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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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Fensterrahmen waren gesplittert und die Farbe blätterte ab. Vor der Haustür hatten sich gammeliges Laub und Müll gesammelt. Zwischen Haus und Hecke wuchs ein kniehohes Meer aus Gras.
    In jedem der dunklen Fenster hingen Vorhänge, allesamt vorgezogen und beschwert von Schmutz und Alter.
    Pat beobachtete Eddys Augen in dem schmalen Streifen des Rückspiegels und sah, wie dieser einen gereizten Blick auf das Haus warf, als er den Wagen nach links manövrierte und die Vegetation, die seitlich bis an das Haus drängte, plattwalzte. Er hielt an, sobald der Wagen von der Straße aus nicht mehr zu sehen war, zog die Handbremse und seufzte verärgert.
    Als hätte er geglaubt, Pat habe noch nichts bemerkt, drehte er sich zu ihm um und verzog das Gesicht, womit er sagen wollte, jemand habe ihn im Stich gelassen und werde
dafür bezahlen. Pat hob beide Augenbrauen, versuchte eine neutrale Miene zu machen und sah weg. Eddy hatte das Versteck organisiert. Wenn es in die Hose ging, hatte Pat nichts damit zu tun.
    Wenn Eddy schon unbedingt jemanden erschießen wollte, dann war es Pat lieber, es würde nicht den Kissenbezug treffen. Der Kissenbezug hatte eine Familie, ein sauberes Zuhause und eine Tochter. Dann schon lieber denjenigen, der hier niemals die Vorhänge wusch.
    Eddy öffnete die Wagentür, trat vor die fensterlose Häuserwand und Pat stieg auf seiner Seite aus. Sie sahen sich um. Ein Blick die Auffahrt entlang ergab, dass die anderen Häuser ebenso heruntergekommen und verfallen waren, die Farbe blätterte von den Fensterrahmen und Risse taten sich auf. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite waren die Fenster der Doppelhäuser mit Glasfaserplatten verbarrikadiert. Von ihrem erhöhten Standpunkt aus, sahen sie die Dächer der Häuser und Wohnungen in der Ferne, Straßenlaternen flackerten orangefarben vor dem nächtlichen Himmel. Ganz links warf ein Bus oder ein Laster seine Lichter an die Häuserfassaden, grub eine Schneise in die stille Dunkelheit.
    »Wem gehört …?«
    Eddy verschob den Unterkiefer Richtung Rücksitz. »Hol den Wichser raus.«
    Pat öffnete die Tür, griff hinein und zog den Kissenbezug am Arm heraus. Er folgte willenlos, wohin Pat ihn zog, stieg aus dem Auto und blieb neben ihm stehen. In der Aufregung, möglichst schnell wegzukommen, war Pat gar nicht aufgefallen, wie klein der Mann war. Er reichte Pat gerade bis zur Brust und plötzlich begriff er, dass ihn Eddy genau
deshalb ausgewählt hatte: Wahrscheinlich war der große dicke Junge mit dem Baby Bob gewesen - dieser hier war klein und alt.
    Pat ließ den Arm los. Unberührt und unsicher, was er tun sollte, hob der alte Mann die Arme, als würden ihn Cowboys gefangen halten. Seine von Altersflecken übersäten Hände waren geschwollen, Pats Papa hatte auch solche Hände gehabt.
    Von hinten stieß ihm Eddy mit dem Fingerknöchel zwischen die Schulterblätter, so dass er sich nach hinten krümmte. Er schubste ihn, ließ ihn durch das wild wuchernde Gras auf die Hintertür des Hauses zustolpern. Eddy folgte ihm, packte ihn am Ellbogen, dirigierte ihn unsanft um die Ecke zur Hintertür.
    Die Tür war unverschlossen, öffnete sich kreischend, und gab den Blick in eine Küche frei, die nach Schimmel stank. Eddy schubste den Kissenbezug vor sich her, durch einen dunklen Flur zwischen undichten Müllsäcken hindurch.
    Pat hatte geglaubt, das Haus sei verlassen, doch ihm fiel auf, dass überall in den türlosen Räumen frische leere Bierdosen und volle Aschenbecher standen, in einem davon qualmte es noch.
    »Es stinkt.« Der Kissenbezug hatte leise etwas gesagt, aus Versehen und zu niemand Bestimmtem. Pat lächelte. Es stank wirklich.
    Eddy funkelte den Kissenbezug an, als hätte dieser sein Heim verunglimpft. Boshaft bohrte er ihm einen Zeigefinger in die Schulter, ließ ihn denken, es handle sich um eine Pistole, und scheuchte ihn durch den leeren Türrahmen ins Wohnzimmer.
    Ein mit Steinplatten verkleideter Kamin nahm den Großteil
der gegenüberliegenden Wand ein, jede einzelne Fliese war mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Ein kaputter Stuhl lag umgestürzt auf der Seite und ein Sofa stand an der Rückwand. Ein dünnes, blechernes Pfeifen kam von der schlafenden Gestalt auf dem Sofa.
    Pat erkannte ihn. Es war Shugie. »Oh verdammte Scheiße …«
    Eddy sah Pat so wütend an, dass seine Oberlippe vor Anspannung weiß wurde. Shugie hatte üppiges weißes Haar, das sich wegen der vielen Zigaretten, die er rauchte, gelb färbte. Wilde weiße

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