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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Blick nichts als blanke Mordlust stand. »Du hast die Wahl, Joe. Mich entweder zu töten oder aus der Stadt zu jagen.«
    »Genau.«
    »Und?«
    Joe sah zu der Caféinhaberin hinüber, die immer noch ihren Rosenkranz zwischen den Fingern hielt, und zu Graciela, die ihr die Hand auf die Schulter gelegt hatte.
    »Ich glaube, mir steht heute nicht der Sinn danach, dich zu töten, Albert. Du hast weder die Waffen noch das nötige Kleingeld, um einen Krieg anzuzetteln, und es werden Jahre vergehen, bis du nennenswerte neue Allianzen schmieden kannst.«
    Albert setzte sich wieder. So selbstverständlich und seelenruhig, als würde er alte Freunde besuchen. Joe blieb stehen.
    »Du hast das alles geplant«, sagte Albert. »Seit wir dich in der Gasse hinter dem Statler abservieren wollten.«
    »Worauf du einen lassen kannst.«
    »Ein bisschen ging’s dir aber auch ums Geschäft.«
    Joe schüttelte den Kopf. »Das war rein persönlich.«
    Albert brauchte zwei Sekunden, um das zu verarbeiten. »Willst du über sie reden?«
    Joe spürte Gracielas Blick. Und Dions.
    »Vergiss es«, sagte er. »Du hast sie gebumst, ich habe sie geliebt, und dann hast du sie umgebracht. Was gäbe es da noch zu sagen?«
    Albert zuckte mit den Schultern. »Ich habe sie auch geliebt. Mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    »Ich kann mir so einiges vorstellen.«
    »Das nicht«, gab Albert zurück.
    Während Joe versuchte, hinter Alberts Maske zu schauen, beschlich ihn das gleiche Gefühl wie damals im Kellergeschoss des Hotel Statler – dass Albert für Emma dasselbe empfand wie er.
    »Und warum hast du sie dann umgebracht?«
    »Ich?«, erwiderte Albert. »Das geht auf dein Konto. Du musstest sie ja unbedingt haben. Tausende von anderen Mädchen, die mit einem attraktiven Burschen wie dir ins Bett gegangen wären, aber nein, ausgerechnet meine Kleine musste es sein. Und wenn einem Mann Hörner aufgesetzt werden, bleiben ihm nur zwei Möglichkeiten: Entweder greift er selbst zum Strick, oder er bringt seinen Rivalen um.«
    »Aber du hast nicht mich umgebracht. Sondern sie.«
    Albert zuckte mit den Schultern, doch Joe sah genau, wie sehr ihm Emmas Tod immer noch nachging. Du lieber Himmel , dachte er. Wir können sie beide nicht vergessen.
    Albert ließ den Blick durch das Café schweifen. »Dein Boss hat mich aus Boston vertrieben. Und jetzt vertreibst du mich aus Tampa – ist das die Nummer, die hier gespielt wird?«
    »Im Großen und Ganzen.«
    Albert richtete den Finger auf Dion. »Dir ist hoffentlich klar, dass du ihm die zwei Jahre Knast zu verdanken hast. Er hat euch in Pittsfield ans Messer geliefert.«
    »Ach nee. Das ist ja mal was ganz Neues. Hey, D.«
    Dion ließ Bones und Loomis nicht aus den Augen. »Ja?«
    »Schluss jetzt. Knall ihn ab.«
    Alberts Augen weiteten sich, und die Caféinhaberin stieß einen spitzen Schrei aus, während Dion mit ausgestrecktem Arm auf Albert zuging. Sal und Lefty schlugen ihre Trenchcoats zurück und ließen die darunter verborgenen Thompson-Maschinenpistolen sehen, um Bones und Loomis in Schach zu halten. Dion setzte Albert die Waffe an die Schläfe. Albert schloss die Augen und hob die Arme.
    »Moment«, sagte Joe.
    Dion hielt inne.
    Joe zupfte an seinen Hosenbeinen und ging vor Albert in die Hocke. »Sieh meinem Freund in die Augen.«
    Albert hob den Blick.
    »Und? Kannst du irgendeine Form von Mitgefühl erkennen, Albert?«
    Albert blinzelte. »Nein.«
    Joe nickte Dion zu, und Dion senkte die Waffe.
    »Wie seid ihr hierhergekommen?«
    »Was?«
    »Seid ihr mit dem Auto gekommen?«
    »Ja.«
    »Gut. Dann geht ihr jetzt raus zu eurem Wagen und verlasst den Staat in nördlicher Richtung. Da ich Alabama, die Mississippi-Küste und sämtliche Städte zwischen hier und New Orleans kontrolliere, setzt ihr euch am besten nach Georgia ab.« Joe grinste Albert ins Gesicht. »Tja, und über New Orleans verhandeln wir nächste Woche.«
    »Woher weiß ich, dass deine Leute uns nicht verfolgen?«
    »Und ob sie euch folgen werden, Albert. Und zwar bis zur Staatsgrenze – richtig, Sal?«
    »Der Wagen ist vollgetankt, Mr.   Coughlin.«
    Albert warf einen Blick auf Sals Maschinenpistole. »Und wer garantiert mir, dass sie uns unterwegs nicht umlegen?«
    »Niemand«, gab Joe zurück. »Aber wenn ihr euch nicht jetzt sofort und ein für alle Mal vom Acker macht, gebe ich dir Brief und Siegel, dass du den morgigen Tag nicht erleben wirst. Und das kann wohl kaum in deinem Interesse liegen. Schließlich willst du irgendwann

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