In der Stille der Nacht - Thriller
den Sitz. »Pat steig ein.«
»Nein, nein.« Pat wich zurück, eine Hand an der Wagentür. »Kannst in Ruhe telefonieren. Hol mich in einer halben Stunde ab.« Und er schlug die Tür fest zu, bedauerte sofort, dass er die Zeitung mit ihrem Bild im Auto vergessen hatte. Er sah noch einmal ins Wageninnere und auf Eddy. Ein Niemand mit getönter Brille. Klein, dick, geladen.
Eddy zeigte unter sich auf den Boden und schnaubte wütend: »Hier?«
»In einer halben Stunde.« Pat wandte sich ab, so dass Eddy nicht weiterstreiten konnte, und ging rasch die Straße entlang. Er bewegte sich solange in demselben Tempo weiter, bis der silberfarbene Wagen an ihm vorbeigefahren und um eine Ecke verschwunden war.
Pat atmete aus und hob den Blick, freute sich auf seinen halbstündigen Urlaub von Eddy. Als er jedoch sah, wo er sich befand, wäre ihm fast die Luft weggeblieben. Er stand um die Ecke vom Victoria Krankenhaus. Sie war gerade mal um die Ecke.
Er beeilte sich, fing an zu laufen, bis zur Kreuzung, dann blieb er stehen. Eine Reihe von Zeitungsläden und Imbissen befand sich zu seiner Rechten, aber zu seiner Linken, auf der anderen Straßenseite, ragte das Victoria Krankenhaus auf. Er hatte Mühe einzuatmen. Er befragte sein Gewissen, um herauszufinden, ob es wahr sein konnte, ob er wirklich nicht gewusst hatte, wo er war. Nein, hatte er nicht: Es war, als sei es ihm vorherbestimmt.
Draußen standen Raucher dicht gedrängt in ihren Mänteln, alleine oder in Zweiergruppen starrten sie ziellos auf die Straße. Pat stand am Straßenrand, seine Zehen überragten die Bordsteinkante, es zog ihn in den vorüberfahrenden Verkehr. Er wollte dorthin, ihr ein bisschen näher sein.
Als ihm plötzlich bewusstwurde, dass sein Verhalten absonderlich wirken und Aufmerksamkeit erregen könnte, wandte er sich nach rechts und betrat einen Zeitungsladen. Er kaufte die Zeitung mit ihrem Bild noch einmal, lächelte in sich hinein als er eine Dose Saft aus dem Kühlschrank nahm und ein kleines Päckchen mit zehn Marlboro verlangte, weil er sich vorstellte, dass sie die rauchen würde, wenn sie überhaupt rauchte.
Der Mann hinter dem Tresen wollte sich unterhalten, fragte ihn, ob er Feierabend hätte, aber Pat hörte ihn nicht. Er nickte, bezahlte und verließ den Laden, eilte über die Straße, wich Bussen und Autos aus, schlängelte sich zwischen parkenden Wagen hindurch. Er grinste als er zum Krankenhaus ging und sich unter die Raucher in ihrer Ecke mischte.
Ein alter Mann mit einer grünen Schiebermütze und einem Tweedmantel stand neben ihm, beobachtete Pat, als dieser die zehn Marlboro aus der Tasche nahm und die Zellophanhülle entfernte.
»Fangen Sie wieder an?« Der alte Mann sprach mit leiser, rauer Stimme, seine Nase war voller Pusteln, aber er stand gerade.
»Nein.« Pat sah auf die Packung und zog die Silberfolie ab, zerknüllte sie in der Hand und zog eine Zigarette aus. »Nur … manchmal. Wenn ich gestresst bin. Haben Sie Feuer?«
Der alte Mann griff in die Tasche und zog ein graubraunes Metallfeuerzeug heraus, drehte am Rädchen und hielt ihm die Flamme hin.
Pat paffte, nur oberflächlich, ohne richtig zu inhalieren, aber trotzdem ging es ihm durch und durch. Ihm war schwindlig und er griff mit der Hand hinter sich, um sich an der Gebäudewand abzustützen, er lächelte, als seine Handfläche den Stein berührte. Sie war dort drin, auf der anderen Seite dieser Mauer, die er berührte.
»Junger Mann, für jemanden, der Stress hat, sehen Sie aber ganz schön glücklich aus. Besuchen Sie wen?«
»Ja, aber sie wird schon entlassen.«
»Ach, da haben Sie Glück.« Der Mann sah weg. »Sie haben Glück.«
Er wollte gerne gefragt werden, wen er besuchte, seine Frau oder seinen Sohn vielleicht, aber Pat wollte sich nicht unterhalten. Er schlug die Zeitung auf und tat, als würde er lesen, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, spürte die kühlen glatten Steine. Er vergaß seine Zigarette zu rauchen. Er ließ sie zwischen seinen Fingern verglühen, dann betrachtete er das Bild und dachte an sie oben und an ihn hier unten. Wieder wollte er sie besuchen, dieses Mal mit noch mehr Blumen, mit Frauenzeitschriften und Süßigkeiten.
Und sie würde sich im Bett aufsetzen, wenn sie ihn kommen sah und ihr Gesicht würde ihm entgegenstrahlen und ihre Hände würden von der Decke über ihre Knie an ihre Seiten rutschen, und er würde immer schneller gehen, bis er nur noch wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt war und er
Weitere Kostenlose Bücher