierte den Türken, fragte aber Baumer energisch. »Was hat das mit dem Mord zu tun?«
    Kommissar Baumer sprach nüchtern, so wie ein Autist monoton spricht, wenn er die Zahl Pi aufzählt. »Es zeigt einfach, dass Azoglu seine Religion streng befolgt.«
    Plötzlich meldete sich Mina wieder bei Baumer. »Genau das tut er.« Aber Baumer war sogleich wieder im Raum 101, denn Schneider

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