In einer Person

Titel: In einer Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving

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besiegt – weil ich alle besiegt habe, machten sie mich zum Kapitän.
So etwas konnte man nicht ablehnen.«
    »Oh!«
    »Außerdem hielt das Ringen sie davon ab, mich anderweitig in Frage
zu stellen«, sagte Miss Frost. Sie hängte Rock und Bluse in den
Garderobenschrank; diesmal zog sie auch ihren BH aus. »Sie stellen einen nicht in Frage – ich meine sexuell –, wenn man Ringer ist. Das bringt sie irgendwie auf die falsche Fährte, wenn
du verstehst, was ich meine, William.«
    »Ich verstehe«, sagte ich ihr. Ich fand ihre Brüste umwerfend – so
klein und mit perfekten Brustwarzen, doch ihre Brüste waren größer als die der
armen Elaine. Miss Frost hatte die Brüste einer Vierzehnjährigen, die an ihr
kleiner wirkten, weil sie so groß und kräftig war.
    »Ich mag Ihre Brüste«, sagte ich ihr.
    »Danke, William. Größer werden sie nicht mehr, es ist aber ein
Wunder, was Hormone bewirken können. Eigentlich brauche ich auch keine
größeren«, sagte Miss Frost und lächelte mich an.
    [339] »Ich finde, sie haben genau die richtige Größe«, sagte ich ihr.
    »Ich versichere dir, als ich noch Ringer war, hatte ich keine – das hätte nicht so gut funktioniert«, sagte Miss Frost.
»Während des Studiums habe ich immer weitergerungen – und mir die Fragen vom
Leib gehalten. Keine Brüste – kein Leben als Frau, William –, bis ich das
College hinter mir hatte.«
    »Wo haben Sie studiert?«, fragte ich sie.
    »Irgendwo in Pennsylvania«, antwortete sie. »Der Name sagt dir
nichts.«
    »Waren Sie als Ringer so gut wie Kittredge?«, fragte ich sie. Sie
legte sich neben mich aufs Bett, doch als sie diesmal meinen Penis in ihre
große Hand nahm, drehte ich ihr das Gesicht zu.
    »Kittredge ist nicht besonders gut«, sagte Miss Frost. »Er hat nur
keine große Konkurrenz. New England ist nicht gerade eine Ringerhochburg. Kein
Vergleich mit Pennsylvania.«
    »Oh!«
    Ich berührte ihren Unterrock in dem Bereich, wo ich ihren Penis
vermutete; sie entzog sich mir nicht. Ich versuchte nicht, unter den Unterrock
zu greifen. Ich berührte nur ihren Penis durch den seidigen Stoff des Unterrocks;
der war perlgrau, fast genau wie Elaines BH . Bei
dem Gedanken an Elaines BH fiel mir Giovannis Zimmer ein, das unter demselben Kissen lag.
    Dieser Roman von James Baldwin war so unerträglich traurig, dass ich
auf einmal nicht mit Miss Frost darüber reden wollte. Stattdessen fragte ich
sie: »War es nicht [340] schwierig, Ringer zu sein, wo Sie doch eigentlich ein
Mädchen sein wollten und sich zu anderen Jungs hingezogen fühlten?«
    »Solange ich gewonnen habe, war das kein großes Problem. Ich bin
gerne obenauf«, sagte sie mir. »Wenn man im Ringen gewinnt, ist man obenauf. In
Pennsylvania war es schwieriger, weil ich dort nicht immer gewonnen habe. Dort
lag ich häufiger unten, als mir lieb war«, sagte sie, »aber da war ich schon
älter – ich konnte mit Niederlagen umgehen. Ich hasste es, wenn ich geschultert wurde, doch das passierte mir nur zweimal – von
demselben Scheißkerl. Ringen war meine Tarnung, William. Damals brauchten Jungs wie wir eine Tarnung. War Elaine nicht auch
eine Tarnung, William? Für mich sah sie wie deine Tarnung aus«, sagte Miss
Frost. »Brauchen Jungs wie wir heutzutage nicht immer noch ein wenig Tarnung?«
    »Doch, das stimmt«, flüsterte ich.
    »Oh, jetzt flüstern wir wieder!«, flüsterte Miss Frost. »Flüstern
ist wohl auch eine Art Tarnung.«
    »Sie müssen auf diesem College in Pennsylvania etwas studiert haben – nicht nur Ringen«, sagte ich zu ihr. »In dem Jahrbuch stand als
Karrierewunsch ›Literatur‹ angegeben – irgendwie ein komischer Beruf, oder?«,
fragte ich sie. (Ich brabbelte vermutlich nur irgendwas, um mich von Miss
Frosts Penis abzulenken.)
    »Auf dem College habe ich Bibliothekswissenschaft studiert«, sagte
Miss Frost gerade, während jeder den Penis des anderen hielt. Ihrer war nicht
so steif wie meiner – jedenfalls noch nicht. Ich fand auch ihren nicht steifen
Penis größer als meinen, doch ohne einschlägige Erfahrung kann [341] man die Größe
eines anderen Penis schwer einschätzen – nicht, wenn man ihn nicht richtig
sieht. »Ich dachte, eine Bibliothek wäre ein halbwegs sicherer und erträglicher
Ort für einen Mann, der dabei ist, eine Frau zu werden«, fuhr Miss Frost fort.
»Ich wusste sogar, in welcher Bibliothek ich arbeiten wollte – in der
Bibliothek der Academy, wo die alten Jahrbücher stehen, William. Ich dachte:
Welche andere