In Flammen
beschwichtigend die Hände.
Jeremy war weniger zurÜckhaltend. »Also, das ist ja wirklich die Höhe!«, rief er empört. »Sich so etwas von einer Irin sagen lassen zu mÜssen. Wo war denn Irland während des Krieges? Sie alle haben doch sicher und wohlbehalten auf der TribÜne gehockt und Deutschland die Daumen gedrÜckt. Und ausgerechnet Sie haben die Frechheit, hier Über uns zu richten! Ihr Iren seid ein erbärmliches Volk. Ihr fallt hier ein wie die Ratten und wollt alles umsonst haben, und wenn wir so frei sind zu sagen, dass ihr die MÜhe nicht wert seid, die ihr uns macht, beschimpft ihr uns.«
Da war etwas Übergekocht, was schon lange gebrodelt hatte. ZurÜckhaltung hatte letztlich nur bewirkt, dass der Groll sich aufgestaut hatte. Auf beiden Seiten.
»Ich wÜrde Ihnen raten, diese Bemerkungen zurÜckzunehmen, Jeremy«, sagte Ian kalt. »Nicht einmal wenn Sie ebenso viel Steuern bezahlen wÜrden und so vielen Menschen Arbeit gäben wie Siobhan, hätten Sie das Recht, sie derart zu beleidigen. Ich schlage vor, Sie entschuldigen sich.«
»Nie im Leben. Da muss sie sich erst bei Cynthia entschuldigen.«
Einmal gereizt, war Ians Zorn noch leichter entflammbar als der seiner Frau. »Es gibt keinen Grund fÜr sie, sich zu entschuldigen«, erklärte er scharf. »Alles, was sie gesagt hat, entspricht der Wahrheit. Weder Sie noch Cynthia besitzen irgendein Recht, sich in diesem Dorf wie Diktatoren aufzufÜhren, aber Sie tun es trotzdem. Wir anderen haben unsere Häuser wenigstens offen und ehrlich auf dem freien Markt erworben, was man von Ihnen und Peter nicht behaupten kann. Er hat das seine geerbt, und Sie haben Ihres Über Beziehungen ergattert. Ich hoffe nur, Sie sind auf die Konsequenzen gefasst, falls etwas schief gehen sollte. Man kann nicht allgemeinen Hass schÜren und sich dann die Hände in Unschuld waschen.«
»Moment, Moment!«, warf Sam betulich ein. »Solche Reden sollte man nicht fÜhren.«
»Sam hat Recht«, stimmte Nora ihrem Mann zu. »Was einmal gesagt ist, kann nie ungesagt gemacht werden.«
Ian zuckte die Achseln. »Dann sagen Sie doch mal den Leuten hier, sie sollen endlich aufhören, sich Über die Iren im Allgemeinen und die O'Riordans im Besonderen die Mäuler zu zerreißen. Oder ist diese Regel auf Iren nicht anwendbar? Darf man nur gut betuchte Engländer wie die Haversleys und Jeremy nicht kritisieren?«
Peter Haversley begann unerwartet zu kichern. »Gut betucht?«, lallte er. »Wer ist hier gut betucht? Wir sind doch alle bis Über beide Ohren verschuldet und warten nur darauf, dass das Herrenhaus endlich verhökert werden kann.«
»Sei still, Peter«, herrschte seine Frau ihn an.
Aber er ließ sich den Mund nicht verbieten. »Das ist das Lästige bei Mord. Alles wird so verdammt vertrackt. Man kann nicht mal verkaufen, was einem von Rechts wegen gehört, weil die ganze Nachlassabwicklung total in der Luft hängt.« Mit glasigen Augen starrte er Jeremy Über den Tisch hinweg an. »Und das ist nur deine Schuld, du scheinheiliger Schlauberger.
Generalvollmacht, dass ich nicht lache! Deine Habgier wird dir noch mal das Genick brechen. Ich hab dir immer wieder gesagt, du sollst die Alte in ein Heim stecken, aber du wolltest ja nicht hören. Ich hör noch deine Worte, keine Sorge, sie ist sowieso bald tot...«
Dienstag, 9. März 1999 – 0 Uhr 23
Im Haus brannte Licht, als Siobhan endlich ankam, aber von Rosheen war nichts zu sehen. Das wunderte sie, bis sie auf die Uhr sah und feststellte, dass es nach Mitternacht war. Sie ging in die KÜche und hockte sich nieder, um Patch zu kraulen, den gutmÜtigen Mischlingshund der O'Riordans. Er hob den Kopf von seinem Platz vor dem Herd und wedelte ein paar Mal mit seinem Stummelschwanz, ehe er einmal abgrundtief gähnte und sich wieder zusammenrollte. Siobhan hatte sich erboten, ihn zu hÜten, so lange die O'Riordans weg waren, und er schien sich in der neuen Umgebung ganz zu Hause zu fÜhlen. Sie schaute zum KÜchenfenster hinaus nach dem Feuer, konnte aber nichts sehen außer der dunklen Baumreihe, die das GrundstÜck begrenzte, und ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass Rosheen wahrscheinlich keine Ahnung davon hatte, dass das Haus ihrer Verwandten in Flammen aufgegangen war.
Auf Zehenspitzen ging sie nach oben, um nach ihren beiden Söhnen zu sehen, die, wie Patch, kurz erwachten und sie umarmten, ehe sie die Augen wieder schlossen. Vor Rosheens Zimmer blieb sie einen Moment stehen und horchte, ob Rosheen vielleicht noch
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