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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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«Das ist Doc Tydon»,
    sagten sie, ein dünner, kleiner Mann mit Schnurrbart.
    Das Bier, das man ihm reichte und das er hastig trank, ohne Genuß, einzig auf der Suche danach, Gedanken und
    Gefühle auszulöschen.
    Mehr Bier und noch mehr Bier.
    Das Bier ging aus, und sie tranken Whisky.
    Dann ging der Whisky aus, und sie tranken eine Art Li-kör, süß und klebrig.
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    «Wie findest du Yabba, John?» Wer zum Teufel fragte
    das?
    Wütende Worte, aber wer war wütend auf wen?
    Bis endlich das Vergessen kam und es Grant gelang, sich ganz und gar auszulöschen, zumindest vorläufig.

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    Drei

    Er kauerte in einer Ecke des Schulzimmers von Tiboonda
    hinter einem Schreibtisch: Gleich würde ihn ein Mann mit einer Pistole erschießen. Der Knall schmerzte in seinem
    Kopf, das Aufflammen des Zündfeuers in seinen Augen.
    Und er war tot.
    Pause.
    Vergessen.
    Er war erneut in der Ecke, der Bewaffnete würde ihn
    wieder erschießen, und er wußte, es war zum zweiten Mal.
    Der Schmerz in seinem Kopf. Der Schmerz in seinen
    Augen. Und vor allem diese Angst. Man würde ihn töten, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Die Explosion. Das Aufblitzen.
    Und er war tot.
    Pause.
    Vergessen.
    Als er die Augen öffnete, war das Licht unerträglich,
    und er machte sie wieder zu. Aber er mußte sie öffnen, um
    zu sehen, wo er war.
    Er lag auf einer Pritsche. Seine Kleider waren schweiß‐
    getränkt. Durst brannte Furchen in seine Kehle. Sein Kopf tat weh, weh, nur weh.
    Wo zum Teufel war er?

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    Er stand auf und schwankte, als der Schmerz in seinem
    Schädel hin und her schwappte.
    Da drüben war eine Tür, und hinter dieser Tür war je‐
    mand. Er hörte, wie Geschirr klapperte.
    Grant ging zu der Tür hinüber und zog sie auf. Sie
    führte in eine Art Küche, in der ein Mann mit dem Rücken
    zu ihm etwas auf einem Primusherd kochte.
    Der Mann drehte sich um, dünn, klein, mit Schnurr‐
    bart.
    «Tag», sagte der Mann.
    Grant brauchte drei Anläufe, bis es ihm gelang, eine Be-grüßung zu formulieren.
    «Ich geh mal davon aus, daß du dich lausig fühlst?»
    sagte der Mann.
    «Ja», erwiderte Grant und dachte, er würde entweder
    in Ohnmacht fallen oder sterben.
    «Etwas zu trinken?» fragte der Mann.
    «Wasser», sagte Grant.
    «Bier», sagte der Mann.
    «Nur Wasser, danke», sagte Grant. Wenn er noch ein‐
    mal reden mußte, ohne etwas zu trinken, würde er
    schreien.
    «Das Wasser in Yabba kann man nur zum Kochen ge‐
    brauchen», sagte der Mann. Er ging zu einem kleinen Kero‐
    sinkühlschrank und nahm ein Glas Bier heraus.
    «Ich hab dafür gesorgt, daß es schal ist», sagte er, «ist besser so, wenn man in deiner Verfassung ist.»
    Grant nahm das Glas, und als ihm der saure Geruch des schalen Bieres in die Nase stieg, glaubte er, sich übergeben zu müssen. Aber er mußte etwas trinken, und als er das halbe Glas geleert hatte, fand er es gar nicht schlecht.
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    «Es tut mir sehr leid», sagte er, «aber könnten Sie mir sagen, wer Sie sind?»
    «Tydon», sagte der Mann, «Doc Tydon − du hast mich
    gestern abend bei Hynes kennengelernt.»
    Das mußte Grant erst einmal auf sich wirken lassen. Gestern abend bei Hynes. Die Erinnerung versetzte ihm einen heimtückischen Schlag. Er blickte an seinen Kleidern hinunter. Sie waren ganz eindeutig verdreckt. Gütiger Gott!
    Darüber nachzudenken konnte zumindest warten, bis der
    Schmerz vorbei war.
    «Du setzt dich besser hin», sagte Tydon und schob eine Obstkiste zu ihm herüber.
    Grant setzte sich darauf. Tydon nahm sein Glas und
    füllte es aus einem anderen Glas aus dem Kühlschrank wie‐
    der auf.
    «Ich glaube nicht, daß ich noch mehr will, danke»,
    sagte Grant.
    «Zwei Gläser sind exakt das, was man braucht, wenn
    man so aussieht. Und danach sollte man besser was essen.»
    Gehorsam trank Grant das halbe Bier.
    «Warum bin ich hier?»
    «Ich hab dich gestern nacht hergebracht. Du warst
    knülle.»
    «Knülle?»
    «Erledigt. Ausgeknipst, blind, besoffen. Nenn es, wie
    du willst.»
    «Tut mir leid. Die Sache ist mir noch nicht ganz klar.
    Was ist passiert?»
    «Nach deinem kleinen Techtelmechtel mit Janette hast
    du dich schlicht und einfach unter den Tisch gesoffen.»
    Grant spürte, wie sich sein Gesicht verzog.

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    «Kein Grund zur Sorge. Wir hatten alle unsere kleinen
    Episoden mit Janette.»
    Sobald er wieder auf dem Damm war, verlangte das al‐
    les danach, genau überdacht zu werden. Aber im Moment
    war Denken keine sonderlich gute

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