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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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helfen könnten.«
    »Okay, ich will nur …« Sadiqa hatte Mühe von dem Stuhl aufzustehen. Sie trat mit den Fersen gegen das Fußteil, aber ihr Gewicht fesselte sie an den Sessel. Sie musste unter Zuhilfenahme ihrer Arme den Hintern vom Sessel schieben und den Sessel wieder in aufrechte Position bringen. Es war ihr peinlich, sie deutete auf ihren Bauch, schob die Schuld
darauf, als hätte er gar nichts mit ihr zu tun. »Zu dick«, sagte sie und stand auf.
    Die Decke fiel zu Boden und gab den Blick auf ihr rosafarbenes Nachthemd frei, auf dem noch immer getrocknete Blutspritzer klebten. Sie schlüpfte mit den Füßen in ihre Schuhe.
    »Möchten Sie sich umziehen, Mrs Anwar?«, fragte Morrow.
    »Was soll ich denn anziehen?« Sadiqa gefiel die Frage nicht. »Ich habe nichts zum umziehen dabei.«
    »Hätten Ihnen Ihre Söhne nichts vorbeibringen können?«
    Das war unverschämt, nur Sadiqa hatte das Recht, ihre Söhne zu tadeln. Sie starrte Morrow eiskalt an und nuschelte etwas von wegen des Säuglings.
    »Ich bin sicher, dass die Entführung für Sie alle ein ungeheurer Schock war«, sagte Bannerman und wollte wieder für bessere Stimmung sorgen.
    »Ja.« Sie sah ihn an. »Ja, das war es.«
    Mit Blick auf ihre schlafende Tochter führte sie die beiden hinaus auf den Gang und schloss die Tür hinter sich. Sie standen draußen vor dem Fenster, Sadiqa zog Bannerman und Morrow an den Ellbogen, so dass sie dem Fenster den Rücken zukehrten und sie selbst ihre Tochter im Auge behielt.
    Bannerman sah sich nach einem Stuhl um. »Können wir uns nicht irgendwo hinsetzen?«
    »Nein«, sie verschränkte die Arme über der Brust, »ich gehe nicht fort. Wir bleiben am Fenster, wo ich sie sehen kann. Sie dürften mir Ihre Fragen durchaus auch hier stellen können, oder nicht?« Es war derselbe Akzent wie bei dem
Notruf: affektiert, korrekt, wie eine Schönheit aus einem Film der fünfziger Jahre.
    »Nun«, Bannerman drehte sich zu der im Bett schlafenden Aleesha um, »wir würden uns sehr viel lieber an einem Ort mit Ihnen unterhalten, an dem Sie sich konzentrieren können und wo wir ungestört sind. Wir könnten die Schwestern …«
    »Nein.« Sadiqa hielt ihm die Hand vor das Gesicht, als wollte sie einem Kind bedeuten, sich sofort wieder hinzusetzen. Sie sah den Ausdruck auf ihren Gesichtern und bekam vor Schreck weiche Knie. »Bitte entschuldigen Sie meine Manieren …« Sie schlug die Hand vor den Mund, holte schaudernd Luft und nickte, als wäre sie zu einem Entschluss gelangt. »Okay. Okay.« Sie ließ die Hand sinken, richtete sich auf und sah sie an. »Tut mir leid. Ich werde mich konzentrieren. Stellen Sie Ihre Fragen.«
    Bannerman sah in sein Notizbuch. »Ich möchte noch einmal durchgehen, was Sie gestern Abend gesagt haben … nach wem haben die Männer gefragt?«
    Sie nickte wie zur Bestätigung einer Entscheidung, die sie längst getroffen hatte. »Ja. Sie fragten nach Bob.«
    Morrow war erstaunt. »Sind Sie sicher?«
    »Ja.« Es fiel ihr schwer, das zu sagen, sie blinzelte dabei und nickte bedeutungsschwer. »Bob.«
    Morrow war beeindruckt. Sadiqa schien sich der Bedeutung dessen, was sie sagte, bewusst zu sein, war sich darüber im Klaren, dass es eine andere Möglichkeit gab, als die Wahrheit zu sagen und ihren Sohn in die Sache zu verwickeln, aber sie tat das Richtige. Sie faltete die Hände über ihrem ausladenden Bauch und forderte sie nickend auf, eine weitere Frage zu stellen.

    »Okay.« Morrow sah Bannerman an, aber er tat, als würde er sich die Aussage noch einmal ansehen. »Können Sie uns den genauen Ablauf der Ereignisse schildern?«
    Sadiqa zögerte, starrte noch immer auf ihre Tochter. »In chronologischer Reihenfolge?«
    »Ja.«
    Sadiqa holte Luft und trat einen Schritt zurück. »Wir waren zu Hause, ich war in der Küche. Ich hörte Geschrei und ging in den Flur um nachzusehen. Da waren zwei Männer, ich habe nicht … Ich trage eine Lesebrille, ich hatte in der Küche gelesen und die Brille abgenommen, hatte aber meine andere nicht dabei, als ich in den Flur ging, deshalb konnte ich nicht richtig sehen, sondern nur Gestalten an der Tür wahrnehmen. Einer von ihnen«, sie packte empört mit einer Hand das Handgelenk der anderen, »hat mich gepackt und in den Flur gezerrt. Sie haben nach Bob gefragt. Geschrien. Dann fiel der Schuss …« Sie sah hoch zu der Stelle, an der die Wand gewesen war, durchlebte den Schock noch einmal. »Omar kam herein, einer von ihnen schrie ›Du bist Bob‹ und an

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