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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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waren, die Tydon ergattert hatte.
    «Und Sie kommen ganz ohne Geld aus?» fragte er, weil
    Tydon offensichtlich irgendeine Reaktion aufsein Geständ‐
    nis erwartete.
    «Nicht ganz − ich krieg ein paar Pfund aus der Kriegspension; aber in Yabba kann man ohne Geld leben, vorausgesetzt, man paßt sich an.»
    Schlug ihm dieser gescheiterte Kerl hier etwa vor, daß
    er, John Grant, sich ‹anpassen› sollte, um das gleiche gescheiterte Leben zu führen wie er?
    Anderseits wäre das die Lösung für die folgenden sechs
    Wochen.
    Aber nicht hier, nicht in diesem Backofen von einer
    Hütte. Und verdammt, nach der Geschichte letzte Nacht
    mußte er raus aus Bundanyabba, und zwar schleunigst!
    Tydon machte den Eisschrank auf, um mehr Bier her‐
    auszunehmen, und Grant sah auf dem unteren Regal eine
    Reihe unterschiedlich gefüllter Flaschen.
    Der Schmerz in seinem Kopf hatte sich zu einem quä‐
    lenden Stechen ausgeweitet, das er nicht lange aushalten würde.

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    «Hätten Sie wohl ein Aspirin?» fragte er.
    «Nein», sagte Tydon, «ich hab was viel Besseres.»
    Er zog eine Dose aus seiner Tasche, öffnete sie und
    nahm eine von mehreren großen weißen Pillen heraus.
    «Das wird deine Kopfschmerzen vertreiben und dich
    ein bißchen aufpeppen.»
    Grant zögerte, dann nahm er die Pille von Tydon. Er
    teilte das Mißtrauen der meisten Australier gegenüber
    Alkoholikerärzten.
    «Spül sie mit Bier runter, so geht es besser», sagte Tydon und füllte Grants Glas nach.
    «Ich, ich weiß, daß mir von Medikamenten schlecht
    wird. Vielleicht lass ich ...»
    «Da ist nichts drin, das dir schadet», sagte Tydon be‐
    stimmt, «runter damit.»
    Grant war einer der Menschen, die fast alles tun, nur
    um sich nicht in Verlegenheit zu bringen. Er spülte die Pille
    mit einem Schluck Bier herunter.
    Sie hatte keine unmittelbar schädliche Wirkung.
    Tydon rollte sich eine Zigarette mit Tabak aus einem
    Tabaksbeutel, dann reichte er ihn Grant. Grants Mund
    fühlte sich an, als wäre er mit weichem Zement ausgegossen, aber er sehnte sich nach einer Zigarette und fing mit ungeschickten, leicht zitternden Fingern an zu drehen.
    Wenn er den heutigen Tag überstand und sich nur
    ein paar Drinks genehmigte, um seinen geschundenen
    Körper zu beruhigen, könnte er morgen ernsthaft darüber
    nachdenken, wie er zu einem Job oder aber nach Sydney
    kam.
    Warum blieb er in der Zwischenzeit nicht hier? Doch
    was war mit seinen Sachen?
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    «Ich hab meine Koffer in irgendeiner Hotelbar ge‐
    lassen, und ich versuch wohl besser, sie zu finden», sagte er.
    «Also, ich würd mir da mal keine Sorgen machen»,
    sagte Tydon, «die sind morgen auch noch dort. Und in
    einer halben Stunde hast du eine Verabredung.»
    «Was hab ich?»
    «Das hast du auch vergessen? Du gehst mit Dick und Joe auf Känguruhjagd.»
    «Dick und Joe?»
    «Die beiden Minenarbeiter bei Hynes gestern abend.»
    Dann fügte Tydon im Plauderton hinzu: «Du kannst von
    Glück reden, daß dich Joe nicht zu Brei geschlagen hat.»
    «Was hab ich denn gemacht?»
    «Janette.»
    «Oh ... verstehe. Aber eigentlich, wissen Sie, ist zwi‐
    schen ihr und mir gar nichts passiert.» Er hatte keine Ahnung, warum er sich die Mühe machte, Tydon das zu er-zählen.
    «Nicht?»
    Grant war nicht danach, die Sache weiterzuverfolgen.
    Letztlich war es weder seine noch Janettes Schuld, daß es zwischen ihnen zu nichts gekommen war.
    «Janette», sagte Tydon, entschlossen, über sie zu reden,
    «ist ein höchst interessanter biologischer Fall.»
    «Wirklich?»
    «Also, wenn sie ein Mann wäre, wäre sie vor zwei Jah‐
    ren wegen Vergewaltigung im Knast gelandet.»
    «Und wie war das mit der Känguruhjagd? Sagen Sie
    schon.»
    «Du hast dich zur Jagd verabredet, das ist alles.»

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    «Mit einem Mann, der mich gestern abend zu Brei
    schlagen wollte?»
    «Stimmt. Aber solange Janette nicht in der Nähe ist, bist du wahrscheinlich sicher. Also, falls ich je heiraten sollte, ist Janette genau die Art Mädchen, die ich nehmen würde.
    Sie liebt Sex, sie hebt Experimente, und sie liebt Abwechs-lung.»
    Grant spürte eine wachsende Verzweiflung; er war ganz
    und gar nicht in der Verfassung, den lüsternen Mutmaßun‐
    gen dieses jämmerlichen Knaben zuzuhören.
    «Und sie ist ein intelligentes Mädchen, hat einen guten Körper und ein recht hübsches Gesicht.»
    Grant dachte daran, wie er Janettes Gesicht gesehen
    hatte, erst scharf gegen das Mondlicht abgehoben und, spä‐
    ter, dicht über sich,

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