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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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sich, die andere Hand am Gesicht. Er bewegte sich nicht, während die schweren, weißen Benzinkanister langsam über den Boden rutschten.

    Er lag so unbeweglich dort, dass sich Pat Sorgen machte. Andauernd drehte er sich um, weil er fürchtete, der kleine Mann könnte eine Kopfverletzung erlitten haben, als sie ihn in den Wagen stießen. Pat hatte einmal gesehen, wie ein Mann draußen vor einem Club gestorben war. Der Mann, Mitte dreißig, war getorkelt und über die Schwelle gestolpert, war rückwärts umgekippt, auf dem Bürgersteig aufgeschlagen wie einer, der einen Betrunkenen spielt, und war dort liegen geblieben. Alle, die aus dem Club kamen, nahmen an, er sei blau und schlafe. Sie lachten ihn aus.
    Als der Reißverschluss des schwarzen Plastiksacks zugezogen wurde, erklärte der Mann vom Rettungsdienst, der Platz in einem Schädel sei begrenzt. Eine Blutung im Gehirn ist so, als würde man ein Solei in ein volles Bierglas plumpsen lassen, nur dass Gehirnmasse nun mal nicht ausweichen kann. Daran stirbt man.
    Die Erinnerung an diese Nacht und den Toten versetzte Pat zurück an den Eingang der Zebra Wine Bar. Hässliche Frauen, sonnenstudiogeröstet und sternhagelvoll, staksten in hochhackigen Sommerschuhen über den vereisten Bürgersteig. In jenem Winter, erinnerte er sich, hatten alle Frauen lange Haare. Extensions aus Nylon, die wie schlechte Perücken aussahen. 1669, wurde das genannt, weil die Frauen von hinten wie sechzehn aussahen und von vorne wie neunundsechzig.
    Er machte sich Sorgen, dass der alte Mann im Laderaum sterben könnte und er dachte an das junge Mädchen, auf das er geschossen hatte, an das freundliche, nach Toast duftende Haus und er wünschte, er hätte sich gegen Eddy zur Wehr gesetzt und sich geweigert, hineinzugehen. Eddy war Pats Ersatzfamilie, seit Jahren schon, aber plötzlich begriff Pat,
dass er damit nur wieder dorthin zurückgekehrt war, wo er herkam: zu einem verdammten Scheiß-Loser-Idioten-Dasein.
    Als könnte er hören, dass sich Pat innerlich von ihm distanzierte, trat Eddy dem alten Mann ans Bein und fragte ihn nach seinem Namen. Er hob sein Gesicht leicht vom Boden und sagte, er heiße Aamir. Pat merkte, dass auch Eddy Angst hatte. Das war gut, weil Eddy dann vielleicht nicht vollends in seinem Soldatenspiel aufging und für vernünftige Argumente zugänglich blieb.
    Eddy kniete hinten im Transporter neben dem Mann, hatte die Skimütze bis auf die Stirn hochgerollt, bis zwei Zentimeter über den Augen. Pat sah er nicht an.
    Sie waren in Harthill, im Herzen Schottlands, einem kargen erhöhten Landstrich, gesprenkelt mit Fernseh- und Mobilfunkmasten, wo immer ein brutaler Wind wehte. Malki fuhr von der Autobahn ab, nahm die richtige Abzweigung im Kreisverkehr, bog dann von der Straße auf einen Feldweg ein und ließ den Transporter leise am Fuße eines Hügels in ein kleines Wäldchen mit windgepeitschten Bäumen rollen. Er hielt an, zog die Handbremse, seufzte und schmatzte mit den Lippen. Er lächelte Pat beifallheischend an.
    Ohne ein Wort an einen der beiden zu richten, stand Eddy auf, öffnete die Tür des Transporters, stieg aus und schloss die Tür wieder hinter sich. Er verließ den sicheren Schutz der Bäume und trat aufs offene, matschige Feld.
    Der Boden war festgefroren, der aufgewühlte Schlamm war von einer pelzigen Frostschicht überzogen. Ein aufgeblähter blauer Mond beleuchtete das Feld wie mit einer grellen Neonröhre. Mit ausgestreckten Armen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, hielt Eddy den Blick fest auf den
unebenen Grund geheftet. Das Licht war so kalt und klar, dass er einzelne Eissplitter erkannte, als er der Spur eines Wagens bis zu einer Öffnung im Gestrüpp folgte. Er blieb stehen und sah sich um. Das Brachland reichte bis zum Horizont und weiter. Er hörte das Summen der Autos auf der Autobahn in der Ferne. Keine Häuser in Sichtweite, niemand zeltete auf dem Acker. Kein Mensch nirgendwo. Perfekt.
    Er folgte weiter der Reifenspur, lief noch zweihundert Meter auf der holprigen Erhebung in der Mitte, sein Atem kondensierte vor ihm. Obwohl er ihn selbst dort geparkt hatte, wollte Eddy dennoch aus müden Augen einen Blick auf den Lexus werfen.
    Als er stehen blieb und auf den Weg sah, der an dem Brachland vorbeiführte, konnte er ein Stückchen des silberfarbenen Kofferraums und die roten Rücklichter erkennen. Es war ein Mietwagen. Als er hierhergefahren war, hatte er alle Funktionen ausprobiert, er liebte den Sportsitz und die ins

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