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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ich ihn dabei erwischte, habe ich ihm gesagt, dass er in ganz Hampstead keine bessere Frau finden könne als Mrs. Gardiner – viel zu schade für einen Kerl wie ihn, verdammt noch mal!« Er warf einen Seitenblick auf den Richter. »Bitte um Verzeihung, Euer Ehren.«
    »Hat er erklärt, warum er diese Fragen stellte?«
    »Er hat sich nachher nicht wieder blicken lassen«, sagte der Mann mit Genugtuung und bedachte die beiden Frauen auf der Anklagebank mit einem Lächeln. Miriam versuchte es zu erwidern, was aber kläglich misslang. Cleo nickte leicht mit dem Kopf, gerade so viel wie die Höflichkeit es verlangte. Es war eine kleine Geste, aber gut gemeint.
    »Es würde sie freuen, Mrs. Gardiner neu verheiratet zu sehen, nachdem sie ihren ersten Ehemann so jung verloren hat?«, bemerkte Tobias beiläufig.
    »Ich habe mich für sie gefreut, und das ist die Wahrheit. Genauso wie alle anderen sich gefreut haben, die sie kannten.«
    »Waren Sie mit dem verstorbenen Mr. Gardiner gut bekannt?«
    »Ich kannte ihn vom Sehen, mehr eigentlich nicht. Ein sehr anständiger Herr.«
    »Aha. Aber doch beträchtlich älter als seine Frau – seine Witwe?«
    Die Miene des Mannes verdüsterte sich. »Worauf wollen Sie hinaus?«
    Tobias zuckte mit den Schultern. »Was versuchte James Treadwell zu sagen?«
    »Nichts!« Der Mann war jetzt verärgert.
    »Sie mochten ihn nicht?«, hakte Tobias nach.
    »Ganz gewiss nicht!«
    »Sie haben wohl nicht viel übrig für Erpresser?«
    »Nein, hab ich nicht! Solche Leute sind Abschaum, nichts als Abschaum.«
    Tobias nickte. »Ein Gefühl, das sicher viele Menschen mit Ihnen teilen.« Er blickte zur Anklagebank, dann wieder zum Zeugenstand.
    Rathbone wusste genau, was er vorhatte, aber er konnte nichts dagegen tun.
    »Natürlich«, lächelte Tobias entschuldigend. »Treadwell könnte sich durchaus aus Loyalität und im Interesse seines Arbeitgebers, Mr. Stourbridge, nach Mrs. Gardiner erkundigt haben, um zu verhindern, dass er eine für ihn unvorteilhafte Ehe einging! Ist Ihnen diese Möglichkeit schon einmal in den Sinn gekommen? Es wäre durchaus denkbar, dass die Fragen gar nicht auf Erpressung zielten!«
    Nun stand Rathbone doch auf. »Euer Ehren, der Zeuge ist nicht in der Lage einzuschätzen, warum Treadwell seine Fragen stellte, und seine Meinung ist irrelevant. Es sei denn, Mr. Tobias möchte andeuten, dass der Zeuge irgendwie an der Ermordung Treadwells beteiligt war.«
    Sofort ging ein Raunen durch den Gerichtssaal, und einer der Geschworenen hob jäh den Kopf.
    »Ganz recht«, pflichtete der Richter Rathbone bei, »Mr. Tobias, weichen Sie nicht so weit vom Thema ab. Ich bin sicher, es ist bereits klar geworden, was Sie sagen wollten, James Treadwell hat sich in der Nachbarschaft nach Mrs. Gardiners Charakter und ihrem Ruf erkundigt. Ist das alles, was Sie uns wissen lassen wollen?«
    »Für den Augenblick ja, Euer Ehren.« Tobias bedankte sich bei seinem Zeugen und drehte sich mit einer einladenden Geste zu Rathbone um.
    Wieder gab es nichts, was er fragen konnte. Der Zeuge hatte bereits klargemacht, dass er Miriam bewunderte und auf ihrer Seite stand. So weit es ihn betraf, hatte Treadwell sein Schicksal verdient. Es würde weder Miriam noch Cleo helfen, wenn er diese seine Meinung ein zweites Mal bekundete.
    »Ich habe keine Fragen an den Zeugen«, erwiderte er.
    Tobias rief nun die Dienstboten der Stourbridges auf und ließ sie über den Tag des Gartenfestes berichten und über Miriams noch immer unaufgeklärten Aufbruch mit Treadwell. Das Stubenmädchen hatte alles beobachtet und erstattete mit einfachen Worten und bekümmerter Miene Bericht.
    Nun endlich hatte Rathbone Fragen zu stellen.
    »Miss Pembroke«, sagte er mit einem kleinen Lächeln, während er in die Mitte des Saals trat und seinen Blick auf sie richtete. »Sie haben uns sehr deutlich geschildert, was Sie gesehen haben. Sie müssen einen guten Blick auf Mrs. Gardiner gehabt haben, da Ihnen niemand die Sicht versperrte.«
    »Ja, Sir, das stimmt.«
    »Sie sagten, sie habe den Eindruck erweckt, als werde sie jeden Augenblick in Ohnmacht fallen, als habe sie einen gewaltigen Schock erlitten. Dann hat sie sich, Ihrem Bericht zufolge, wieder gefasst, hat sich umgedreht und ist vom Garten zu den Ställen gelaufen, vielleicht sogar geflohen. Ist das korrekt?«
    »Ja, Sir.«
    Der Richter runzelte die Stirn.
    Rathbone sprach rasch weiter, bevor der Richter ihn ermahnen konnte, zur Sache zu kommen.
    »Hat irgendjemand sie

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