In einer anderen Welt (German Edition)
pro Woche, manche sogar zwei. Keine Ahnung, was sie machen, wenn sie die Pfundnoten wirklich durch Münzen ersetzen, denn sie schicken das Geld immer mit der Post. Niemand redet darüber, wie viel genau sie bekommen, weil es geschmacklos ist, sich über Geld auszulassen.«
Damit hatte sie wohl recht. Dafür redeten alle unablässig darüber, was für ein Auto dein Vater fährt, was für einen Beruf er hat und was für ein Haus, und was für einen Pelzmantel deine Mutter trägt. Ich wusste nicht einmal, dass es da verschiedene gibt, geschweige denn, welche toll sind. Als ich zum ersten Mal danach gefragt wurde, habe ich Fuchs gesagt, einfach so, weil es mir glaubwürdig erschien, und dann hat Josie gefragt, ob ich Silberfuchs meinte oder einfachen Rotfuchs. So, wie sie die Frage stellte, war offensichtlich, wie die Antwort lauten musste, also erwiderte ich ohne zu zögern Silberfuchs. Natürlich hat meine Mutter überhaupt keinen Pelzmantel, und wenn, würde sie das arme Ding wahrscheinlich quälen. Ich finde jedenfalls, dass man keinen Pelz tragen sollte, und das habe ich auch gesagt. Ich habe gesagt, dass ich niemals einen Pelzmantel tragen würde, weil es falsch ist, Tiere nur wegen ihres Pelzes zu töten. Ich bin keine Vegetarierin, und ich finde, man darf Tiere töten, um sie zu essen, denn das ist etwas anderes. Das machen sie ja auch mit uns. Aber ihnen das Fell abzuziehen, nur um damit anzugeben, ist wirklich unnötig.
Bis zu den Weihnachtsferien sind es noch fünf Wochen, also habe ich die zehn Pfund aufgeteilt. Zwei Pfund pro Woche ist nicht übel. Allerdings sollte ich einkalkulieren, nächstes Wochenende einen BH zu kaufen, denn nachdem ich meine Brüste jetzt bemerkt habe, kann ich gar nicht mehr aufhören, sie zu bemerken, und es wäre nett, ein Geschirr zu haben, damit sie nicht mehr so auffallen.
Mittwoch, 21. November 1979
Ein Brief.
Ich habe ihn nicht geöffnet, aber als ich ihn angefasst habe, wurden die Schmerzen in meinem Bein stärker. Sie waren heute den ganzen Tag wirklich schlimm.
Heute Morgen habe ich, während ich hier in der Bibliothek saß, Zeitpatrouille ausgelesen, und da ich nichts anderes dabei hatte, wollte ich mir etwas Neues holen. Miss Carroll war damit beschäftigt, eine Lieferung einzuräumen, größtenteils Sachbücher, und ich saß wie immer in meiner Ecke, mit der Holzvertäfelung rechts und links von mir und einem Bücherregal vor mir. Manchmal sitze ich einen Platz weiter, denn dort kann ich zum Fenster rausschauen, aber heute gibt es da nichts zu sehen außer grauem Himmel, nackten Ästen und unaufhörlichem Regen.
Ich wollte gerade aufstehen, als Miss Carroll zu mir herüberkam. »Ich habe nicht vergessen, dass du nach Platon gefragt hast«, sagte sie und reichte mir ein brandneues Exemplar der Everyman-Ausgabe von Platons Staat . Außerdem ließ sie wie zufällig zwei andere Bücher auf einem Tisch ganz in der Nähe liegen, einen hochinteressanten Roman von Josephine Tey mit dem Titel Alibi für einen König und Ketten, die nicht reißen von Nevil Shute, das ich natürlich kenne, darin geht es um Leif Eriksson.
Der Staat macht nicht so viel Spaß wie Symposium . Das Buch besteht aus langen Reden, und niemand kommt plötzlich betrunken hereingeplatzt, um Sokrates zu umwerben. Trotzdem ist es faszinierend. Aber Sam hat recht – ich muss die ganze Zeit daran denken, dass das so nicht funktionieren kann. Es widerspricht der menschlichen Natur. Die Leute sind eben, wie sie sind. Und wenn Sokrates glaubt, jeder Zehnjährige wäre ein unbeschriebenes Blatt, das er formen kann, dann muss es schon lange her sein, seit er zehn war! Tut mich und Mor in den Staat , und wir würden innerhalb von fünf Minuten alles ordentlich aufmischen. Man müsste schon mit den Säuglingen anfangen, wie in Schöne neue Welt , ein Roman, der, wie ich jetzt begreife, von Platon beeinflusst ist. Man könnte eine wunderschöne Geschichte über zwei Leute erzählen, die sich in Platons Staat ineinander verlieben und den ganzen Plan durcheinanderbringen. Verliebtsein wäre eine Perversion. In etwa so wie Schwulsein für Laurie und Ralph. Mir sind Triton oder Anarres als Utopien lieber. Wisst ihr, was ich gerne lesen würde? Einen Dialog zwischen Bron, Shevek und Sokrates. Sokrates würde das bestimmt auch Spaß machen. Jede Wette, dass ihm Leute gefallen, die sich mit ihm streiten. Das merkt man gleich, wenigstens im Spymposium .
Als ich heute Nachmittag hierher zurückgekommen bin und mich
Weitere Kostenlose Bücher