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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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...
    Jetzt, da er im Zug saß und den Sängern beinahe mit
    Zuneigung zuhörte, erschien es ihm unglaublich, daß er
    versucht hatte, seinen eigenen Schädel wegzupusten. Aber
    in jener Nacht unter dem Baum war es anders gewesen.
    Einer der Männer, die ihm gegenübersaßen, bot ihm
    stumm einen Schluck aus einer Whiskyflasche an, die er in der vergangenen halben Stunde so gut wie leergetrunken
    hatte. Grant schüttelte den Kopf und sagte: «Nein danke.»
    Der Mann blickte ihn finster an und trank den Whisky selbst.
    Das Hemd, das der Kerl trug, sah aus, als sei es Teil einer
    Polizeiuniform ...
    Das letzte Mal hatte er ein solches Hemd im Kranken‐
    haus gesehen. Der Arzt, ein großer, gutangezogener Mann, der eine weiße Blume im Knopfloch trug, hatte ihn eben besucht.
    «Wie geht es Ihnen?» fragte er mit angenehmer, voller
    Stimme.
    «Nicht schlecht. Ich hab höllische Kopfschmerzen. Sind
    Sie der Arzt?»
    «Ja, einer von mehreren.»
    «Was ist passiert?»
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    «Ich glaube, das wissen Sie besser als ich.»
    Grant war klar, daß er hätte verlegen sein sollen, aber das kümmerte ihn wenig.
    «Nein, ich meine, wo hat mich die Kugel getroffen?»
    «Ganz oben an der Stirn. Hat ein Stück aus Ihrem Schä‐
    del gerissen. Sie haben eine leichte Gehirnerschütterung, aber Sie kommen wieder auf die Beine.»
    «Bin ich operiert worden?»
    «Nein, ich hab Sie nur zusammengeflickt.»
    «Wie bin ich hierhergekommen?»
    «Die Polizei hat Sie hergebracht.»
    «Wie lange muß ich bleiben?»
    «Kommt drauf an − wo leben Sie?»
    «Sydney.»
    «Nun, Sie werden für einen Monat nicht reisen können,
    vielleicht länger.»
    «Oh.» Das war nicht allzu schlimm. In Wahrheit löste
    es seine Probleme mehr oder weniger. Das Ganze entbehrte
    nicht einer gewissen Komik: Die Kugel war also nicht völlig umsonst gewesen.
    «Draußen steht ein Polizist, der Sie sehen will. Fühlen Sie sich in der Lage, mit ihm zu reden?»
    «O ja, muß ich vermutlich.»
    «Nicht sofort, nein, müssen Sie nicht. Ich kann ihn für eine Weile vertrösten.» Der Arzt war ein wirklich freundlicher Mann.
    «Vielen Dank, aber es geht schon. Ich bring es besser
    gleich hinter mich.»
    «Ich würde mir keine allzu großen Sorgen machen. In
    Bundanyabba ist man in derlei Belangen ziemlich tolerant.
    Dann schick ich ihn mal rein.»

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    Grant wußte, daß der Polizist Crawford sein würde.
    Und so war es tatsächlich.
    «Hallo, John», sagte er und sah dabei ziemlich töricht
    aus.
    «Willkommen», sagte Grant abwartend.
    «Ich will Sie nicht belästigen, John, aber wenn eine
    Schußwunde ins Krankenhaus eingeliefert wird, gibt es gewisse Formalitäten zu erledigen, wenn Sie verstehen, was ich sagen will.»
    «Natürlich», sagte Grant, «keine Sorge, schießen Sie
    los, fragen Sie, was Sie wollen.»
    «Gut», sagte Crawford beinahe zitternd vor Verlegen‐
    heit, «es ist so: Ich hab mir gedacht, ich schreibe eine Aussage nieder, um Sie nicht zu ermüden, eine Aussage, in der
    steht, was wahrscheinlich passiert ist, und falls sie zutrifft, können Sie sie einfach unterschreiben. Was halten Sie davon?»
    «Hört sich gut an.» Was geschah mit Leuten, die des
    versuchten Selbstmords überführt wurden? Ließ man sie
    nicht einliefern?
    Crawford zog ein Stück Papier aus der Tasche und
    reichte es Grant.
    Es kostete ihn einige Anstrengung, es mit einer Hand in die Höhe zu halten, um es zu lesen: «Die Gewehrschuß‐
    wunde an meinem Kopf ist das Resultat eines Unfalls. Ich kam von einem Jagdausflug zurück und trug mein Kaliber
    zweiundzwanzig. Als ich in einem Park an der Randon
    Street anhielt, um auszuruhen, ließ ich das Gewehr in dem Glauben, es sei ungeladen, mit dem Kolben voran auf die Erde fallen, und es ging los. Das ist alles, an das ich mich er-innere.»
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    Grant schaute zu Crawford hoch und lächelte.
    «So wird’s doch in etwa gewesen sein, nicht wahr,
    John?» sagte Crawford und starrte auf seine Füße.
    «Sicher, so wird’s in etwa gewesen sein. Danke, Kum‐
    pel.»
    «Glauben Sie, Sie schaffen es zu unterschreiben, John?»
    Grant unterschrieb die Aussage mit Crawfords Stift.
    «Danke, John. Wir werden Sie nicht weiter belästigen.
    Man sieht sich.» Dann zog sich Crawford so schnell wie möglich zurück ...
    ... Im Verlauf der Reise stieg die Temperatur im Eisen-bahnwaggon höher und höher, und über die Gesichter der
    Passagiere rannen Schweißtropfen, die im Gerüttel des Zuges glitzerten und zitterten.
    Grant zündete sich eine

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