In Flammen
einem Klecks Sahne, dachte sie angesichts des roten Kopfs und des blond gefärbten Haars darÜber, und wÜnschte, sie hätte einen Fotoapparat zur Hand. Sie wusste, dass Cynthia Ende sechzig war – Nora hatte einmal eine entsprechende Bemerkung gemacht –, doch die hÜllte ihr Alter gern in die Schleier des Geheimnisses. Und Recht hatte sie, das musste Siobhan, wenn auch unwillig, zugeben; dank ihrer FÜlligkeit war ihre Haut relativ glatt und straff, so dass sie wesentlich jÜnger wirkte, als sie tatsächlich war. Sympathischer machte sie das jedoch nicht.
Siobhan hatte Ian einmal gefragt, ob er glaube, ihre Abneigung gegen Cynthia sei »ein irischer Komplex«. Der Gedanke hatte ihn belustigt. »Wieso denn das? Weil die ehrenwerte Mrs. Haversley fÜr die Kolonialmacht steht?«
»So was in der Art, ja.«
»Sei nicht albern, Shiv. Sie ist ein versnobter Fettkloß mit einem Machtkomplex, der sich gern wichtig macht. Niemand mag sie. Ich jedenfalls ganz bestimmt nicht. Sie wäre wahrscheinlich gar nicht so Übel, wenn ihr schlappschwänziger Ehemann ihr ab und zu mal Paroli geboten hätte, aber der arme Kerl lässt sich von ihr genauso einschÜchtern wie alle anderen. Du solltest dir angewöhnen, sie einfach zu ignorieren. Im großen Zusammenhang der Dinge gesehen hat sie ungefähr die Bedeutung von Vogelkacke auf deiner Windschutzscheibe.«
»Ich hasse Vogelkacke auf meiner Windschutzscheibe.«
»Ich weiß«, sagte er mit einem Lächeln, »aber du bildest dir nicht ein, die Tauben suchen sich dein Auto nur aus, weil du Irin bist, oder?«
Sie bemÜhte sich jetzt, Cynthia mit einem freundlichen Lächeln zu antworten. »Oh, bei mir machen sie sicher eine Ausnahme. Ian ist diese Woche in Italien, das heißt, dass Rosheen mit den Jungen allein ist. Ich denke, unter diesen Umständen wird man mich durchlassen.«
»Wenn nicht«, warf Sam Bentley ein, »helfen Peter und ich Ihnen Über die Mauer, dann gehen Sie einfach durch den Garten von Malvern House.«
»Danke.« Sie sah ihn fragend an. »Weiß irgendjemand, wie das Feuer ausgebrochen ist, Sam?«
»Wir vermuten, dass Liam eine brennende Zigarette liegen gelassen hat.«
Siobhan schnitt ein ungläubiges Gesicht. »Die muss ja dann ewig vor sich hingebrannt haben. Liam und Bridey waren heute Morgen um neun weg.«
Er wirkte beunruhigt wie zuvor seine Frau. »Es war nur eine Vermutung.«
»Na hören Sie mal! Wenn es eine schwelende Zigarette gewesen wäre, hätte man spätestens mittags die Flammen an den Fenstern gesehen.« Sie wandte sich wieder Cynthia zu. »Es wundert mich, dass Sam und Nora den Rauch vor Ihnen gerochen haben«, sagte sie wie nebenbei. »Sie und Peter wohnen doch viel näher.«
»Ja, aber wir waren nicht zu Hause«, erklärte Cynthia. »Wir waren zum Abendessen bei Freunden in Salisbury. Als wir nach Hause kamen, hatte Jeremy schon die Feuerwehr angerufen.« Sie fixierte Siobhan, als wollte sie sie herausfordern, ihre Erklärung in Zweifel zu ziehen.
»Ja«, pflichtete Peter ihr bei, »wir sind mit knapper Not noch heimgekommen, bevor die Polizei mit den Barrikaden anrÜckte. Sonst hätten wir den Wagen an der Kirche stehen lassen mÜssen.«
Es hätte Siobhan interessiert, ob die Freunde die Haversleys eingeladen hatten, oder ob diese sich selbst eingeladen hatten. Sie tippte auf das Letztere. Niemand unter den Nachbarn der O'Riordans hätten ein Interesse daran gehabt, das Cottage zu retten, und im Gegensatz zu Jeremy, dachte Siobhan sarkastisch, hatten die Haversleys keinen Keller, in den sie sich hätten verkriechen können.
»Jetzt muss ich aber wirklich gehen«, sagte sie. »Die arme Rosheen wird schon ganz außer sich sein vor Sorge.« Aber wenn sie Teilnahme fÜr die Nichte Liams und Brideys erwartet hatte, wurde sie enttäuscht.
»Ach was, wenn sie wirklich so besorgt wäre, dann wäre sie doch hier heruntergekommen«, versetzte Cynthia. »Mit oder ohne Kinder. Ich verstehe Überhaupt nicht, was Sie an ihr finden. Sie ist so ziemlich die faulste und verschlagenste Person, die mir je untergekommen ist. Nicht um viel Geld nähme ich sie zu mir ins Haus.«
Siobhan lächelte dÜnn. Immer die alte Platte, dachte sie. Cynthia Haversley konnte keine Gelegenheit vorbeigehen lassen, ohne Über die O'Riordans herzuziehen. »Ich denke, das beruht auf Gegenseitigkeit, Cynthia. Sie wÜrde vielleicht unter Androhung des Todes bei Ihnen arbeiten, aber Geld wÜrde sicher nicht reichen, ganz gleich, wie viel.«
Cynthias Entgegnung, sehr bissig
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