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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Ähm … ja? Und?«
    » Und die Stadt Port Royal versank im Meer, Jack.«
    » Oh.« Shandy schaute auf das schwarze Meer hinaus. » Dieser … dieser sechzehnjährige Junge …«
    » … hieß Ed Thatch. Er hat seither versucht, den Wiederauferstehungszauber zu vervollkommnen. Und das ist es, was ihn vor zwei Jahren an diese Küste gebracht hat. Du hast gefragt, erinnerst du dich?«
    » Ja.« Shandy fühlte sich keineswegs beruhigt. » Also schön, was genau ist dann dieser Brennpunkt oder Quell, den wir im Dschungel suchen gehen?«
    Davies blinzelte ihn an. » Nun, ich dachte, du wüsstest das, Jack. Er ist ein Loch in der Wand zwischen Leben und Tod, und alle, die darum herumstehen, bekommen Spritzer von der einen Seite oder der anderen ab. Hast du keine Geschichtskenntnisse? Es ist der Ort, nachdem Juan Ponce de Leon gesucht hat – er nannte es den Jungbrunnen.«

Kapitel 11
    Als es vollkommen dunkel geworden war und sich Schwarzbart, Davies und die anderen, nachdem sie die letzten stärkenden Becher Rum getrunken hatten, auf den Weg zu den am Fluss wartenden Booten machten, zwang Benjamin Hurwood sich aufzustehen und ihnen zu folgen.
    Die Tagträume waren während der letzten paar Jahre immer lebhafter und eindringlicher geworden und hatten jetzt den Punkt erreicht, an dem man sie beinahe als Halluzinationen bezeichnen konnte, aber Hurwood hielt den Mund fest zu und erlaubte seinen Augen nicht, irgendwelchen von den Gestalten und Gegenständen zu folgen, von denen er wusste, dass sie seiner Fantasie entsprangen.
    Es ist 1718, sagte er sich entschieden, und ich bin an der Westküste Floridas, mit dem Piraten Edward Thatch und … meiner Tochter … wie zur Hölle heißt sie noch gleich? Nicht Margaret … Elizabeth! Das ist es. Trotz der Dinge, die ich die ganze Zeit vor mir sehe, bin ich nicht in der Kirche in Chelsea … ich bin nicht dreiundvierzig Jahre alt, wir schreiben nicht das Jahr 1694 … und es ist nicht meine Braut, die ich dort sehe, meine liebe Margaret, mein Leben, zumindest meine geistige Gesundheit … es ist unsere Tochter, das … das Vehikel …
    Hurwood blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht an, das durch das Fenster des Vorraums fiel, während er die Flasche seinem Trauzeugen zurückgab. » Danke, Peter.« Er grinste. Er spähte durch die Ritze zwischen den beiden Türen im Nebeneingang der Kirche, aber noch immer bewegten sich Menschen unsicher durch die Gänge, schoben sich in die Bänke, und der Pfarrer war noch nicht aufgetaucht … obwohl auf einer der Bänke vor dem Altar ein verängstigt aussehender Messdiener kniete. » Wir haben noch ein wenig Zeit«, sagte er zu seinem Trauzeugen. » Ich werde noch einen kleinen Blick in die Flasche werfen.«
    Peter lächelte über die Nervosität des Bräutigams, während Hurwood einmal mehr zu dem Spiegel hinüberging, den er auf ein Regal gestellt hatte. » Die Sünde der Eitelkeit«, murmelte Peter.
    » Ich glaube, heute kann man eine Spur Eitelkeit entschuldigen«, erwiderte Hurwood und strich seine langen braunen Locken zurecht. Hurwood war ein gelehrter Mann, der seine Abgeschiedenheit liebte, aber er war sehr stolz auf sein Haar, und entgegen der Mode trug er niemals eine Perücke – er erschien immer » in seinem eigenen Haar« in Gesellschaft, und trotz seiner Jahre war nicht der geringste Anflug von Grau darin.
    » Ich sehe Margaret noch nicht«, bemerkte Peter, während er eine der Türen ein wenig aufzog und in den hinteren Teil der Kirche spähte. » Zweifellos hat sie es sich anders überlegt.«
    Selbst die Andeutung dieser Möglichkeit führte dazu, dass es Hurwood kalt überlief. » Beim Blute Jesu, Peter, sprich so etwas nicht aus! Ich würde den Verstand verlieren. Ich …«
    » Nur ein Scherz!«, versicherte Peter ihm und verbarg einen Anflug von Sorge unter seinem jovialen Tonfall. » Entspann dich, Ben, natürlich wird sie kommen. Hier, nimm noch einen Schluck von dem Brandy – du bist der blasseste Bräutigam, den ich je gesehen habe.«
    Hurwood ergriff die ihm dargebotene Flasche und nahm einen großen Schluck. » Danke – aber das reicht jetzt. Es würde nicht angehen, am Altar betrunken zu sein.«
    » Soll ich sie ins Boot setzen?«, fragte Peter, während er irgendwie einen Vorhang vor das Fenster zog, sodass sie im Dunkeln standen, bis auf das Licht einer Lampe, die Hurwood zuvor nicht aufgefallen war. Die Luft war plötzlich frischer und roch nach Meer und feuchtheißen Sümpfen; flüchtig kam Hurwood der Gedanke,

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