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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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Anfang verloren hättest,
    Aber er war nicht überzeugt. Noch vor einer Minute
    hatte er zweihundert Pfund besessen. Sinnlos zu sagen,
    daß er sie so schnell gewonnen wie verloren hatte. Er
    fühlte sich ernüchtert, zittrig und angewidert vom Gefühl der Leere.
    Die absolute Gleichgültigkeit der anderen um ihn her‐
    um kam ihm mutwillig vor, aber der letzte Rest Humor, der
    ihm geblieben war, zerstreute den Anflug von Selbstmit‐
    leid. Als er an seine fehlende Sorge um den Verlierer
    dachte, als er selbst gewonnen hatte, mußte er grinsen.
    Also gut, Grant, sagte er sich, du hast deinen Lauf gehabt. Leg dich wieder ins Bett und vergiß, was passiert ist.
    Aber er blieb an die Wand gelehnt stehen, immer noch
    durchdrungen von der geldgeladenen Atmosphäre. Zu ge‐
    winnen war so einfach gewesen. Ein Wirbeln zweier Mün‐
    zen, und das Geld verdoppelte sich und verdoppelte sich und verdoppelte sich. Gütiger Gott! Der Hunger nach Geld war eine nagende, an den Nerven zehrende Sache.
    Als Crawford vor ihm auftauchte und fragte: «Wie
    geht’s, John, immer noch hier?», erkannte er ihn kaum.
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    Grant hatte keine Kraft mehr, um sich an gesellschaft‐
    liche Konventionen zu halten.
    «Wechseln die hier einen Scheck?» fragte er. Nein, er
    würde nicht darüber nachdenken, er würde es tun. Er
    würde es tun. Handle jetzt, und spar dir das Nachdenken für später, aber handle jetzt.
    «Ja», sagte Crawford, nicht überrascht, «wie hoch?»
    «Einhundertvierzig.» Grant nahm den Scheck heraus
    und zeigte ihn Crawford.
    «Das geht in Ordnung, ich kümmere mich drum. Aber
    Sie unterschreiben ihn besser.»
    Mit einem Kugelschreiber, den Crawford ihm gab,
    unterschrieb Grant den Scheck auf der Rückseite, dann
    ging der Polizist zu den Spielleitern hinüber, die den
    Scheck, ohne nachzufragen, einlösten und nachlässig Geld‐
    scheine aus ihren Taschen zogen.
    Grant bedankte sich kaum bei Crawford, als der ihm das Geld brachte.
    «Wetten Sie mit?» fragte Crawford, aber Grant hatte ihn bereits vergessen. Er war auf dem Weg an den Ring.
    Seine Lippen arbeiteten verzweifelt. Irgendwo in sei‐
    nem Hirn war ihm die Unvernunft seines Verhaltens klar, aber er funktionierte wie ein Roboter, beherrscht von einer Idee, die ihm fast wie ein Auftrag erschien. Er wurde von einer Entscheidung vorwärtsgedrängt, die, so schien es
    jetzt, bereits vor einer Ewigkeit getroffen worden war.
    Mit kleinen Wetten langsam ein Vermögen aufzu‐
    bauen − nein, das war nichts für Grant. Er beugte sich über
    die Reihe von Spielern, die auf der Bank saßen, ließ seine einhundertvierzig Pfund fallen und rief: «Eins vierzig auf Zahl.»

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    Seine Stimme klang fremd und entrückt, die Verzweif‐
    lung, die schwer auf seinen Schultern lag, rumorte in seinem Magen. Er hatte keine Hoffnung zu gewinnen, aber er hätte seine Wette niemals zurückgezogen, auch wenn er
    die Zeit dafür gehabt hätte, bevor sein Einsatz von einem Geldscheinregen aus einem halben Dutzend Richtungen
    zugedeckt wurde.
    Keine drei Minuten nachdem er das Geld für seinen
    Lohnscheck bekommen hatte, war es verloren.
    Der Ruf «Kopf» hatte zuerst keine Wirkung auf ihn,
    doch ein oder zwei Augenblicke später traf ihn der dumpfe Schock der Erkenntnis. Er schaute ausdruckslos zu, wie
    fremde Hände das Geld wegrafften, das er hingelegt hatte.
    Starrte den leeren Teppich an, dort, wo es gelegen hatte, bis
    an der Stelle mit einemmal ein weiterer Berg von Geld‐
    scheinen wuchs und das Spiel weiterging.
    Er drehte sich um und ging mit leerem Blick aus dem
    Gebäude, hinaus in die Nacht, steif, wie versteinert vom Ausmaß seines Verlusts. Was der Verlust für ihn bedeutete,
    war derart tragisch, daß er nicht darüber nachdenken
    konnte. In seinem Bewußtsein saß ein kleiner straffer Knoten, um den die vernichtende Erkenntnis dessen herum‐
    wirbelte, was er getan hatte. Bis sich dieser Knoten ent-wirrte, brauchte er wohl nicht allzu gründlich darüber
    nachzudenken, was als nächstes passieren würde.
    Er ging zum Hotel zurück, zog die Kleider aus, fiel
    nackt auf das Bett und starrte mit brennenden Augen an die
    Decke, bis er auf einen Schlag bei eingeschaltetem Licht einschlief.

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    Zwei

    Er dachte an Robyn, an das kurze, weiße Kleid, das sie beim
    Tennis trug, und daran, wie sich der Schaum auf der Spitze
    einer Welle kräuselt und sie trotzdem den tiefgrünen
    Schwung ihrer gebogenen, bewegten Form beibehält. Und
    dann, gütiger Gott: Er lag wach auf

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