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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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keine Einwände mehr. Alle vernünftigen Argumente sprachen für seine Vermutung, und sie hatte nichts, was sie dagegen anführen konnte. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Kessel.
    Als sie nach Hause kam, war Monk bereits da, und es überraschte sie, dass er eine kalte Wildpastete und Gemüse fürs Abendessen vorbereitet hatte, die bereits auf dem Tisch standen. Ihr wurde klar, wie spät es schon war, und sie entschuldigte sich.
    »Was ist passiert?«, fragte er, als er ihre herunterhängenden Schultern bemerkte. Er kannte sie zu gut und wusste, dass es nicht nur Erschöpfung sein konnte.
    »Sie haben Miriam gefunden«, antwortete sie und blickte von ihren Stiefeln auf, die sie aufzuschnüren begonnen hatte.
    Er blieb reglos in der Tür stehen und starrte sie an.
    »Sie haben sie verhaftet«, fügte sie leise hinzu. »Michael Robb glaubt, dass sie Treadwell getötet hat, entweder weil er etwas über sie wusste, das ihre Aussicht auf eine Heirat mit Lucius zunichte gemacht hätte, oder weil sie eine Affäre mit ihm hatte und sie beenden wollte.«
    Sein Gesicht war ernst, und die feinen Linien darin zeichneten sich ein wenig deutlicher ab als sonst. »Woher weißt du das?«
    Der Gedanke, eine Erklärung abzugeben, kam ihr ein wenig spät. »Ich habe Sergeant Robbs Vater besucht, weil er ernstlich krank ist. Ich war noch bei ihm, als sein Sohn nach Hause kam.«
    »Und Robb hat dir das alles einfach so erzählt?« Er sah sie mit großen Augen an.
    »Er weiß, dass ich deine Frau bin.«
    »Oh.« Er zögerte. »Und glaubst du auch, dass Miriam Treadwell getötet hat?« Er beobachtete sie genau und wirkte seltsam niedergeschlagen, so als hätte er wie sie gehofft, dass Miriam unschuldig sei.
    Sie zog ihre Stiefel aus und bewegte ihre Zehen, dann stand sie auf und ging auf ihn zu. Sie lächelte und küsste ihn sanft auf die Wange. »Ich danke dir für das Abendessen.«
    Er grinste selbstgefällig. »Denk nur nicht, dass das zur Gewohnheit wird«, sagte er.
    Sie war klug genug, sich eine Antwort zu verkneifen.

6
    Monk ging der Gedanke an Miriam Gardiners Verhaftung einfach nicht aus dem Kopf. Er schlief sehr tief, aber als er aufwachte, musste er sofort an sie denken. Er fasste den Entschluss, sie zu besuchen.
    Für den Fall, dass die Gefängniswärter Schwierigkeiten machen sollten, würde er ohne Skrupel behaupten, ihr Rechtsbeistand zu sein, den zu sprechen sie berechtigt war.
    Monk fand sie allein in einer Zelle vor, die Hände auf dem Schoß gefaltet, das Gesicht bleich, aber so gefasst, dass es fast beängstigend war. Sie schien nicht wütend zu sein, aller Kampfesmut hatte sie verlassen. Sie war weder erfreut noch verärgert, ihn zu sehen, so als spiele seine Anwesenheit überhaupt keine Rolle.
    Die Zellentür fiel klirrend hinter ihm ins Schloss, und er hörte, wie der schwere Riegel vorgeschoben wurde. Der Raum war vielleicht fünf mal fünf Schritte groß, schwarzer Steinboden und weiß getünchte Wände. Eine hoch in der Wand gelegene Öffnung, die mit einem schweren Glas versehen war, ließ zwar Licht, aber keine Farbe hinein. Der Himmel dahinter konnte ebenso gut blau wie grau sein. Die Luft war stickig.
    »Mrs. Gardiner…«, begann Monk. Er hatte sich genau zurechtgelegt, was er ihr sagen wollte, aber jetzt schien ihm alles gleichermaßen unpassend. Hier war Intelligenz gefordert, wenn er ihr in ihrer Verwirrung und ihrem Schmerz beistehen sollte. »Ich hatte gehofft, Robb würde sie nicht finden, aber da es ihm nun doch gelungen ist, erlauben Sie mir bitte, Ihnen zu helfen.«
    Sie sah ihn mit leerer, beinahe ausdrucksloser Miene an.
    »Sie können mir nicht helfen, Mr. Monk. Ich spreche nicht von Ihren Fähigkeiten, sondern davon, dass meine Situation es einfach nicht zulässt.«
    Er nahm ihr gegenüber Platz. »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Wissen Sie, wer Treadwell getötet hat?«
    Sie hielt den Blick abgewandt und starrte vor sich hin.
    »Wissen Sie es?«, wiederholte er eindringlicher.
    »ich kann Ihnen nichts sagen, was irgendjemandem von Nutzen sein könnte, Mr. Monk.« Sie sprach mit großer Entschiedenheit, und in ihren Worten schwang nicht die geringste Hoffnung mit.
    »Haben Sie ihn getötet?«, wollte er wissen.
    Sie hob langsam den Kopf und sah ihn mit großen Augen an. Bevor sie sprach, wusste er schon, was sie sagen würde.
    »Nein.«
    »Wer war es dann?«
    Sie senkte erneut den Blick.
    Seine Gedanken überschlugen sich. Es konnte nur einen einzigen Grund für ihr Schweigen geben:

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