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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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erzählt?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Erzählst du deinen Weibern alles?«
    »Denen erzähle ich gar nichts, aber ich stehe auch nicht so unter der Fuchtel wie du. Außerdem kriegt sie ja ein Kind von dir.«
    »Das stimmt.« Joe warf einen Blick an die kupferfarben gestrichene Zimmerdecke. »Aber ich weiß nicht, wie ich ihr das beibringen soll.«
    »Kinderleicht«, sagte Dion. »Du sagst einfach: ›Meine Süße, ich habe dir doch mal von dem Mädchen erzählt, in das ich vor dir verschossen war, erinnerst du dich? Die Kleine, die den Löffel abgegeben hat. Na ja, wie sich herausgestellt hat, lebt sie noch, und obendrein in deiner Heimatstadt und sieht noch immer ziemlich gut aus. Ach ja, und da wir gerade von Löffeln sprechen – was gibt’s denn heute zum Abendessen, Schatz?‹«
     Sal, der neben der Tür stand, sah zu Boden, um sein Grinsen zu verbergen.
    »Findest du das lustig?«, fragte Joe.
    »Zum Schießen.« Dion lachte, dass sein Stuhl wackelte.
    »D.«, sagte Joe. »Ihr ›Tod‹ hat mich fast um den Verstand gebracht. Jahre über Jahre, in denen ich nichts als Rache im Kopf hatte, nichts als…« Joe hob die Hände, unfähig, seine Gefühle in Worte zu fassen. »Deshalb habe ich Charlestown überlebt. Ihretwegen hätte ich Maso um ein Haar vom Dach des Knasts geworfen, ihretwegen habe ich Albert White aus Tampa gejagt, habe ich…«
    »Hast du dir ein Imperium aufgebaut.«
    »Ja.«
    »Tja«, sagte Dion. »Dann richte ihr gelegentlich meinen Dank aus, falls sie dir über den Weg laufen sollte.«
    Joe stand mit offenem Mund da, ohne zu wissen, was er sagen sollte.
    »Hör zu«, begann Dion erneut. »Ich habe die Puppe nie besonders leiden können, und das weißt du auch. Wie auch immer, ich habe schon mitbekommen, was sie dir bedeutet hat. Und deshalb habe ich auch gefragt, ob du Graciela von ihr erzählt hast. Graciela mag ich nämlich. Sehr sogar.«
    »Ich finde sie auch sehr nett«, ließ sich Sal vernehmen und hob im selben Moment auch schon abwehrend die rechte Hand, als sie beide zur Tür hinübersahen. »’tschuldigung.«
    »Nur weil es hier gerade privat wird, brauchst du dich noch lange nicht einzumischen«, sagte Dion. »Wir kennen uns nämlich schon, seit wir uns als Kids auf der Straße geprügelt haben. Für dich ist er immer noch der Boss, verstanden?«
    »Kommt nicht noch mal vor.«
    Dion wandte sich wieder zu Joe.
    »Wir haben uns doch überhaupt nicht geprügelt«, sagte Joe.
    »Aber hallo.«
    »Von wegen«, sagte Joe. »Du hast mich vermöbelt.«
    »Nachdem du mir einen Ziegelstein über den Schädel gezogen hast.«
    »Damit du endlich aufhörst.«
    »Moment!« Dion schwieg einen Augenblick. »Jetzt fällt’s mir wieder ein.«
    »Was?«
    »Na, weshalb ich eigentlich hier bin. Wir müssen über Masos Besuch reden. Und hast du schon von Irv Figgis gehört?«
    »Ja. Schlimme Sache, das mit Loretta.«
    Dion schüttelte den Kopf. »Das weiß inzwischen die ganze Stadt. Tja, aber gestern Abend ist Irv im Arturo’s aufgekreuzt. Dort soll sich Loretta am Tag zuvor nämlich ihren letzten Schuss besorgt haben.«
    »Und?«
    »Um ein Haar hätte er Arturo totgeschlagen.«
    »Das meinst du nicht ernst.«
    Dion nickte. »Er hat wie ein Berserker auf ihn eingedroschen und dabei immer wieder ›Tu Buße, tu Buße!‹ gerufen. Möglich, dass Arturo ein Auge verliert.«
    »Scheiße. Und Irv?«
    Dion ließ den Zeigefinger neben seiner Schläfe kreisen. »Sie haben ihn für zwei Monate zur Beobachtung in die Klapse verfrachtet. Nach Temple Terrace.«
    »Du lieber Himmel«, sagte Joe. »Was haben wir diesen Menschen nur angetan?«
    Dions Gesicht lief dunkelrot an. Er wandte sich um und richtete den Finger auf Sal. »Du hast nichts gesehen, kapiert?«
    »Was denn?«, fragte Sal, und einen Sekundenbruchteil später schlug Dion Joe mit dem Handrücken ins Gesicht.
    So heftig, dass Joe gegen den Schreibtisch prallte. Im selben Moment hielt er auch schon seine 32er in der Hand, stürzte sich auf Dion und bohrte ihm den Pistolenlauf in die Falten unter seinem Kinn.
    »Hier geht es vielleicht bald um Leben oder Tod. Und ich lass dich nicht ins offene Messer laufen, nur weil du dich für irgendetwas bestrafen willst, an dem du gar keine Schuld trägst«, presste Dion hervor. »Du willst mich abknallen?« Er breitete die Arme aus. »Na, los doch!«
    »Du glaubst, ich würde es nicht tun?«
    »Es ist mir scheißegal«, sagte Dion. »Denn ich werde kein weiteres Mal tatenlos dabei zusehen, wie du dich wieder

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