Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
Vom Netzwerk:
Nacht erträumt hatte, traf ihn mit körperlicher Wucht; er konzentrierte sich wohl besser auf seine aktuellen Probleme.
    Es war einleuchtend, daß er das Hotel sofort verlassen
    mußte. Das war wenigstens ein eindeutiger Schritt. Er ging nach oben, packte seine Koffer, blickte sich im Zimmer
    um, um sicherzugehen, daß er nichts vergessen hatte, dann
    ging er die Treppe hinunter zum Empfang.
    Als ihm das Mädchen die zehn Shilling Schlüsselpfand
    zurückgab, überkam ihn ein sonderbares Gefühl der Dank‐
    barkeit. Das hatte er ganz vergessen. Doch dann betrachtete
    er den kleinen, orangefarben getönten Geldschein und er‐
    innerte sich an die dicken Bündel Geld, die er letzte Nacht verloren hatte. Er stopfte den Schein in die Tasche zu den zwei Shilling und sieben Pence und trat mit seinen Koffern auf die Straße hinaus.
    Es war Samstagmorgen, neun Uhr.
    Da die Sonne in seinen Augen stärker schmerzte als ge‐
    wöhnlich, setzte er die Sonnenbrille auf. Er wandte sich der
    Hauptstraße zu und ging unter den klapprigen Markisen
    langsam den Gehsteig hinunter am Rathaus vorbei, dessen
    Vorgarten einen der seltenen und zudem satten grünen Ra‐
    sen hatte.
    Als er die Ecke mit der Post erreichte, drehte er um und ging die Häuserzeile zurück.
    58
    Wohin in Gottes Namen sollte er sich wenden?
    Er hatte den Eindruck aufzufallen, obwohl es keinen
    Grund gab, daß irgend jemand in dieser geschäftigen
    Straße etwas anderes denken sollte, als daß er auf den Bus wartete. Er stellte seine Koffer an einer Bushaltestelle in den Schatten einer Markise und setzte sich auf den einen.
    Es mußte eine Lösung geben. Er konnte nicht einfach
    auf und ab wandern, bis er zusammenbrach. Obwohl er
    natürlich genau das tun konnte.
    Von seinem Platz aus sah er die großen Abraum‐ und
    Abfallhalden der Minen, künstliche Hügel, kaum mehr als
    ein paar hundert Meter vom Stadtzentrum entfernt. Blies
    der Wind, hoben sich dichte Vorhänge aus Staub von den Halden, senkten sich als Wolken über die Straßen und nahmen einem jede Sicht.
    In Grants Augen waren die trockenen Berge ausgehobe‐
    ner Erde ein Ort, wo er die nächsten sechs Wochen die Nächte verbringen könnte. Vermutlich gab es Suppenkü‐
    chen in Bundanyabba, dachte er in einem Anflug von Verzweiflung.
    Während er dasaß, rauchte er eine weitere Zigarette;
    dann kam der Bus und fuhr wieder weg, und Grant, der
    jetzt überzeugt war, Aufmerksamkeit zu erregen, erhob
    sich und durchquerte mit seinen Koffern das Einkaufszen‐
    trum.
    Um halb zehn spürte er eine Art nervöser Hysterie in
    seiner Kehle aufsteigen. Er mußte einen Platz finden, wo er
    seine Koffer absteilen und eine Weile nachdenken konnte.
    Die Sonne hatte die Temperatur im Schatten mittler‐
    weile auf fünfunddreißig Grad ansteigen lassen, und der
    Teer auf der Fahrbahn warf Blasen.

    59
    Grant fühlte sich wie ausgesetzt im Nirgendwo. Es gab
    keine Rückzugsmöglichkeit, der Feind war unsichtbar und
    unangreifbar. Seine Verstärkung hatte sich verzettelt, seine Waffen waren verloren. Er konnte sich nicht einmal im Boden vergraben, um sich zu verbergen.
    Eine einsame Gestalt im Niemandsland, keine Maschi‐
    nengewehrsalve wert, war er dazu verdammt, durch das
    verlassene Gebiet zu wandern, bis er schlicht und einfach vergessen war.
    Verdammt! Er konnte doch nicht sechs tödliche Wo‐
    chen lang die Straße auf‐ und abgehen!
    Er betrat die Bar des nächsten Hotels.
    Es standen nur etwa dreißig Männer am Tresen, die den
    ersten Drink nach dem Frühstück zu sich nahmen, und
    Grant fand mühelos eine Ecke, um seine Koffer zu ver‐
    stauen.
    Er bestellte ein kleines Bier − das kleinste, das es gab. Es kostete ihn zwar neun Pence, aber es erkaufte ihm Auf-schub von der Straße. Er stellte das Bier auf den Tresen, ohne es anzurühren, fest entschlossen, es als Entschuldigung vorzuschieben, um so lange in der Bar zu bleiben, wie es ihm paßte.
    Er hatte noch acht Zigaretten; wenn er jetzt gleich eine rauchte, blieben ihm noch sieben. Eigenartig, daß einem
    Zigaretten so viel begehrenswerter erschienen, wenn ihr
    Vorrat streng limitiert war.
    Er stützte sich auf die braune Oberfläche der Bar und
    betrachtete die Pennies und Drei‐Pence‐Stücke, die in meh‐
    reren Reihen auf der hölzernen Einfassung über seinem
    Kopf klebten. Es war ein lokaler Brauch, Münzen mit Bier zu benetzen und dann an die Einfassung zu pappen. Wenn 60
    sie den ganzen Platz ausfüllten, der über dem Tresen zur

Weitere Kostenlose Bücher